Verrat in Paris
Delphi ist. Und jetzt sollen wir glauben, dass irgendein großer Unbekannter der Mörder ist?«
»Das ist die Wahrheit!« beharrte Nina.
»Aber klar«, sagte Jordan spöttisch. »Und der Mörder suchte sich zufällig dieselbe Wohnung aus, in der Sie sich jede Woche mit Philippe trafen?«
Nina schüttelte erstaunt den Kopf. »Ich weiß nicht, wie er auf unsere Wohnung kam.«
»Sie müssen es gewesen sein. Oder Philippe«, sagte Jordan. »Ich hätte nie … Er hätte nie …«
»Wer wusste sonst noch von der Wohnung?« fragte Richard.
»Niemand.«
»Marie St. Pierre?«
»Nein.« Sie schwieg. Dann flüsterte sie: »Doch, vielleicht …«
»Also wusste Philippes Frau Bescheid.«
Nina nickte niedergeschlagen. »Aber sonst niemand.«
»Moment mal«, sagte Jordan plötzlich. »
Natürlich
wusste es noch jemand.«
Alle sahen ihn an.
»Was?« sagte Richard.
»Reggie hat es mir erzählt. Helena wusste von dem Verhältnis – Marie hatte es ihr erzählt. Und wenn Marie von der Wohnung in der Rue Myrha wusste …«
»Dann wusste auch Helena davon.« Richard starrte Jordan an. Sofort hatten beide denselben Gedanken.
Beryl.
Beide standen unvermittelt auf. »Wir brauchen Verstärkung!« rief Richard Daumier zu. »Wir fahren schon mal vor!«
»Zu den Vanes?« Richard gab keine Antwort; er war bereits zur Tür hinaus.
»Steig ein«, forderte Helena sie auf. Beryl blieb stehen, die Hand am Türgriff des Mercedes. »Man wird dir Fragen stellen, Helena.«
»Und ich werde sie beantworten. Ich habe geschlafen, verstehst du. Ich habe die ganze Nacht geschlafen. Und als ich aufwachte, warst du weg. Du bist vom Grundstück verschwunden und wurdest nicht mehr gesehen.«
»Reggie wird sich erinnern …«
»Reggie wird sich an gar nichts erinnern. Er ist sturzbesoffen.
Soweit er weiß, war ich die ganze Zeit im Bett.«
»Man wird dich verdächtigen …«
»Es ist zwanzig Jahre her, Beryl. In diesen zwanzig Jahren hat mich keiner je verdächtigt.« Sie hob die Waffe. »Und jetzt steig ein. Du fährst. Oder willst du, dass ich meine Geschichte ändern und erzählen muss, dass ich einen vermeintlichen Einbrecher erschossen habe?«
Beryl starrte auf die Pistolenmündung, die auf ihre Brust gerichtet war. Sie hatte keine andere Wahl. Helena würde sie tatsächlich erschießen. Sie stieg ein.
Helena setzte sich auf den Beifahrersitz und warf ihr die Schlüssel in den Schoß. »Lass den Motor an.«
Beryl drehte den Schlüssel im Zündschloss; der Mercedes schnurrte wie eine zufriedene Katze. »Meine Mutter wollte dich nie verletzen«, sagte Beryl leise. »Sie war nie an Reggie interessiert. Sie wollte ihn nicht.«
»Aber er wollte
sie.
Oh, ich weiß noch, wie er sie immer ansah! Weißt du, er sagte im Schlaf ihren Namen. Ich lag neben ihm, und er dachte an sie. Ich wusste nie, ich wusste wirklich nie, ob sie nicht …« Sie schluckte. »Fahr los.«
»Wohin?«
»Zum Tor raus. Los!«
Beryl fuhr den Mercedes aus der Garage und rollte über den kopfsteingepflasterten Hof. Helena betätigte eine Fernbedienung und das Eisentor öffnete sich und schloss sich wieder hinter ihnen. Vor ihnen lag die von Bäumen gesäumte Straße. Es waren keine anderen Autos unterwegs, es gab keine Zeugen.
Das Lenkrad rutschte in ihren schweißnassen Händen. Beryl musste es fest umklammern, damit ihre Hände nicht zitterten. »Mein Vater hat dir nie etwas getan«, flüsterte sie. »Warum musstest du ihn umbringen?«
»Irgendjemand musste doch der Schuldige sein. Warum nicht ein Toter? Und außerdem war es ja Ninas Wohnung – das machte alles noch praktischer.« Sie lachte. »Du hättest mal sehen sollen, was Nina und Philippe alles veranstalteten, um die Sache zu vertuschen.«
»Und Delphi?«
Helena schüttelte erstaunt den Kopf. »Was für ein Delphi?«
Sie hat keine Ahnung, dachte Beryl. Wir haben die ganze Zeit die falschen Schlüsse gezogen. Richard ahnt nicht im Traum, was wirklich geschehen ist.
Die Straße wurde kurviger und schlängelte sich zwischen den Bäumen hindurch. Es war stockdunkel. Sie fuhren tiefer in den Bois de Boulogne hinein. Ob man mich da finden wird, fragte sich Beryl verzweifelt und vollkommen entmutigt. In irgendeinem einsamen Wäldchen? Oder auf dem schlammigen Grund eines Tümpels?
Sie schaute auf die von den Scheinwerfern erhellte Straße. Sie näherten sich der nächsten Kurve.
Das ist vielleicht die einzige Chance, die ich habe. Entweder lasse ich es zu, dass sie mich erschießt, oder ich versuche zu
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