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Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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durch die Menge. Ein Getuschel und Gewisper, als auf der Leinwand das nächste Foto erschien: sage und schreibe zwölf Flaschen Ch â teau Yquem aus dem sagenumwobenen, sensationellen Kometenjahr 1811. Die Hochzeitskiste von Johannes Hagen. Die Geschichte dieses Lots breitete der Auktionator noch einmal genüsslich aus.
    Der Breslauer Weinhändler Johannes Hagen hatte 1815 Wind von einer verbotenen Auktion bekommen. Louis Bohne, Verkaufsagent der Witwe Clicquot, wollte das russische Importverbot für französische Weine umgehen und eine Ladung Champagner auf einem niederländischen Frachter nach Petersburg bringen. Hagen traf Bohne tatsächlich in Königsberg und schwatzte ihm ein Fässchen ab – als Hochzeitsgeschenk für seine Angebetete, mit der er sich am Fuße eines Hügels im Oderland niederlassen wollte. Johannishagen wurde das Kirchspiel später nach seinem Gründer benannt. Die zwölf Flaschen hatten damals pro Stück einen Gegenwert von umgerechnet fünfzig Euro. Noch nicht einmal zu Walther Hagens Zeit besaßen sie auch nur annähernd den Wert, der ihnen heute zugesprochen wurde. Ein Schatz allenfalls für die Familien, liebenswert durch seine abenteuerliche Geschichte.
    Im Kellerbuch der Hagens waren eine Fülle Haupt- und Ehrenweine verzeichnet, auch diese sogenannte Hochzeitskiste. Das Kellerbuch war verschwunden, doch Nicky, die mit Weinsammlern aus aller Welt zu tun hatte, war irgendwann in den Besitz dieser Information gelangt. Es musste ihr wie ein Wunder vorgekommen sein, als sie aus den Briefen von Walther Hagen erfuhr, dass ausgerechnet diese Kiste den Krieg überlebt hatte. Sie allein wusste, welch einen Wert der Wein heutzutage hatte.
    Der Auktionator zählte die Expertisen auf, die die Echtheit von Flasche, Label und Korken bestätigten. Dann breitete er die Historie dieses Weines aus, der in dem Jahr abgefüllt wurde, als Napoleon auf der Höhe seines Ruhmes war und gleich mehrere Kometen als Kriegsvorboten am Himmel gestanden hatten. Ein Jahrgang, den Goethe in seinem West-östlichen Diwan gepriesen hatte. Die Verkostung einer Flasche dieser Abfüllung vor über zwanzig Jahren hatte ein komplexes Bukett aus Nougat, Nuss, Kaffee, Karamell und Vanille ergeben.
    »Das hab ich auch bei Starbucks«, raunte Marie-Luise.
    Ob Jacek geglaubt hatte, Nicky mit seinem Aprikosengepansche hinters Licht führen zu können? Es war von Anfang an sein Plan gewesen, die Kiste zu zerschmettern, sollte sie je in die falschen Hände geraten. Seiner Nacht-und-Nebel-Aktion war es zu verdanken, dass die Originalflaschen heute in dieser Auktion versteigert werden konnten, die er, kaum zu glauben, in Mareks Bücherstube unter dem Diwan versteckt hatte.
    Zur Herkunft des Weines erzählte der Auktionator, dass er zweihundert Jahre im berühmten Johannishagener Weinkeller archiviert gewesen sei, bevor das Kellerbuch in den Wirren des Zweiten Weltkrieges verschwunden war – und die Kiste gleich dazu. Nun sei sie wieder da. Wie, das war allen Anwesenden herzlich egal. Ihre Gebote, bitte. Ab hundertzwanzigtausend Pfund aufwärts.
    »Was?«, japste meine Begleiterin.
    Ein Ehepaar, das auf den Stühlen direkt vor uns saß, drehte sich ungehalten um.
    Ich wartete, bis die Gebote die Grenze zur halben Million überschritten hatten.
    »Five hundred thousand. Five hundred and ten thousand?«
    Ich hob meine Nummer. Marie-Luise fuhr zusammen.
    Im Saal wurde munter weitergeboten. Bei sechshunderttausend stieg ich wieder ein.
    »Was machst du denn da?«, flüsterte sie in einem Ton, in dem ernste Zweifel an meiner Zurechnungsfähigkeit mitschwangen.
    Eine Telefonbieterin wurde aufmerksam und sah zu mir hinüber. Sie nickte. Sechshundertfünfzigtausend. Ich hob meine Nummer. Wieder zehntausend mehr. Ab siebenhunderttausend hatte ich den Saal in der Tasche. Als Erster stieg der Japaner aus. Dann ein Engländer, dann eine sehr blonde Frau, die russisch aussah. Ab achthunderttausend blieben die Telefonbieterin und ich allein im Ring. Marie-Luise schüttelte ab und zu leicht den Kopf, als wolle sie mir damit zu verstehen geben, dass die Grenze zum Witz schon lange hinter uns lag.
    Bei einer Million war Schluss. Es gab nur noch mich, den Auktionator und die Frau am Telefon. Ich hatte das Limit erreicht. Mehr durfte ich nicht.
    Marie-Luise ging in die Hocke und legte die Hände über den Kopf. Die Sekunden verstrichen. Ich sah mich schon bei Marquardt eintrudeln und seiner Tochter erklären, dass ich die Zukunft ihrer Kinder wegen

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