Verrat in Paris
daran, wer Sie bezahlt, Monsieur Foch«, sagte Sutherland. »Außerordentlich gut bezahlt. Ich treffe hier die Entscheidungen, nicht Sie.«
Und wenn es dumme, gefährliche Entscheidungen sind? fragte sich Foch. Schließlich sagte er: »Heute Abend. Wir warten, bis er schläft.«
»Heute Abend«, wiederholte Sutherland. »Ich werde da sein.«
Um halb zwölf knipste Jordan in seinem Hotelzimmer das Licht aus, stopfte drei Kissen unter die Bettdecke und arrangierte sie so, dass man sie für einen menschlichen Körper halten könnte.
Dann nahm er neben Richard seine Position an der Tür ein. Sie saßen in der Dunkelheit und warteten darauf, dass etwas 227
passierte. Dass irgendwas passierte. Bisher war der Abend gähnend langweilig gewesen. Daumier hatte ihn zu einem Gefangenen in seinem eigenen Hotelzimmer gemacht. Er hatte zwei Stunden lang ferngesehen, Paris Match durchgeblättert und fünf Kreuzworträtsel gelöst. Was muss ich tun, um den Mörder anzulocken? fragte er sich. Ihm eine Extra-Einladung schicken?
Seufzend lehnte er sich gegen die Wand. »Ist das die Arbeit, die Sie früher gemacht haben, Wolf?« fragte er leise.
»Ja, Warten gehörte oft dazu. Und Langeweile«, sagte Richard. »Und immer wieder auch Momente äußerster Angst.«
»Und warum haben Sie den Dienst quittiert? Wegen der Langeweile oder wegen der Angst?«
Richard antwortete nicht gleich. »Wegen der Entwurzelung.«
»Aha. Der Mann sehnt sich nach Heim und Herd.« Jordan lächelte. »Und wie passt da meine Schwester ins Bild?«
»Beryl ist … eine besondere Frau.«
»Damit haben Sie meine Frage nicht beantwortet.«
»Die Antwort lautet: Ich weiß es nicht«, gab Richard zu. Er straffte die Schultern, um seine Muskulatur zu entspannen.
»Manchmal kommt es mir so vor, als passten wir überhaupt nicht zusammen. Natürlich kann ich mir einen Smoking anziehen und mit einem Kognakschwenker in der Gegend herumstehen. Aber ich will niemandem etwas vormachen, am allerwenigsten mir selbst. Und Beryl auch nicht.«
»Sie glauben wirklich, dass es das ist, was sie braucht? Einen Spießer im schwarzen Anzug?«
»Ich weiß nicht, was sie braucht. Oder was sie will. Ich weiß, dass sie vermutlich denkt, dass sie verliebt ist. Aber wie zum Teufel kann man sich da sicher sein, bei allem, was hier vorgeht?«
»Am besten, man wartet ab, bis Ruhe eingekehrt ist. Und 228
entscheidet dann.«
»Und muss mit den Konsequenzen leben.«
»Aber ihr seid schon ein Paar, oder nicht?«
Richard sah ihn überrascht an. »Interessieren Sie sich immer so stark für das Liebesleben Ihrer Schwester?«
»Ich bin ihr nächster männlicher Verwandter. Und deshalb muss ich ihre Ehre verteidigen.« Jordan lachte leise. »Eines Tages muss ich Sie vielleicht erschießen, Wolf. Vorausgesetzt, ich überlebe diese Nacht.«
Sie lachten beide. Und dann warteten sie wieder.
Um ein Uhr nachts hörten sie, wie sich auf dem Flur ganz leise eine Tür schloss. Hatte da gerade jemand das Treppenhaus verlassen? Jordan war plötzlich hellwach, Adrenalin schoss durch seinen Körper. Er flüsterte: »Haben Sie das gehört …«
Richard war bereits in die Hocke gegangen. In der Dunkelheit spürte Jordan die Anspannung des anderen Mannes. Wo waren Daumiers Agenten? fragte er sich in Panik. Waren sie beide am Ende allein?
Langsam drehte sich ein Schlüssel im Schloss. Jordan erstarrte, sein Herz hämmerte, seine Handflächen wurden feucht. Die Pistole in seiner Hand fühlte sich rutschig an.
Die Tür ging auf; zwei Gestalten stahlen sich langsam ins Zimmer. Ihr erstes Ziel war das Bett. Eine einzige Kugel konnte der Mann abfeuern, bevor sich Richard von der Seite auf ihn stürzte. Durch die Wucht seines Angriffs wurden beide Männer zu Boden gerissen.
Jordan hielt dem zweiten Eindringling die Pistole an die Rippen und rief: »Keine Bewegung!«
Zu Jordans Überraschung drehte sich der Mann um und floh aus dem Zimmer.
Jordan folgte ihm in den Flur und sah gerade noch, wie die zwei französischen Agenten den Flüchtenden zu Boden warfen.
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Sie zerrten ihn wieder auf die Beine, obwohl er sich wehrte und um sich trat. Erstaunt sah Jordan den Mann an.
» Anthony? «
»Ich blute!« heulte Anthony Sutherland. »Sie haben mir die Nase gebrochen! Sie haben mir die Nase gebrochen!«
»Heul weiter und sie brechen dir noch mehr!« fuhr Richard ihn an.
Jordan drehte sich um und sah Richard, der den Schützen aus dem Zimmer zerrte. Er schob seinen Kopf zurück, damit Jordan sein
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