Verstoßen: Thriller (German Edition)
hineinzuversetzen. Als erlebe
man es selbst oder verliere sich in einem guten Film, wobei dieser Film bei einem Escober düsterer, extremer und roher ist. Die Ereignisse folgen schneller aufeinander.
Man erfährt in der Sil-Maier-Trilogie viele kenntnisreiche Details, von der Funktionsweise des organisierten Verbrechens über das Eindringen in unbekannte Gebäude bis hin zum optimalen Einsatz diverser Waffentypen und der Behandlung von Wunden. Wie gehen Sie bei der Recherche vor und wie wichtig ist dabei für Sie der persönliche Kontakt zu Experten?
Esther: Wir recherchieren uns dumm und dämlich! Alles, was in einem Escober geschieht, muss auch tatsächlich möglich sein. Das macht das Schreiben eines Escobers manchmal schrecklich mühselig. Aber auch interessant: Für Verraten habe ich gemeinsam mit einem Waffenexperten einen Nachmittag auf einem Schießstand verbracht. Meine persönlichen Erfahrungen fließen praktisch eins zu eins in Verraten ein, wenn Susan Staal Schießunterricht erhält. Einmal habe ich eine Zeit lang in einer Tierarztpraxis hospitiert und ein andermal jemanden befragt, der internationale Ziele mit Cessnas anfliegt.
Berry: Im Laufe der Zeit haben wir Kontakte zu einer Gruppe von Experten aufgebaut, die wir bei Fragen über ihr Fachgebiet anmailen oder anrufen können: unser A-Team. Manches probiere ich selbst aus. In Verraten wird Sil Maier in einem ausgeschlachteten Badezimmer gefangen gehalten. Da habe ich mich selbst in so ein Bad gesetzt, um herauszufinden, ob und wie man da herauskommen kann. Man hält immer Augen und Ohren offen.
Jeder der drei Thriller ist abgeschlossen und kann für sich gelesen werden. Als roter Faden zieht sich jedoch durch alle Romane die Beziehung der Protagonisten Sil und Susan. Können Sie uns etwas mehr über Ihre Hauptfiguren erzählen und darüber, was beide aneinander fasziniert?
Berry: Sie sind Seelenverwandte, füreinander bestimmt oder zueinander verdammt, je nach Blickwinkel des Betrachters.
Esther: Ich glaube, dass sie beide auf ihre Art sehr einsam sind und diese Einsamkeit im anderen wiedererkennen.
Sil hat eine außergewöhnliche Beschäftigung, von der er geradezu besessen ist: Er beobachtet kriminelle Organisationen, dringt unter Lebensgefahr in ihre Schaltzentralen ein und raubt deren Beute. Was hat Sie auf diese Idee gebracht?
Esther: Sie ist aus meiner eigenen Rastlosigkeit heraus entstanden. Damals war ich in einem Schema gefangen, habe hundert Stunden pro Woche gearbeitet. Verdient habe ich genug, aber mir fehlte die Inspiration.
Maier tut, wovon viele Leute träumen: Er lebt seine Verliebtheit tatsächlich aus und setzt dadurch seine Ehe aufs Spiel, er rächt sich tatsächlich an dem arroganten Chef seiner Frau. Er ist die Personifizierung der dunklen Fantasien, die wir alle manchmal haben. Sein Charakter ist im Laufe des Schreibprozesses entstanden, intuitiv, nicht geplant. Im Nachhinein wirkt alles stimmig: Was Maier tut, ist für ihn die ultimative Form der Suche nach dem Kick. Der Mann ist intelligent, schnell gelangweilt, durchtrainiert. Bungeejumping ist ihm zu passiv, und für einen Job als Ermittler oder Soldat ist er zu sehr Einzelgänger.
Berry: Und jeder Autorität abhold. Zwar ist Maier gesellschaftlich in jeder Hinsicht erfolgreich, aber erfüllt von extremer existenzieller Unruhe. Die Leser reagieren ziemlich unterschiedlich auf ihn, das ist ein Aspekt, der seine Figur so attraktiv macht. Der eine sieht einen Serienmörder oder egoistischen Gefahrensucher in ihm, ein anderer wird beim Lesen von spontaner Sympathie erfasst.
Der gefährlichste Gegner von Sil ist Wadim, ehemals Angehöriger einer militärischen Spezialeinheit und heute als Auftragsmörder tätig. Er arbeitet hochprofessionell, ist mitleidslos und äußerst brutal. Doch trotz seiner Härte und Grausamkeit ist er unter allen Verbrechern Ihrer Trilogie die zwiespältigste Figur. Können Sie uns etwas mehr über ihn erzählen?
Esther: Die Idee zu den russischen Zwillingsbrüdern Yuri und Wadim wurde geboren, nachdem ich eine Dokumentation über die schreckliche Armut und hoffnungslose Situation der russischen Bauern gesehen hatte, eine große Bevölkerungsgruppe, die von ihrer eigenen Regierung ganz einfach negiert wird. Das hat mich stark beeindruckt. Ich hatte außerdem gelesen,
dass junge Männer einen Ausweg suchten, indem sie zur russischen Armee gingen, obwohl das beinahe bankrotte Land ihnen monatelang keinen Sold
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