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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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Wenn ich mit einiger Vorsicht zu Werke ging, dann sollte es mir möglich sein, eine Wiederholung des Mißgeschicks im Korridor zu vermeiden – das Übel des schon belegten Raumvolumens. Was, wenn ich direkt durch die Schiffswand geschleudert worden wäre? Ich mußte Orte meiden, an denen sich die Unsterblichen häufiger aufhielten. Man stelle sich nur vor, ich würde mitten in einem von Grevilles Vorträgen materialisieren und die verblüfften Immortalen wie mit einer kleinen Explosion rechts und links von mir durcheinanderwürfeln. Ich verschmolz den Sessel wieder mit der Wand und schob Teller und Glas ins Rückleitfach. Ein letztes Mal sah ich mich in dem Raum um, dann malte ich in meinen Gedanken das Bild einer leeren Ecke im Lager und transferierte.
    Auf leisen Sohlen schlich ich durch den großen Raum und vergewisserte mich, daß ich allein war, woraufhin ich damit begann, die gewünschte Ausrüstung zusammenzustellen. Der Servo war nach dem Tauchgang sicher einer Inspektion unterzogen und dann wieder bei den anderen in der Wartenische an der Innenwand des Tauchschachtes untergebracht worden. Aber die zusätzlichen Dinge würden das Leben angenehmer und komfortabler machen: zwei Energiepakete, ein weiterer Recycler, ein Miniaturgenerator, der mit Salzwasser funktionierte und gerade – aber eben ausreichend – leistungsfähig genug war, um die Energiepakete wieder aufzuladen. Dieser Generator war ein weiteres Spielzeug Benitos. Sein Abfallprodukt war Trinkwasser, und ich erinnerte mich an Benitos fröhliches und stolzes Funkeln in den Augen, als er mir seine Funktionsweise damals zum erstenmal demonstriert hatte. Noch etwas? Ja, einen Pfeiler, um den Servo von der Ilium nach Mitsuyagas Gebäude zu lenken. Ich sammelte die Einzelteile ein, orientierte mich, transferierte in den von Wasser eingeschlossenen Raum – und kam mit leeren Händen an. Ich starrte verwirrt hinunter, schärfte meinen Blick und suchte die weichen, schwarzen Noppen ab. Nichts. Ich transferierte zurück ins Lager und sah die Ausrüstungsgegenstände in einem Durcheinander auf dem Boden liegen.
    Ich setzte mich neben den Recycler und dachte nach. Es konnte nicht einfach nur eine Frage von Gewebe, Blut, Knochen und nichts anderem sein, denn ich war vollgestopft mit künstlichen Ersatzteilen. Und ich vergewisserte mich mit einer raschen Überprüfung, daß alle meine Plastikröhren und Metallgelenke nach wie vor intakt waren und funktionierten. Warum also konnte ich diese Gerätschaften nicht transferieren? Die Beantwortung dieser Frage war überaus wichtig und drängte sehr, denn ohne diese Ausrüstung konnte ich nicht in dem Raum bleiben. Ohne einen zusätzlichen Recycler und die Energiepakete wäre meine Aufenthaltsdauer zu begrenzt gewesen, und der Raum enthielt einige Dinge, für deren Untersuchung ich Zeit brauchte. Ohne die Energiepakete war und blieb der Raum energetisch tot.
    Also mal ganz ruhig nachdenken. Logik. Deduktion. Die fremden und nichtorganischen Bestandteile meines Körpers nahmen an dem Transfer teil, weil sie … assimiliert waren? Akzeptiert? Ein Teil von mir? Das klang schlüssig. Weil mein Bewußtsein sie als für mich notwendig akzeptierte. Das, was ich mit Tia betitelte, was ich als mein Selbst bezeichnete, umfaßte einen bestimmten Bereich des Universums. Und eine unsichtbare Schwelle trennte das, was mein Ich war, von dem, was nicht dazugehörte. Aber vielleicht konnte diese unsichtbare Abschirmung ausgedehnt werden.
    Ich hob den Recycler hoch, stellte mir eine Blase der Bewußtheit vor, die sowohl mich als auch das Gerät einschloß, und als sich mir dieses Bild ganz fest eingeprägt hatte, fügte ich die Konturen von Mitsuyagas Raum hinzu und transferierte. Ich materialisierte in der weichen Schwärze vor dem Torbogen und hielt den Recycler noch immer in Händen. Schlaue und kluge Tia. Ich stellte das Gerät auf den Boden, lächelte, transferierte, lud mir die Arme mit den restlichen Ausrüstungsgegenständen voll und sprang erneut. Ich deponierte die Beute inmitten des Dunkels zu meinen Füßen, sprang zum Eingang des Gebäudes und klebte den Peiler an die Wand. Dann schaltete ich ihn ein und kehrte zur Tauchkammer der Ilium zurück.
    Als nächstes zur Kombüse. Ich transferierte in eine nur wenig frequentierte Vorratskammer, sah mich prüfend um und stellte fest, daß Li nicht hier war. Daraufhin machte ich mich fröhlich daran, seinen Speicher zu plündern: drei Flaschen Wein, zwei Laibe frisch gebackenes

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