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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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war immer noch auf dieses Gebäude gerichtet, auf dieses Stockwerk. Ein Anruf vom Sicherheitsdienst der CaCo zum Sicherheitsdienst in diesem Gebäude – und Volltreffer! Alle Neune!
    Das an sich war kein Problem. Der Knabe war nur zufällig zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen. Unfälle passierten nun mal! Genausogut hätte ihm ein Betrunkener in einer Bar eins verpassen oder es hätte ihn auf dem Highway erwischen können; bei einem Flugzeug, in dem er gerade saß, hätte ein Flügel abbrechen können. Soweit war die Sache in Ordnung, keine Panik. Und das war nicht das Problem, mit dem er sich auseinandersetzen mußte, er war für die Schüsse zuständig. Jedenfalls war das bis jetzt noch nicht sein Problem. Doch das Mädchen und ihre Geschichte, das war ein Problem. Sie waren zu dem Schluß gekommen, daß sie sie nicht mundtot machen konnten, nicht vollkommen und nicht verläßlich. Sie hatte bereits anderen Leuten davon erzählt, und er wußte, wie so etwas lief. Wenn man einen zum Schweigen brachte, dann verbreiteten drei andere die Neuigkeit um so schneller, und das war genau das, was sie vermeiden wollten.
    Waycross-Klinik, führte er seine Gedanken fort, das paßte auch sehr gut. Eine Klinik. Der tägliche Umgang mit Verrückten. Das muß doch abfärben. Das wäre der richtige Ansatz. Und sie log. Er konnte fast hören, wie es in seinem Kopf klick! machte, als er sich über sein weiteres Vorgehen klar wurde. Er streckte die Hand aus, und der Kriminalbeamte Sergeant Boles, der Weiße, der nie lächelte, legte einen Briefumschlag hinein.
    »Wir glauben, daß Sie den Mann sehr wohl kannten«, sagte Trigger Happy unwirsch. »Sein Skizzenbuch ist voller Zeichnungen von Ihnen. Er hatte Ihre Karte in der Tasche. Sie haben das Gebäude gemeinsam betreten, sind zusammen in den Aufzug gestiegen, und jetzt ist er weg. Sie sind auf Publicity aus, ist das der Grund? Wahrscheinlich stand ihm das Wasser bis zum Hals, und er hat sich einen cleveren Abgang verschafft. Was kommt jetzt als nächstes? Sie finden zufällig eine nette Versicherungspolice, die Sie ganz vergessen hatten? Und zufällig sind Sie die Begünstigte? Wann? Das wird nicht funktionieren, Steele. Bestimmt haben Sie beide gedacht, Ihnen wäre was besonders Schlaues eingefallen, aber glauben Sie, Steele, die Sache hat einen Bart.«
    Ihr war schwindelig vor widersprüchlichen Gefühlsaufwallungen, einmal der Wut und einmal der Erleichterung. Da man ihr die Geschichte nicht glaubte, brauchte sie selbst sie auch nicht zu glauben. Wenn ihr eine überzeugende Lüge eingefallen wäre, wäre sie sehr in Versuchung gewesen, sie vorzubringen, doch von ihnen der Lüge bezichtigt zu werden, empörte sie mehr, als sie ertragen konnte.
    »Ich habe den Mann noch nie in meinem Leben gesehen!« schrie sie.
    Trigger Happy schlug das Skizzenbuch auf und hielt es ihr vor die Augen, so dicht, daß sie nicht klar sehen konnte. Sie blinzelte, und er blätterte weiter, eine Seite nach der anderen. Alles Karikaturen von ihr! Jeder Irrtum war ausgeschlossen, die Zeichnungen zeigten sie, stark verfremdet, doch deutlich erkennbar. Sie streckte die Hand nach dem Buch aus. Er zog es weg.
    »Werden Sie uns jetzt die wahre Geschichte erzählen?«
    Verwirrt schüttelte sie den Kopf. »Das habe ich bereits getan.«
    Er wandte sich mißmutig ab. »Alle raus!« murrte er. »Zeitverschwendung, Verschwendung von Steuergeldern! Und was Sie betrifft«, sagte er mit einem drohenden Unterton zu Lauren, »wir werden Sie nicht aus den Augen lassen, und wenn Sie das Wort ›Versicherung‹ nur flüstern, sind Sie dran!«
    »Aber was ist mit ihm geschehen? Sie können doch nicht so tun, als sei nichts gewesen. Ich habe es gesehen!«
    Trigger Happy ging zur Tür, und sie stand mit einem Ruck auf. »Ich werde nicht zulassen, daß Sie die Sache einfach unter den Teppich kehren! Ich werde die Presse davon unterrichten, die Leute vom Fernsehen.«
    Seine Hand lag bereits auf der Türklinke, als er ihr einen vernichtenden Blick zuwarf und voller Verachtung sagte: »Betrunkene Irrenärztin sieht ihren Liebhaber in einer blauen Wolke aufgehen. Hübsche Geschichte.« Er ging hinaus.
    Sie sah von einem der zurückgebliebenen Kriminalbeamten zum anderen. Der farbige grinste sie wieder an, und sie merkte, daß das gar nichts bedeutete; das war sein normaler Gesichtsausdruck. Es lag nicht der Hauch von Wärme in dem Lächeln. Das Gesicht des weißen war so versteinert wie immer. Der neu dazugekommene, der

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