Versunkene Inseln
und leer. Sie wartete darauf, daß ich sie zum Leben erweckte, die Kraftfelder justierte und Bett und Tisch und Stühle programmierte. Statt dessen schaltete ich alle Ergfelder ab und spannte dann meine Hängematte an den beiden Dübeln auf, die ich schon früher an den Wänden befestigt hatte. Ich entfernte die Abdeckung von den Bücherregalen, holte den Tisch aus dem Abstellraum, baute ihn zusammen und stellt dann den Klappstuhl auf. Eine helle, orangefarbene Decke, auf die Hängematte geworfen, ein kleiner Teppich auf dem Boden – und ich hielt meine Kabine für gemütlich genug, um wieder darin zu wohnen. Ich duschte rasch, stieg in einen leichten Haftanzug, band mir das Haar im Nacken zusammen und machte mich, da die halbe Stunde um war, auf den Weg zur Brücke.
Greville und Harkness berieten sich vor der großen Holokarte des Nordpazifik. Jenny lehnte neben Tobias und starrte bekümmert aus dem großen Fenster. Sie wandten sich beide um und sahen mich an, als ich eintrat, dann drehte sich Jenny wieder zum Fenster. Paul kauerte an der Wand ihnen gegenüber. Er wollte auf mich zugehen, doch ich wandte ihm den Rücken zu und begrüßte Benito, den buckligen Chefingenieur.
„Hallo, Scheusal“, sagte ich.
„Hallo, Scheusal“, gab er zurück und sah mich finster an. Ich nahm neben ihm Platz, und wir teilten ein geselliges, verächtliches Schweigen. Ich konnte sehen, wie sich Paul an die Wand zurücklehnte; sein Gesicht zeigte einen sonderbaren Ausdruck. Natürlich war er Benito bereits am Tag zuvor begegnet, doch der Anblick des Ingenieurs war immer eine Art Schock, selbst für die Unsterblichen, die öfters mit ihm zu tun hatten. Daß er sich nicht nach Australien zurückgezogen hatte war mir ein Rätsel und flößte mir Respekt ein. Ich glaube, ich wäre nie in der Lage gewesen, soviel Mut aufzubringen. Aber das mochte ich ihm nicht sagen.
Li kam wie immer zu spät, schob sich in einen Ergsessel und rutschte einige Male hin und her, damit sich die Kraftfelder der massigen Gestalt anpaßten. Jenny und Tobias traten vom Fenster fort und setzten sich in die Nähe von Hart und Lonnie. Paul nahm schließlich direkt neben Lonnie Platz. Wir waren alle versammelt. Greville machte eine rasche Runde durchs Zimmer, um jeden einzelnen von uns ostentativ zu begrüßen, und als ich an der Reihe war, drückte er mir mit seiner üblichen widerstrebenden Herzlichkeit die Hand.
„Wie geht’s, Tia?“ Sein braunes Gesicht verzog sich und zeigte das Zerrbild eines Lächelns.
„Gut. Und selbst?“
Er ließ meine Hand so rasch wieder los, wie es ihm möglich war, ohne unhöflich zu wirken. „Viel Arbeit, viel Arbeit, wie immer.
Hallo, Benito.“ Er machte keine Anstalten, auch ihm die Hand zu schütteln.
Benito brummte irgend etwas, und Greville kehrte mit allem wissenschaftlichen Ernst, den er auszudrücken vermochte, zum vorderen Bereich der Brücke zurück. Greville hatte sich zu der Zeit entschieden, zu einem Wissenschaftler und Forscher zu werden, als ich vom Mars zurückgekehrt war. Und nachdem alle seine Studien und Lehrgänge abgeschlossen waren, hatte er sich das Klischee vom wissenschaftlichen Gebaren zu eigen gemacht, bis Maske und Identität ein und dasselbe geworden waren. Er liebte es, Brillen zu tragen, randlose Nasenreiter, und er hatte sich sein üppiges, schwarzes Haar an den Schläfen grau gefärbt, so daß sein Kopf nun wie die Blüte einer verwelkenden Steppenhexe aussah. Fürchterlich ernst, pedantisch, korrekt bis hin zur Besessenheit – bei jeder Reise hielt er „Einweisungs“-Reden, steckte unseren Kurs ab, überwachte jeden Tauchgang von seiner sicheren Höhle auf der Brücke der Ilium aus und verhielt sich ganz allgemein so, wie
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