Verschleppt
wäre. Schade, ich mochte ihn eigentlich.“ Sara wollte das nicht glauben. In ihren Schläfen konnte sie das Pochen ihres eigenen Pulses spüren. Sie versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten. Harold kam mit quälend langsamen und bedächtigen Schritten auf sie zu. Schaute zu ihr nach unten und drehte den Wasserhahn mit einem süffisanten Grinsen auf.
Saras Augen weiteten sich ungläubig. „Ich bring dich um, du Schwein!“ Sara fing an zu schreien, ihre Stimme hallte laut durch das Badezimmer. „Sei still. Du hast doch keine Ahnung.“ Harold brüllte sie an. Seine unverhohlene Wut ließ sie zusammenschrecken. Sie musste sich zwingen, ruhig zu bleiben, um nicht vollends die Kontrolle zu verlieren. „Warum? Erklär mir warum?“ Sara versuchte, ihn am Reden zu halten. Erschöpft und angsterfüllt zwang sie sich nachzudenken. Sie überlegte fieberhaft, wie sie aus dieser Situation wieder rauskommen könnte. Wie sie ihr Leben retten konnte. Das Wasser bedeckte bereits ihre Beine. Harold setzte sich auf den Badewannenrand. „Dein Dad. Dein Dad hat mein Leben zerstört. Er hat meinen Joshua nicht gefunden. Er war erst drei Jahre! Hörst du, drei! Dein Vater hat versagt. Ich hatte so viel Wut in mir. Martha hat es nicht mehr ausgehalten und ist mit Patrick ausgezogen. Mein Hass wurde immer größer. Und dann stirbt dieser Feigling einfach.“ Sara schaute ihn entsetzt an, ihre Sinne waren geschärft. Was sie sah, war eiskalte Abneigung. Ihr wurde immer kälter.
„Warum erst jetzt? Und vor allem die anderen Kinder? Ein Kind musste sterben!“ Harold stand wütend auf. „Dass dieses Kind gestorben ist, da konnte ich nichts für.“ „Jason! Das Kind hieß Jason!“ Sara unterbrach ihn und in ihren Augen blinzelten Tränen. Harold stockte und wirkte für eine Sekunde weich. „Ich wollte nicht, dass dem Jungen etwas zustößt. Hörst du!“ Sara sah eine Hoffnung, an ihn heranzukommen. Daher verzichtete sie darauf, ihn mit den Folterungen zu konfrontieren, stattdessen sagte sie: „Ich weiß, Harold. Warum willst du den anderen Kindern jetzt was antun?“ Sara versuchte, ruhig zu bleiben. Er schaute sie von oben herab an, sein weicher Blick war verschwunden. „Das hast du zu verantworten! Die anderen Kinder gehörten zum Spiel. Sie waren aber nicht wichtig. Du solltest ja nicht sofort mitkriegen, dass es was persönliches ist.“ Sara wurde schlecht, aber sie verstand die Zusammenhänge noch nicht. „Und warum erst jetzt?“, Sara wiederholte ihre Frage. „Ganz einfach. Nachdem dein Dad tot war, flehte mich Martha an, eine Therapie zu machen. Sonst würde sie mir Patrick ganz wegnehmen.“ Harold drehte den Hahn etwas weiter auf. Sara musste hilflos zusehen, sie konnte sich nicht bewegen. „Ich hörte auf sie und es wurde besser“, fuhr Harold bedacht fort, als zöge eine dunkle Wolke trauriger Erinnerung an ihm vorüber. „Unsere Ehe haben wir zwar nicht gerettet, aber meine Wut ließ nach. All meine Hoffnung lag darin, dass Joshua noch lebte und er irgendwann wieder vor der Tür steht.“ Sara schloss die Augen. „Doch dann wurde seine Leiche letztes Jahr gefunden.“ Sara beendete Harolds Ausführung.
„Richtig, Frau Polizistin. Alles war wieder da. Meine Wut stieg ins Unermessliche. Ich wusste nicht, wohin damit.“ In seinen stechenden Augen sah Sara nur Abscheu. Sie begriff langsam alles, das Blut in ihren Schläfen pochte. „Dass du Matt kennengelernt hast, war auch kein Zufall, richtig?“ Sie fixierte das Gesicht, das auf sie herabblickte und dort regungslos verharrte. Harold grinste hämisch, kniete sich langsam zu ihr runter und starrte sie an. Sekundenlang fixierte er ihre Augen. „Ja, brillant, nicht?! Ich habe die ganze Zeit dein Leben und das deiner Mutter verfolgt. Erst nur aus Interesse. Als deine Mutter nach Miami gezogen ist, lag meine volle Aufmerksamkeit bei dir. Ich wusste von deiner Hochzeit mit Matt, von Noah. Einfach alles. Als dann Joshua letztes Jahr tot aufgefunden wurde, war mir sofort klar, dass deine Familie dafür büßen muss. Es war schließlich dein Vater, der meine Familie zerstört hat.“ Sara brüllte ihn an. „Aber es war nicht mein Vater, der dein Kind entführt und getötet hat. Mein Vater wollte euch helfen! Verdammt noch mal.“ Harold schlug ihr mit aller Kraft ins Gesicht und drückte kurz ihren Kopf unter Wasser, riss sie an den Haaren dann aber wieder nach oben. Sara prustete und schnappte nach Luft. Vorsichtig öffnete sie die Augen, gefasst auf den
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