Verrat in Paris
Gesicht sehen konnte. »Sehen Sie ihn sich gut an. Erkennen Sie ihn?«
»Das ist doch mein falscher Anwalt«, sagte Jordan. »Monsieur Jarre.«
Richard nickte und zwang den Franzosen mit dem schütteren Haar in die Knie. »Jetzt müssen wir nur noch seinen richtigen Namen herausfinden.«
»Es ist schon außergewöhnlich«, freute sich Reggie, »wie sehr du deiner Mutter ähnlich siehst.«
Der Butler hatte schon lange die Kaffeetassen abgeräumt, und Helena war nach oben verschwunden, um das Gästezimmer fertig zu machen. Beryl und Reggie saßen zu zweit in der holzgetäfelten Bibliothek und genehmigten sich einen Schluck Brandy. Im Kamin knisterte ein Feuer – nicht etwa, weil dieser Juliabend so kalt war, sondern der Atmosphäre wegen. Um durch das vertraute Flackern der Flammen die Schrecken der Nacht zu vertreiben und es sich ein wenig gemütlich zu machen.
Beryl umklammerte ihren Kognakschwenker und betrachtete den Widerschein des Kaminfeuers in der goldenen Flüssigkeit.
Sie sagte: »Wenn ich mich an sie erinnere, dann als Kind. Ich erinnere mich nur an Dinge, die ein Kind wichtig findet. Ihr Lächeln. Ihre weichen Hände.«
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»Ja, das war Madeline.«
»Man hat mir erzählt, dass sie bezaubernd war.«
»Das war sie«, bestätigte Reggie leise. »Sie war die netteste, außergewöhnlichste Frau, die ich je gekannt habe …«
Beryl sah ihn an und bemerkte, dass er ins Feuer starrte, gerade so, als sähe er in den Flammen alte Gespenster. Sie schenkte ihm einen liebevollen Blick. »Mutter hat mir mal erzählt, dass du ihr ältester und bester Freund bist.«
»Ja?« Reggie lächelte. »Ich schätze, das ist wahr. Wir haben schon als Kinder zusammen gespielt, weißt du. In Cornwall …«
Er blinzelte, und sie glaubte einen Moment, Tränen in seinen Augen schimmern zu sehen. »Ich war der Erste, weißt du«, murmelte er. »Vor Bernard. Vor …« Seufzend lehnte er sich im Sessel zurück. »Aber das ist lange her.«
»Du denkst noch oft an sie.«
»Ja.« Er leerte seinen Brandy. Unsicher schenkte er sich ein weiteres Glas ein – sein drittes. »Jedes Mal, wenn ich dich ansehe, denke ich: ›Da ist Madeline, sie lebt.‹ Und dann denke ich daran, wie sehr ich sie vermisse …« Plötzlich erstarrte er und sah zur Tür. Dort stand Helena und schüttelte traurig den Kopf. »Ich glaube, du hast für heute Abend genug.«
»Es ist erst mein dritter.«
»Und wie viele sollen es noch werden?«
»Nicht mehr viele, wenn’s nach dir geht.«
Helena machte einen Schritt auf ihn zu und nahm seinen Arm.
»Komm, Liebling. Du hast Beryl lange genug wach gehalten. Es ist Zeit, schlafen zu gehen.«
»Es ist erst ein Uhr.«
»Beryl ist müde. Und du solltest vernünftig sein.«
Reggie sah seinen Gast an. »Ja, vielleicht hast du Recht.«
Er stand auf und ging mit unsicheren Schritten auf Beryl zu.
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Sie drehte sich um, als er sich vorbeugte, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben. Es war ein feuchter Kuss, der nach Brandy roch, und sie musste sich zusammenreißen, um nicht vor ihm zurückzuweichen. Er richtete sich wieder auf, und erneut meinte sie Tränen in seinen Augen zu erkennen.
»Gute Nacht, mein Liebes«, sagte er. »Bei uns bist du in Sicherheit.«
Mitleidig sah Beryl den alten Mann aus der Bibliothek schlurfen.
»Er verträgt einfach nicht mehr so viel wie früher«, sagte Helena seufzend. »Die Jahre vergehen, und er vergisst, dass die Dinge sich verändern. Inklusive seiner Aufnahmefähigkeit für Alkohol.« Sie lächelte Beryl an. »Ich hoffe, er hat dich nicht zu sehr gelangweilt.«
»Überhaupt nicht. Wir haben über Mutter geredet. Er sagte, ich erinnere ihn an sie.«
Helena nickte. »Ja, du siehst ihr wirklich sehr ähnlich.
Natürlich kannte ich sie nicht so gut wie Reggie.« Sie setzte sich auf die Armlehne des Sessels. »Ich weiß noch, als ich sie das erste Mal getroffen habe. Es war auf unserer Hochzeit. Madeline und Bernard waren da, selbst gerade frisch verheiratet. Man sah ihnen an, dass sie ein glückliches Paar waren …« Helena nahm Reggies Kognakschwenker und wischte den Tisch ab. »Als wir uns fünfzehn Jahre später in Paris wiedertrafen, war sie kein bisschen älter geworden. Es war schon beinahe beängstigend, wie wenig sie sich verändert hatte, während die vergangenen Jahre bei allen anderen ihre Spuren hinterlassen hatten.«
Es folgte eine lange Pause. Dann fragte Beryl: »Hatte sie einen Liebhaber?« Sie hatte so leise gesprochen, dass ihre Worte kaum zu
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