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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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Während einiger hektischer Frühjahrsmonate 1644 reisten die beiden kreuz und quer durch den deutschen Ostseeküstenraum. Zuweilen blieben sie einige Tage in den größeren Städten, während Rehnskiöld überwachte, befahl und verhandelte, dann ging es wieder weiter. Das Tempo war bisweilen strapaziös. Nicht selten ritten sie 60 oder 70 Kilometer am Tag, manchmal bis zu 120 – dies in einer Zeit, da eine Strecke von fünfzig Kilometern als reichlich bemessener Tagesmarsch galt.
    Erik Jönsson war eine reisende Person geworden. Er sollte einen großen Teil seines Lebens auf den Landstraßen verbringen und wurde mit der Zeit einer der am weitesten gereisten Einwohner des schwedischen Reiches. Wie sah der Alltag auf Reisen im 17 . Jahrhundert aus? Sein eigenes Tagebuch teilt darüber nur wenig mit, es enthält zumeist monotone Aufzeichnungen über Übernachtungsorte und die Anzahl der zurückgelegten Meilen.
    Wenn wir uns vorstellen wollen, wie er in diesen Monaten oder auch in späteren Perioden ständigen Reisens lebte, müssen wir uns zuerst von unseren modernen Erfahrungen mit schnellen und guten Transportmöglichkeiten freimachen. Das Reisen im 17 . Jahrhundert war von Langsamkeit und Ineffektivität geprägt. Von Langsamkeit vor allem. Natürlich konnte es manchmal schnell gehen. Gustav Adolf war seinerzeit dafür bekannt gewesen, hart zu reiten und ungerührt ein Pferd nach dem anderen zuschanden zu jagen; er behauptete, 200 Kilometer am Tag zurücklegen zu können. Es war im Ausnahmefall möglich, 240 Kilometer in 24 Stunden zu reiten, doch zum Preis einer beträchtlichen Anzahl erschöpfter Gasthofpferde. (Eine solche Geschwindigkeit setzte den häufigen Wechsel des Reitpferds voraus.) Dies waren jedoch spektakuläre Ausnahmen in einer Welt, in der gemächliches Reiten das Gegebene war.
    Diese Langsamkeit war indessen ein so selbstverständliches Moment im Alltag der Menschen, und sie war es zu allen Zeiten gewesen, dass es zweifelhaft ist, ob man sie überhaupt wahrnahm, ja, ob es sie überhaupt gab. Wahrscheinlich wurde die Langsamkeit erst bewusst wahrgenommen, als die Eisenbahn in das Leben der Menschen einbrach und ihnen erlaubte, sich mit der schwindelerregenden, ja von manchen als krankmachend angesehenen Geschwindigkeit von 40 Kilometern in der Stunde fortzubewegen, was mindestens dreimal so schnell war wie ein Pferdegespann, das von einem heimwehkranken Mann gelenkt wurde. Wahrscheinlich entdeckte man erst da, im Zug sitzend, dass das Vorwärtskommen mit Pferd oder Wagen tatsächlich langsam war. Bis dahin machte man aus der Not eine Tugend, erhob die Gemächlichkeit zur schönen Norm; viele waren der Meinung, dass man still und gemächlich reisen
müsse,
dass Schnelligkeit, soweit sie zu erreichen war, am besten zu vermeiden sei, weil sie unfein und unschicklich war. Eile war nur etwas für Leute, die unter anderer Leute Befehl standen. Sie war das Signum des Dieners. Langsam zu sein, war eine Art und Weise zu zeigen, dass man selbst Herr über seine Zeit war.
    Die Langsamkeit des Reisens beruhte auf verschiedenen Faktoren. Einer davon waren die Launen der Witterung. Ein Dauerregen konnte binnen kurzem einen schönen Weg in ein unbefahrbares Band braunklebrigen Schlamms verwandeln; ein anderes Mal musste der Reisende hübsch auf Schnee warten, weil das Reiseziel nur mit dem Schlitten zu erreichen war. Andere Unwägbarkeiten spielten auch hinein. Es dauerte oft länger, im Herbst zu reisen als im Sommer, denn da wurden so viele Pferde auf den Äckern gebraucht. Viele Standespersonen waren außerdem der Ansicht, nicht reisen zu können, wenn es nicht in angemessener Form geschah, will sagen, eingeschlossen in großen, eleganten Kutschen und umgeben von Bergen von Gepäck, hellebardenbewehrten Wachen, Dienern mit Sonnenschirm und Bediensteten in Livree – und dann ging es eben nicht so schnell. (Dies führte zu dem etwas paradoxen Ergebnis, dass viele bedeutende Personen gern inkognito reisten. Das war sicherer in einem Europa, wo die politischen Verwicklungen Legion waren, und gleichzeitig vermied man die hohen Kosten, die ein stilvolles Reisen erforderte.)
    Die ausschlaggebende Ursache für die Langsamkeit des Reisens war jedoch der Zustand der Wege. Viele waren nichts weiter als breite und hier und da überwachsene Pfade, die in endlosen Windungen zwischen Baumstämmen und Steinen dahinführten, im Sommer belaubte Tunnel von Licht durch das satte Grün:
    Und des Ackerwegs schmales,

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