Verrückte Lust.
würdigen.
Dann meldet sich Bunchek, zunächst pianissimo, mit einem Menuett aus dem Kamasutra zu Wort, auf das er gleich darauf die voll orchestrierten Werke von Stekel, Jung und Pawlow folgen läßt. Was er im Kopf hat, ist eine Jauchegrube. Selbst für Hildreds starken Magen ist das eindeutig zuviel. Sluter – immer korrekt – entschuldigt sich, um hinauszugehen und sich den Finger in den Hals zu stecken.
Und schließlich zieht sich Amy, angefeuert von ihrem Freund, bis auf den Slip aus und führt einen langsamen Muskeltanz vor. Aber das ist noch nicht der Höhepunkt, denn gleich darauf fangen Bunchek und Ramsay mit einem WortReaktions-Wettbewerb an: Sticken-Zicken, Glanz-Kranz, Blitz-Kitz, harsch-barsch, Buren-Uhren, Geier-Feier. Sluter steigt ein, und dann auch Hildred; der Raum ist erfüllt von Worten, die sich verbinden und wieder trennen: Stengel-Engel, richtig-wichtig, Platte-Latte, Teil-Heil, Hibbel-Kribbel, Apennin-Terpentin, Haus-Laus… Bis Dredge bekannt gibt, der Homunkulus sei geboren worden, während der heilige Thomas von Aquin sein Dach ausbesserte, damit die Engel nicht ins Haus kämen. Ein kleines Wortspiel über die gastronomischen Funktionen einzelliger Organismen, und dann: »Die Alpen und die Anden sind lediglich verhärtete Meeresablagerungen, und vielleicht ist die ganze Erde nichts weiter als eine Verdichtung toter Materie.« Eine herrliche koprolalische Orgie, angereichert mit zweideutigen Weisheiten und sprachlichen Neuschöpfungen wie Stoßwürden und Mutter Unterin. Sluter ist der einzige, der noch bleibt, nachdem die anderen »noch einen für den Heimweg« getrunken haben. Er brennt darauf, noch einige fundamentale Weisheiten zu erörtern, wie zum Beispiel:
1. »Wie hat sich dann das Leben auf der Erde ausgebreitet?«
2. »Worauf wollen die Symbolisten hinaus?«
3. »Habe ich recht, wenn ich sage, daß Gauguin vielleicht ein bißchen zuviel Wert auf das Dekorative gelegt hat?« Die Morgendämmerung kommt mit Hibbeldikribbeldibumbum.
Neujahr! Neue Vorsätze, neue Streite, neue Ideen zuhauf. Wieder Paris. Und von Vanya ein Leitmotiv: Schweden, Schweden! Und warum Schweden? Schweden: Land der Mitternachtssonne, der Fjords und der opulenten Vorspeisen, Land der Freizügigkeit für das dritte Geschlecht, die goldene Verheißung für Homos und Lesben.
Kurze Unterbrechung, in der Vanya und Hildred mit dem Gedanken spielen, sich eine bessere Arbeit zu suchen. Launen. Kapricen. Hirngespinste.
Während der Unterbrechung setzt ihnen jemand den Floh ins Ohr, sie müßten Paul Jukes kennenlernen. Paul Jukes ist der bedeutendste lebende Maler! Hält nicht viel von Cezanne, von Matisse noch weniger. Und Picasso? Das einzige, was Picasso – nach Meinung von Paul Jukes – je beherrscht hat, ist die Kunst, mechanische Enten zu malen. Bei Paul Jukes gibt es keine mechanischen Enten und Linoleummuster. Nicht mal für Geld! Der größte amerikanische Maler, den es je gegeben hat, bevorzugt Muskeln und grüne Felder, er zeichnet die rechte Brust so penibel wie die linke und stattet die Körper mit Gesichtern und nicht mit Fliederbüschen und Blumenkohlköpfen aus. Wenn man einen Mann malen will, muß man mit seinen Armen und Beinen anfangen… Alors, Paul Jukes muß man kennenlernen. Vielleicht kann Paul Jukes ein Modell gebrauchen. Von einem, der sich einen Pinsel in den Hintern stecken und das Nordlicht malen kann, von einem solchen Tausendsassa ist vielleicht auch der eine oder andere Rat zu haben – oder gar eine Passage nach Schweden. Keine bestimmten Vorstellungen. Nur: Paul Jukes solltet ihr kennenlernen.
Wie es der Zufall wollte, war der Tag dieser Begegnung einer von den schlechten Tagen. Der große Paul Jukes, der erst einige Tage zuvor aus dem Krankenhaus entlassen worden war, bereitete gerade eine Zivilklage gegen den Arzt vor, der seine Blase punktiert hatte. Er war geschwächt und kurz angebunden und besaß nicht einmal die Höflichkeit, seinen ihm unbekannten Besuch hereinzubitten.
Enttäuscht gingen sie wieder. Der große Paul Jukes – pah! Zum Zeichen ihrer Verachtung spuckte Vanya aus. Pah! Pfui! Und Hildred – Hildred reichte es nicht, bloß auszuspucken. Für sie mußte es noch mehr sein. Sie nannte ihn »einen Pferdearsch«.
Ein paar Tage später hatten sie eine andere Idee. Diesmal war es Hildreds. »Modelle gesucht für die Präsentation von Unterwäsche… Leichte Tätigkeit… Nur einige Stunden täglich.« Warum nicht ein bißchen leichtes Geld
Weitere Kostenlose Bücher