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Verstoßen: Thriller (German Edition)

Verstoßen: Thriller (German Edition)

Titel: Verstoßen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Momentaufnahme des ägyptischen Küstenorts, wo sie einander vor beinahe drei Jahren kennengelernt hatten.
    Damals war er noch verheiratet gewesen, hatte noch mit Alice in dem selbst entworfenen Bungalow in Zeist gewohnt. Designereinrichtung aus gebürstetem Stahl, Naturstein und rotem Kalbsleder. Wenn er heute daran zurückdachte, kam es ihm vor wie eine Szene aus dem Leben eines anderen.
    Als er die Milch aus dem Kühlschrank nahm, hörte er aus dem Schlafzimmer Susans unterdrücktes Schluchzen. Sie wollte nicht, dass er sie hörte. Sie war tapfer. Die tapferste Frau, die er kannte. Eine echte Powerfrau. Und er konnte ihr nicht helfen.
    So gern er auch wollte.
    Susan hatte mehr durchgemacht, als sie psychisch vertragen konnte. Das war in den letzten Monaten durchaus deutlich geworden. Keine einzige Nacht hatte sie mehr durchgeschlafen.
Nur weil er so ein verdammter Idiot gewesen war und geglaubt hatte, einfach alles im Griff zu haben, die ganze Welt.
    Vor gar nicht so langer Zeit war er mit einem baumstarken Kerl aneinandergeraten, weil der ihn angebrüllt hatte: »Was glaubst du eigentlich, wer du bist, Superman?«
    Der Typ hatte den IQ einer Amöbe gehabt, aber mit seiner Frage hatte er ins Schwarze getroffen. Das Leben abseits der normalen Gesellschaft hatte seine eigenen Gesetze, und die ließen ziemlich viel Spielraum. Je mehr Zeit man dort zubrachte, umso weniger fühlte man sich überhaupt noch irgendwelchen Gesetzen unterworfen, nicht einmal den Naturgesetzen. Wenn man sich öfter in Lebensgefahr befand als auf irgendeinem Empfang, dann wurde dieses Gefühl der Unbesiegbarkeit nur noch stärker. Aber es blieb nur ein Gefühl.
    Im Grunde konnte er von Glück sagen, dass er jetzt hier war. Dass sein vermodernder Körper nicht ein paar Bäumen in einem abgelegenen Waldstück als Kompost diente. Oder den Schweinen eines korrupten Bauern als Futter. Der Faden war zu dünn. Und das Leben, das er jetzt hatte, war ihm zu kostbar. Susan war ihm kostbar.
    Vor zehn Monaten, als er bei ihr eingezogen war, hatte er beschlossen: Es war vorbei. Aus. Vergangenheit.
    Irgendwie weckte allein schon dieser Gedanke eine stille Panik, die er nach Kräften unterdrückte.
    Das Schluchzen im Schlafzimmer war verstummt. Er hörte, wie sie die Decke aufschüttelte und wieder ins Bett ging. Die Sprungfedern der Matratze gaben ein leises Quietschen von sich.
    Er nahm den Wasserkocher, goss das kochende Wasser in einen Becher und hängte einen Teebeutel hinein. Gab etwas Milch und zwei Stückchen Zucker hinzu. Noch mit Umrühren beschäftigt, machte er sich wieder auf den Weg ins Schlafzimmer, reichte ihr den Becher, setzte sich neben sie aufs Bett
und legte eine Hand auf ihr Bein. Sie nippte an dem Tee, legte ihre Hand auf seine und strich geistesabwesend mit den Fingern darüber.
    »Vielleicht brauchen wir mal einen Tapetenwechsel«, sagte er.
    »Warum?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hilft es. Abstand gewinnen, im wahrsten Sinne des Wortes.«
    »Wo sollen wir denn hin?«
    »Das darfst du entscheiden.«
    Sie nahm noch einen Schluck Tee. Denkfalten traten auf ihre Stirn. »Paris«, sagte sie schließlich. »Da war ich schon eine ganze Weile nicht mehr.«
    Überrascht sah er sie an. »Paris? Das ist doch gleich um die Ecke. Da können wir …«
    »Ich muss nicht erst zwanzig Stunden im Flugzeug sitzen, das hab ich schon öfter erlebt. Paris, das klingt gut. Da kenne ich mich aus.« Sie unterbrach sich kurz. Strich ihm mit der Hand über den warmen Oberschenkel und weiter hinauf. »Manchmal ist es beruhigend festzustellen, dass bestimmte Dinge noch da sind.«
    Er hielt die Luft an. Etwas Dunkles trat in ihren Blick. »Das ist auch noch da«, brachte er mit heiserer Stimme heraus.
    Sie schenkte ihm ein mattes Lächeln. »Schön.«
    »Beruhigt dich das?«
    »Und ob.« Sie stellte den Becher auf dem Nachtschränkchen ab. »Aber ich glaube, ich brauche noch viel mehr Beruhigung.«

3
    Walter fand es durchaus angenehm, frühmorgens schon zu arbeiten, zu einem Zeitpunkt, der von den meisten noch als späte Nacht betrachtet wurde. Er hatte dann das Gefühl, einen Vorsprung vor dem Rest der Welt zu haben. Ein Rhythmus, den er sich mit der Aufnahme seines Jurastudiums angewöhnt hatte: spät ins Bett, früh wieder raus. Mehr als sechs Stunden Schlaf gestand er sich nicht zu. Mehr brauchte er auch nicht.
    Die gute Neuigkeit war, dass er den Statistiken zufolge in den nächsten Jahren mit noch weniger Schlaf auskommen würde. Die

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