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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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pünkt­lich sein wür­de, das wä­re zu­viel ver­langt ge­we­sen, aber ich hat­te an­ge­nom­men, er lie­ße sich frü­her oder spä­ter bli­cken. Nach ein­stün­di­gem War­ten war mei­ne Ge­duld er­schöpft, und ich mach­te mich auf die Su­che nach ihm. Und jetzt konn­te ich ihn nir­gends fin­den.
    Ich schweb­te zur Kom­bü­se hin­un­ter und warf einen Blick hin­ein in der Hoff­nung, Paul hät­te den Ent­schluß ge­faßt, Lis Spei­se­kam­mer zu plün­dern, an­statt einen we­ni­ger ap­pe­tit­li­chen Snack aus der Au­to­ma­tik­kü­che des Schif­fes zu be­zie­hen. Li stand vor ei­nem der Er­g­zu­be­rei­ter. Sein dun­kelblau­er Kit­tel war von der Brust bis zum Schoß mit fei­nem wei­ßen Pu­der be­deckt, und un­ter sei­nen flin­ken und ge­schick­ten Fin­gern nah­men Obst­tört­chen Ge­stalt an.
    „Paul ge­se­hen?“ frag­te ich.
    „Nein, seit dem Es­sen nicht mehr. Warum?“
    „In Ord­nung, dan­ke.“
    „He, Tia, glaubst du, To­bi­as bringt mir doch noch einen Fisch mit?“
    „Ich weiß nicht, Li. Möch­test du, daß ich einen für dich fan­ge?“
    „Äh, nein dan­ke, das ist nicht nö­tig.“ Li wirk­te ver­le­gen. „Ich zie­he ihn nur ger­ne auf, weißt du?“
    „Ja, ich weiß“, sag­te ich und ver­ließ die Kom­bü­se wie­der. Ich wä­re so­fort be­reit ge­we­sen, einen Speer fisch für ihn zu har­pu­nie­ren, aber er lehn­te mei­ne An­ge­bo­te im­mer ab. Manch­mal glaub­te ich, daß in sei­nem Aber­glau­ben auch et­was ent­hal­ten sein muß­te, das die An­ste­ckungs­ge­fahr in Sa­chen Sterb­lich­keit be­traf, aber die­ser Ge­dan­ke er­hei­ter­te mich nur, sonst nichts. Li war kein wich­ti­ger Be­stand­teil mei­nes Le­bens.
    Ich eil­te zur Brücke und warf einen ra­schen Blick hin­ein. Kein Mensch da – die Kon­troll­kon­so­len blin­zel­ten zu­frie­den und summ­ten vor sich hin. Har­kness wür­de es erst dann für nö­tig hal­ten, Ka­pi­tän zu spie­len, wenn wir das Tauch­ge­biet er­reicht hat­ten, in et­wa vier Stun­den. Die ver­blei­ben­de Zeit ver­brach­te un­ser furcht­lo­ser Ka­pi­tän wie üb­lich da­mit, mit Hart in sei­ner Ka­bi­ne hin­ge­bungs­voll rum­zu­ma­chen, Span­nun­gen zu lo­ckern und sich geis­tig vor­zu­be­rei­ten auf die schwie­ri­ge und kom­pli­zier­te Ar­beit, die vor ihm lag – ei­ne Ar­beit, die ge­nau­so­gut der Com­pu­ter er­le­di­gen konn­te, und das mit we­ni­ger Mü­he. Bis da­hin … kein Hart, kein Har­kness und auch kein Paul. Mei­ne Ver­bit­te­rung ver­wan­del­te sich lang­sam in Zorn.
    Mei­ne Ka­bi­ne? Die kam eher in Fra­ge als sei­ne. Er schi­en es über­aus zu ge­nie­ßen, in mei­ner Hän­ge­mat­te zu lie­gen und ins Lee­re zu star­ren – oder, was sel­te­ner vor­kam, ei­nes mei­ner al­ter­tüm­li­chen, in Pap­pe ge­bun­de­nen Bü­cher zu durch­blät­tern.
    Ich ließ mich von der Brücke zur drit­ten Ebe­ne hin­un­ter­sin­ken, schnapp­te mir einen Schwe­ber und saus­te mit ihm über den ge­mus­ter­ten Bo­den des Gan­ges.
    Im Mit­tel­punkt der drit­ten Ebe­ne be­fand sich ein tiefer Schacht, der sich von der zwei­ten Ebe­ne bis hin­auf zum Ober­deck er­streck­te. An sei­nem obe­ren En­de wur­de er von ei­nem Mo­sa­ik vik­to­ria­ni­scher Gla­sor­na­men­te ab­ge­schirmt, das Licht und fri­sche Luft durch­ließ und von ei­nem un­sicht­ba­ren Kraft­feld sta­bi­li­siert wur­de. Die meis­ten Ka­bi­nen der drit­ten Ebe­ne wa­ren dem fi­li­gra­nen Bal­kon zu­ge­wandt, der den Schacht um­gab, doch ich hat­te ei­ne Un­ter­kunft ge­wählt, die an ei­nem klei­nen Ne­ben­kor­ri­dor lag. Durch drei Fens­ter mei­ner Ka­bi­ne blick­te ich auf die Steu­er­bord­sei­te der Ili­um, und der kaum be­nutz­te Ne­ben­gang ge­währ­te mir ei­ne grö­ße­re Pri­vat­sphä­re, als wenn ich di­rekt an der Haupt­ver­kehrs­ader des Bal­kons ge­wohnt hät­te.
    Ich stürz­te mit dem Schwe­ber durch die Lee­re des Schach­tes, lenk­te ihn in den Ne­ben­kor­ri­dor und öff­ne­te die Ka­bi­nen­tür, in­dem ich kurz die Hand aufs Schloß leg­te – es war prak­tisch al­les ein ein­zi­ger Be­we­gungs­ab­lauf.
    Sie er­starr­ten, als ich her­ein­kam. In der schwan­ken­den Hän­ge­mat­te hock­te Lon­nie über Paul, und

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