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Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Butter, zu kleinen Blumen geformt, dazu Rührei mit Käse und Tomaten. Frau Huth saß am Tisch und hatte sich ein weichgekochtes Ei bestellt, das sie gerade köpfte.
    »Links«, sagte ich. »Herzinfarkt ist links. Oder? Frau Huth? Sagen Sie doch auch mal was!«
    »Links«, mampfte sie.
    »Also. Die Schmerzen strahlen in den Arm. Außerdem hast du … Atemnot. Atemnot ist immer gut. Hast du das verstanden?«
    Ihr Blick flitzte zu dem Tisch am Fenster, auf dem Gregor die Tabletts abgestellt und sich mit einem galanten Kratzfuß verabschiedet hatte. Es war neun Uhr. Frühstück, Arzt, Wittichs Büro, packen, Vaasenburg. In dieser Reihenfolge. Vielleicht auch erst Wittichs Büro und dann Arzt. Bei diesen beiden Punkten war ich flexibel.
    »Kann ich nicht erst was frühstücken?«
    »Ich glaube, nach einem Herzinfarkt hat man keinen Hunger.«
    »Muss es denn gleich so was Ernstes sein? Ich habe doch immer diesen Ischias.«
    »Ischias reicht nicht. Der Arzt soll herkommen, und zwar sofort. Also?«
    Meine Mutter tastete nach dem Telefonhörer, hob ab und legte wieder auf.
    »Was ist?«
    »Ich kann das nicht.«
    »Was kannst du nicht?«
    Ich hatte sie, quasi mit der Hand am Brotkorb, wieder ins Bett geschickt. Hunger macht leidend, dachte ich. Ein wenig Leidensfähigkeit war im Moment genau das, was ich von ihr brauchte.
    »Ich kann nicht lügen. Vor dir. Mein ganzes Leben habe ich versucht dir beizubringen, wie man ein anständiger Mensch wird.«
    Hinter meinem Rücken hörte ich Hüthchen in ihr Müsli hüsteln.
    »Und jetzt zwingst du mich zu lügen und zu betrügen und …«
    Ich nahm ihre Hand und hielt sie eine Weile fest. So lange, bis ich mir ihrer Aufmerksamkeit sicher war.
    »Mutter. Menschen sind böse, das wissen wir alle. Menschen lügen, betrügen, und ab und zu bringen sie sogar andere um. Ein Mann sitzt im Gefängnis. Er ist über achtzig Jahre alt. Er hat viel mitgemacht. Als Kind hat er seine Heimat und fast seine ganze Familie verloren. Er wurde, wie Millionen andere auch, irgendwo an Land gespült. Davon wissen wir nichts, denn es ist jenseits der polnischen Grenze passiert, und welches Schicksal die Leute dorthin verschlagen hat, ist hierzulande kaum bekannt. Sein ganzes Leben hat er gelitten, denn es sind Dinge geschehen, die man vielleicht verdrängen, aber nicht vergessen kann. Man könnte doch meinen, jetzt ist es endlich mal gut, oder? Nein. Ist es nicht. Menschen sind gierig. Menschen vergessen, was sie anderen antun, nur um an ihr Ziel zu kommen. Der alte Mann hat vielleicht jemanden getötet. Warum? Er wurde noch einmal zurück in den Wahnsinn getrieben, und er tat das, was er schon einmal getan hat: böse Geister vertreiben. Geister, die ihm oder seiner Familie zu nahe gekommen sind und vor denen er panische Angst hatte. Er wird verurteilt werden, und niemanden wird es interessieren. Aber ich will wissen, was ihn dazu getrieben hat. Wer ihn so manipulieren konnte. Warum es zu dieser Tragödie gekommen ist. Denn ich glaube, es ist noch nicht vorbei. Ich will diese Menschen dingfest machen und den alten Mann aus dem Gefängnis holen. Ich will wissen, was hier, in diesem schönen Haus, mit dem alten Hagen und Krystyna passiert ist. Und wenn ich dafür lügen muss, so glaube ich, der Herr wird mir verzeihen. Genauso wie dir, Mutter.«
    Nach dieser Rede ließ ich ihre Hand los. Es war still im Zimmer. Zumindest so lange, bis Frau Huth sagte: »Ich war in Graudenz und musste auch fünfundvierzig weg. Dafür interessiert sich niemand.«
    Geduldig drehte ich mich zu ihr um. »Aber Sie sitzen nicht im Gefängnis, sondern an einem Tisch mit gestärkten Servietten und silbernem Besteck. Sie haben zudem die Auswahl zwischen Brombeer- und Aprikosenmarmelade und der kleinen Aufschnittplatte. Das ist der Unterschied.«
    Mutter richtete sich auf. »Das haben wir auch nicht alle Tage!«
    »Ich weiß. Trotzdem ist eure Situation alles in allem nicht unkomfortabel. Oder? Zumindest bewegt ihr euch in relativer Freiheit und seid am Leben.«
    »Links«, brummte Hüthchen. »Und hecheln. Wie damals, als du diesen Menschen hier auf die Welt gebracht hast.« Mit einem letzten bösen Blick widmete sie sich wieder ihrem Frühstück.
    Ich musste lächeln. »Danke, Frau Huth. Also?«
    Mutter hechelte. Ich hob den Hörer ab und drückte ihn ihr in die Hand.
    »Ich gehe mal nach nebenan und sehe nach, wie sich Das Fräulein heute befindet.«
    Mutter nickte mir dankbar zu. Ich öffnete die Verbindungstür und hörte sie

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