Verschleppt
Sara schaute Coop hinterher, der in diesem Moment aus dem Wohnzimmer flitzte. Sie sprang auf. „Oje, Coop. Du kleiner Teufel. Komm sofort her“, Sara war genervt. „Ihr entschuldigt mich. Ich hol schnell den kleinen Racker und dann können wir aufbrechen.“
Sara ging durch einen kleinen Flur. Sie musste kurz stehenbleiben, ihr wurde leicht schwindelig, sie war wohl zu aufgeregt. Die Dielen knarrten unter ihren Füßen und sie blickte sich um, Coop kratzte an einer Tür. „Was ist denn da, Kleiner?“ Sara ging zu der Tür und überlegte, ob sie sie aufmachen sollte. Coop flippte förmlich aus, er fiepste und kratzte weiter. Sara blickte sich kurz um, aber der Flur lag im Stillen hinter ihr. Sie öffnete schließlich widerstrebend die Tür. Ein Arbeitszimmer, Harolds Arbeitszimmer. Sara schaute sich um. Die blank polierten, hellen Holzdielen fielen ihr direkt ins Auge. „Ob er wohl eine Putzfrau hat?“ Sara sprach mit sich selbst. Es roch nach Bleistiftspänen und altem Papier. Die in tiefe Nischen eingelassenen Fenster hatten schrecklich grüne Vorhänge. Sara schmunzelte, grün musste wohl seine Lieblingsfarbe sein. Die Einrichtung erinnerte sie an die ihres Vaters. Ein großer massiver Schreibtisch stand vor einem großen Bücherregal, das mit unzähligen juristischen Büchern, Fachzeitschriften und Gesetzestexten bestückt war. Dahinter ragte der Schreibtischsessel hervor. Auf dem Tisch herrschte absolute Ordnung, alles stand akkurat an seinem Platz. Der Bleistiftgeruch kam vom elektrischen Bleistiftspitzer, der ebenfalls auf dem Tisch stand. Ein Computer stand in der Mitte, rechts daneben waren in einem Ablageregal sämtliche Papiere gesammelt. Coop hatte sich mittlerweile wieder beruhigt und schnüffelte nur noch. Sara betrachtete zwiegespalten die Sammlung von Hirschgeweihen und toten Tieren, die an der Wand thronten. „Die armen Tiere“, brummelte sie vor sich hin.
Sie wollte den Raum schon wieder verlassen, als ihr Blick auf einen Tresen fiel. Er war voller gerahmter Fotografien. Sara ging hin. Auch hier stand wieder das Foto, das auch bei Patrick im Zimmer hing. Sara schaute es eindringlich an. Die Grübchen fielen ihr bei Harold sofort wieder ins Auge. Ihr Blick führte nach rechts neben den Tresen, dort stand ein kleiner Sekretär. Er stand offen. Sara überlegte, konnte aber nicht anders und riskierte einen Blick. Sie sah säuberlich geordnetes Briefpapier und mehrere Rechnungen. Oben lag die Handyrechnung. Sie nahm sie in die Hand, registrierte aber nichts Auffälliges. Sie wollte das Papier schon wieder weglegen, als sie auf das Adressfeld schaute. Ihr Blick verengte sich, sie stockte. Adressiert an Harold Baker. Sie erstarrte, ihr Herz schlug schneller. BAKER? BAKER! Ihre Augen kehrten zurück zu dem Familienfoto, sie sah die Kinder an. Alles spielte sich sekundenschnell ab. Patrick! Patrick und Joshua? Oh mein Gott. Sie riss die Augen auf. Joshua. Sie sah Harold an. Sie begriff nur ganz langsam. Ihr schoss das Bild in den Kopf, als Harold seine Brille gerade abnahm. Das Phantombild! Sie spürte einen kalten Hauch an ihrem Hemdkragen und eiskalte Finger schienen über ihren Nacken zu streichen. Sie riss ihren Körper herum, schweißgebadet. Doch da stand niemand, nur Coop saß immer noch zu ihren Füßen.
Ein kalter Schauer lief über ihren Rücken und ihre Nackenhaare waren aufgestellt. Sie versuchte sich zusammenzureißen und nicht die Nerven zu verlieren. Sie suchte ihr Handy, es war ausgegangen, Akku leer. Sie griff nach ihrer Waffe. Die steckte in ihrer Jacke und die lag auf dem Sessel im Wohnzimmer. „Mist. Ich Idiot.“ Ihre Stimme bebte. Was sollte sie tun? Coop guckte sie nur mit seinen Kugelaugen an und begriff gar nichts. Sie schlich langsam aus dem Arbeitszimmer. Sie schwankte. Alles vor ihr verschwamm. Was war nur los mit ihr? „Reiß dich zusammen“, ermahnte sie sich selbst. Aber es ging nicht, sie wurde immer wackeliger auf den Beinen. Sie musste erneut stehen bleiben und sich an der Wand festhalten. Der Drink, dachte sie. „Oh nein. Harold hat mir was ins Glas getan.“ Sie sprach mit sich selbst. Plötzlich ein Schuss. Sie erschrak. MATT. Panik überkam sie. Ihr ganzer Körper zitterte. Es wurde plötzlich kalt im Flur, als sei alle Wärme daraus entwichen. Sie wollte losrennen, aber ihre Beine machten das nicht mit. Sie verlor das Gleichgewicht und knallte auf den Boden. Ihr wurde schwarz vor Augen.
Kapitel 50
Bryan lag in seinem Krankenhausbett auf der
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