Veyron Swift und das Juwel des Feuers - Serial: Teil 1 (German Edition)
Büchern, die jemand einfach kreuz und quer aufeinander gestapelt hatte. Aus vielen ragten herausgerissene Seiten, überall auf dem Boden lagen Landkarten und aufgeschlagene Bücher verstreut und man musste richtig aufpassen, nicht darüber zu stolpern. Die Wände waren mit Fotos, Bildern, Skizzen und noch mehr Karten und Auszügen aus uralten Büchern beklebt; alles lediglich mit Tesafilm festgemacht. Am Schreibtisch saß dessen Eigentümer, welcher der Tür den Rücken zudreht hatte. Er war groß und hager, den Kopf voll zerzaustem, schwarzem Haar, das ihm bis in den Nacken hing. Hemd und Hose waren einfallslos dunkel, dafür aber maßgeschneidert, aus teurem, hochwertigem Stoff.
Vorsichtig klopfte Jane an.
»Kommen Sie rein, Willkins. Und weil Sie sich das sicher bereits fragen: es war Inspektor Gregson, der mich in diese Sache hineingeschwatzt hat. Er hat von mir verlangt, mich des Jungen anzunehmen. Er meinte es wäre gut für mich und überhaupt würde ich ihm sowieso noch den einen oder anderen Gefallen schulden«, sagte der Mann, ohne sich dabei umzudrehen. Tom erschrak, auch Jane sah er ein wenig zusammenzucken. Mit angestrengtem Blick schob sie die Tür weiter auf.
Der Mann am Schreibtisch hielt es immer noch nicht für notwendig, sich zu ihnen umzudrehen.
»Willkommen in 111 Wisteria Road, Mr. Packard«, sprach er weiter.
Tom war ein wenig verblüfft, wandte sich an Jane, die aber nur den Kopf schüttelte.
Veyron Swift schien das zu bemerken, oder vielleicht erriet er es auch einfach nur.
»Sie brauchen gar nicht den Kopf zu schütteln, Willkins. Ich tue nur selten etwas, ohne nicht genau darauf vorbereitet zu sein. Ich habe Ihre Karriere ein wenig verfolgt, Mr. Packard. Ihre Eltern kamen bei einem Autounfall ums Leben und danach hat sich ihre Tante, Priscilla Evans, um Sie gekümmert. Allerdings sind Sie dort nicht sonderlich glücklich geworden. Ihre Tante hat Sie verlassen und allein zurückgelassen; obendrein mittellos. Die ganze letzte Woche lebten Sie bei Willkins. Zurück zu Ihrer Tante: Sie hat Sie nur deshalb aufgenommen, um an Ihr Erbe zu kommen. Sie ist ins Ausland geflohen, nach Südamerika. Brasilien möglicherweise, doch sehr viel wahrscheinlicher nach Venezuela – wegen mangelnder Auslieferungsabkommen mit Großbritannien. Keine Sorge, glücklich wird sie dort nicht werden. Wir beiden wissen: Sie ist nicht der sesshafte Typ und ihre sprunghafte Lebensweise kostet mehr Geld als sie besitzt, oder mit ihrer Qualifikation jemals verdienen kann. Aber das brauchen wir nicht weiter zu erörtern. So oder so, sie wird einen bitteren Preis für ihre Schandtat bezahlen.«
Tom konnte nur staunen. Mr. Swift hatte sich immer noch nicht zu ihm umgedreht. Tom blickte zu Jane, die mit den Schultern zuckte.
»Ich hab nichts verraten, Tom. So macht er das immer. Er hält sich für Sherlock Holmes.«
»Irrtum, Willkins. Sherlock Holmes war ein Meisterdetektiv, der anhand genauer Beobachtungen Verbrechen aufklärte, die Wissenschaft der Deduktion, wie er das nannte«, korrigierte Swift sie augenblicklich. »Ein scharfes Auge und ein schneller Verstand sind in der Tat Vorraussetzung, wenn man eine Vielzahl an Informationen zusammenträgt und auswertet. Das meiste über Mr. Packard haben mir seine Lehrer und Inspektor Gregson verraten. Die Motive und die Spur von Miss Evans herauszufinden, war ein wenig komplizierter, aber weit von der Unlösbarkeit entfernt. Sie hat genug Freundinnen in England zurückgelassen, die sehr geschwätzig sind und auch das Internet ist recht hilfreich. Unser guter Holmes hätte ebenso leichtes Spiel gehabt, wie ich. Listig eingefädelt und sorgfältig geplant wäre es ihm – genau wie mir – gelungen, die richtigen Antworten zu erhalten. Allerdings würde Mr. Holmes mein tatsächliches Tätigkeitsgebiet kaum als seriös einschätzen und darüber wohl nur lächeln – so wie Sie mich meistens nur belächeln, Willkins. Sie und Ihre fantasielosen Kollegen.«
Jetzt endlich drehte er sich zu ihnen um. Tom blickte in ein schmales Gesicht mit stechenden, eisblauen Augen, die unter dunklen Brauen lagen. Sein Mund war zu einer schmalen Linie zusammengepresst, was ihm, zusammen mit der scharfen Nase, einen raubvogelhaften Ausdruck verlieh und sofort klarmachte, dass mit Veyron Swift nicht zu spaßen war. Sein Alter ließ sich schwer einschätzen, Tom hielt ihn für etwa Mitte dreißig.
»Ich bin jedoch sicher, Ihr Lächeln wird nicht mehr lange anhalten, wenn ich Ihnen sage,
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