Versuchung des Blutes - Cole, K: Versuchung des Blutes
schleudern?
Gerade als Bowe seine Faust tief in einen Baum hineinhämmerte, tauchte Rydstrom auf. „Das ist dir wohl ganz schön unter die Haut gegangen?“
„Was willst du?“
„Dir sagen, was wir beschlossen haben.“
„Was ihr beschlossen habt? Die Hexe steht unter meiner Obhut.“
Rydstrom ignorierte ihn. „Hild wird noch heute Abend die Reise beginnen und sich auf den Weg zurück und hinein in die Auseinandersetzungen machen. Alleine kann er sich schneller bewegen und an den Armeen vorbeischleichen, um den Faktionen die Neuigkeiten so rasch wie möglich zu überbringen. Cade, Tera, Tierney und ich werden mit Mari Richtung Osten gehen und sie zurück in die Staaten bringen.“
Bowe bewegte seine blutige Faust. „Und was schlagt ihr für mich vor?“
„Wir wollen, dass du gehst. Offensichtlich regt deine Gegenwart sie auf.“
„Oh, aye, das arme, kleine Mädche n – das mich durch die Gegend schleudert wie einen Kieselstein. Ihr wollt, dass ich gehe? Glaubt mir, genau dasselbe will ich auch. Aber dabei habt ihr eine Sache vergessen: Es ist mein Kopf, der auf dem Spiel steht, wenn sie nicht heil zu Hause ankommt. Also, angesichts der Tatsache, dass sich das Ganze in eine Runde ‚Beschützt die Sterbliche‘ verwandelt hat, werde ich wohl bleiben und dafür sorgen, dass sie überlebt.“
„Dein Job ist vorbei. Hild wird alle darüber informieren, dass ich ab sofort die volle Verantwortung für Mariketa übernehme. Sollte ihr irgendetwas zustoßen, ist das mein Problem, nicht deins.“ Bowe schien das wenig zu beeindrucken. „Solltest du bleiben, dann befürchten wir, dass der eine von euch den anderen am Ende umbringt.“
Höchstwahrscheinlich. „Ich kann nicht gehen, ehe sie den zweiten Fluch aufhebt. Hast du verstande n – ich werde nicht eher gehen.“
„Und ich bin sicher, sie wird mit Freuden alles tun, worum du sie jetzt bittest. Bowen, was hast du dir bloß dabei gedacht?“
„Hab wohl nicht gedacht.“
„Du solltest die Frauen besser kennen.“
„Mit Frauen kenne ich mich aus, aber nicht mit Hexen. Und glaub mir, Dämon, das ist ein Unterschied.“
„Ich habe noch nie erlebt, dass du dermaßen die Beherrschung verlierst. Und ich habe dich schon viele Male im Zorn gesehen“, sagte Rydstrom nachdenklich. „Ich hoffe, du bist dir ganz sicher, dass sie nicht eine Reinkarnation deiner Gefährtin ist.“
Bowe erstarrte. Der Gedanke war ihm natürlich auch schon gekommen, aber es gab Dutzende von Gründen, diese Idee gleich wieder zu verwerfen. Trotzde m … „Warum sagst du das?“
Rydstrom humpelte zu einem umgefallenen Baum und ließ seinen gewaltigen Körper auf den Stamm sinken. „Was ist, wenn Mariketa dich gar nicht verhext hat? Wenn du an dem Glauben festhältst, dass in der Mythenwelt niemand eine zweite Gefährtin erhält, dann ist Reinkarnation die einzige andere Erklärung dafür, wieso du in ihr deine Gefährtin siehst.“
Bowe wusste, dass Rydstrom es in puncto Neugier mit jedem Lykae aufnehmen konnte; er genoss es, Rätsel zu lösen und Probleme zu beheben. Offensichtlich hielt Rydstrom diese Situation für das eine oder das andere, oder gleich beides. In diesem Moment stand sein analytischer Geist ganz im Vordergrund, der mit seiner Persönlichkeit im Dämonenzustand so vollkommen unvereinbar zu sein schien, wenn er jegliche Vernunft verlo r – schlimmer sogar noch als Bowe in seiner Werwolfgestalt.
Und das war das Problem mit Rydstrom. Wenn er sich in einen Dämon verwandelte, dann ohne Rücksicht auf Verluste.
„Reinkarnationen sind sehr selten, das ist wahr“, fuhr er fort, „aber es gibt sie.“
„Nein, die Hexe hat mich verhext“, beharrte Bowe. „Die Prophetin der Walküren hat mir nur bestätigt, was ich bereits fühlte. Sie sagte mir sogar, dass Mariketa den Fluch irgendwann von mir nehmen würde.“
„Die Prophetin der Walküren?“ Rydstrom zog die Brauen zusammen. „Du meinst doch wohl nicht Nïx? Wie nennen sie sie noch mal?“
Komplett durchgeknallte Nïx.
„Eine wahre Schande, dass so eine Schönheit nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Aber warum solltest du einer Verrückten bei einer so wichtigen Angelegenheit trauen?“
„Jeder, dem ich in dieser Welt vertraue, vertraut ihr“, sagte Bowe. „Das ist gut genug für mich.“ Aber stimmte das wirklich? Verdammt, abgesehen von der Namensähnlichkeit und den spitzen Ohren waren Mariah und Mariketa völlig verschieden. Mariah war so ätherisch gewesen, so unschuldig, und die
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