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Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)

Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)

Titel: Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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abdanken zu können. Die Männer, die unter den schwedischen Fahnen marschiert waren, würden bei einem Friedensschluss eine Entschädigung und Rekompensation für ihr Ungemach fordern. Alle wollten, dass die Abdankung der Armeen auf die bestmögliche Art und Weise abgewickelt wurde – eine unzufriedene Soldateska, die man einfach wegschickte und sich selbst überließ, konnte praktisch mehr Unheil anrichten als eine reguläre Armee –, und allen war klar, dass dies Geld kostete; Uneinigkeit bestand nur darüber, wer es bezahlen sollte. Schweden verlangte nun ziemlich unverschämt, der Kaiser solle die Zeche bezahlen.
    Ein Wust von Spitzfindigkeiten und endlose Streitereien und Beratungen standen noch aus, aber es war offenkundig, dass alle Präliminarien abgeschlossen waren und man sich allmählich auf ein Ende des Krieges zubewegte. Es lag jedoch eine gewisse Unruhe in der Luft. Die Kette von Niederlagen und Katastrophen des Jahres 1645 hatte den Kaiser gezwungen, schließlich am Verhandlungstisch klein beizugeben. Die Frage war, was passieren würde, wenn im Frühjahr das Gras wieder zu grünen begann und die Armeen wieder auf die schmalen Landstraßen drängten: Würden neue kaiserliche Niederlagen neue Zugeständnisse bringen, oder würde sich das Kriegsglück noch einmal wenden?
     
    Nach Abschluss des Kriegsrats in Leipzig im März 1646 konnten Erik und sein Hausvater nach Hause zurückkehren. Beinahe hätte die Reise ein schlimmes Ende genommen, denn unterwegs wären sie fast von einer kaiserlichen Truppe aus Braunschweig gefangen genommen worden, doch sie konnten entkommen. Sie ritten die ganze Nacht, durch Kälte und schneidenden Schneeregen, bis sie in einer kleineren, von schwedischen Truppen gehaltenen Festung in Sicherheit waren.
    Bis zu diesem Zeitpunkt war Erik kein Mann der Krone im eigentlichen Sinn gewesen, sondern lediglich der persönliche Helfer eines Beamten. Im Frühsommer begann jedoch seine Karriere im Dienst des schwedischen Staates.
    In Schweden standen zu diesem Zeitpunkt gut 7000 Mann frische Infanterie und Reiterei, das Ergebnis der jüngsten Aushebungen, und warteten. Diese Truppen sollten nach Deutschland gebracht werden, um die schwedische Armee vor der Sommeroffensive gegen Bayern zu verstärken. Rehnskiöld hatte den Auftrag bekommen, die Überfahrt zu organisieren. Er sammelte Schiffe aus mehreren Städten im Küstenstreifen, und Anfang Juni schaukelten 86 angeheuerte Wasserfahrzeuge der unterschiedlichsten Größen und Typen auf dem Meer vor der Insel Rügen. Rehnskiöld hatte indessen keine Zeit, die Überfahrt persönlich zu überwachen, sondern beauftragte drei Personen damit, die Reise mitzumachen und «sie zur rechten Zeit zur Eile zu treiben». Eine der drei war Erik, der für diese Aufgabe auch zum Kammerschreiber im pommerschen Staat ernannt wurde.
    Erik war noch keine 21 Jahre alt, aber zweifellos hatte er in den fünf Jahren, die er Rehnskiöld als Gehilfe gedient hatte, dessen volles Vertrauen gewonnen. Rehnskiöld brauchte auch jemanden, der ihm nahestand und sein Vertrauen genoss und mit hinüber nach Schweden fuhr. Wie gewöhnlich war die schwedische Krone in finanzieller Verlegenheit, Rehnskiöld hatte bei der Anheuerung der Schiffe eigene Gelder vorgeschossen und wollte nun, dass Erik sie für ihn in Stockholm zurückforderte.
    Am 3 . Juni 1646 segelte Erik mit der kleinen, zusammengewürfelten Flotte nach Schweden. Die Reise verlief problemlos. Bei klarem, schönem Wetter liefen sie zwischen Bornholm und Schonen nach Norden und konnten die große Insel auf ihrer Rechten und die Türme von Ystad fern auf ihrer Linken sehen. Am dritten Tag erreichten sie Kalmar, die südlichste Festung des schwedischen Reiches. Als der langgezogene Konvoi in den Sund einlief, wurden sie von zwei Schüssen von dem hohen und schönen Schloss empfangen: schwedische Losung. Erik stand auf dem Schiff, das den Konvoi anführte, und in dieser Situation hätte der Kapitän seine schwedische Identität bekräftigen müssen, indem er ebenfalls zwei Schüsse abgab. Leider war das Schiff so klein, dass es keine Kanonen trug. Das Schweigen wurde deshalb mit einem weiteren Schuss vom Schloss beantwortet. Eine Kugel flog in einem Bogen über die Wasseroberfläche und schlug mit einer Wasserfontäne vor dem Bug von Eriks Schiff ein. Kurz darauf kam der vierte Schuss brummend über den Mast. Der nächste würde treffen.
    Kalmar. Stich nach einer Zeichnung von Erik Dahlberg (Ausschnitt)
    Kalmars

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