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Video-Kid

Video-Kid

Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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folgte ihm und trug seine Gottesanbeterin an einer dünnen Drahtleine auf der Schulter. Starkbein begrüßte uns mit schwerer Zunge, während er und die anderen Platz nahmen. Die beiden Männer trugen Efeugewinde im Haar.
    Schließlich erschienen Frostfaktor und Eisdame. Beide lächelten breit und hatten sich sehr auffällig - hart an der Grenze zum schlechten Geschmack - gekleidet. Frost hatte seine hautenge, eisblaue Maske abgenommen, denn auf seiner Stirn war eine lange, nur grob genähte Wunde. Mir fiel auf, daß die beiden sich neue Kameras besorgt hatten: große Geräte, fast schon kleine Hopper.
    »Kid, unser kleiner Engel, unser Starschüler, unsere Erquickung!« krächzte Frost. »Laß dich von diesen Armen drücken, laß dieses mein Herz vor Stolz und Freude seinen Schmelzpunkt erreichen!«
    Er umarmte mich vorsichtig, damit meine ungeschützte Haut nicht gefror. Teile meines Einteilers, den ich von Starkbein geliehen hatte, blieben an Frosts Unterarmen kleben.
    »Anna, Schatz«, sagte Eisdame, rauschte zu ihr hin und streichelte meiner Gefährtin mit ihrer Peitsche sanft und liebevoll über die Wange. »Wir begegnen uns zwar heute zum ersten Mal, aber ich möchte dir dennoch aus tiefstem Herzen meinen Dank dafür aussprechen, daß du unseren kleinen Kid ein wenig unter deine Fittiche genommen hast. Er ist uns mehr als nur ein Sohn, er ist unser wunderbar bösartiger Unmensch und ein affenartig guter Schauspieler. Nochmals unseren Dank an dich. Du bist jederzeit in unserer Bande willkommen.«
    Das war das größte Kompliment, das Eisdame machen konnte. Anna schien die besondere Ehre zu spüren. »Vielen Dank, Eisdame«, sagte sie.
    »Wir haben uns um Quadra gekümmert«, sagte Eis zu mir. »Es war das mindeste, was wir für dich tun konnten, Kid. Ihr geht es prächtig, und sie kann es gar nicht abwarten, dich kennenzulernen. Wir haben ihr alles von dir erzählt. Stimmt es eigentlich, daß du deinen Namen geändert hast?«
    »Ja, stimmt«, sagte ich.
    »Alles scheint sich zu verändern«, seufzte Frost. »Die Zone ist nur noch ein Trümmergelände. Heute treffen wir uns am Strand, wenn wir eine Fehde auszutragen haben. Aber leider haben wir viel zu selten Gelegenheit dazu. Meist haben wir alle Hände voll damit zu tun, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Sieh dir nur diese Wunde auf meiner Stirn an. Hättest du dir vorstellen können, daß ein Laie einen so verletzt? Ich sage dir was. diese Revolution hat das Blut der Bevölkerung in Wallung gebracht.« Er schüttelte den Kopf. »Die Bande Soforttods hat sich aufgelöst. Tod und Schmerzen, unsere Lieblingsfeinde sind nicht mehr.«
    Endlich betrat Cewaynie Feuchtlocke den Raum. Sie bewegte sich eher tastend vorwärts, mit dem zögernden, steifen Schritt eines Orbiters, der sich in der unbekannten Schwerkraft zurechtfinden muß. Sie trug den blauen Overall der Hochgleiter, und sie war unfaßbar jung, blaß und schlank. Ihr blondes Haar war zurückgekämmt und unter einem mit Perlen bestickten Barett versteckt. Wie jeder andere in diesem Zimmer trug auch sie Efeu am Kopf.
    »Du bist Kid!« sagte sie andächtig, trat vorsichtig an mich heran und ergriff mit beiden Händen meinen Arm, um die Balance nicht zu verlieren. »Ich heiße Cewaynie Feuchtlocke. Gott im Himmel, kannst du mir wohl vergeben, daß ich deine Kameras genommen habe? Ich handelte aus einem Impuls heraus, weil ich befürchtete, Angelhecht würde entdecken, daß ich die Masse untersuche. Mein Telephoto hat mir dein Bild sofort übertragen. Hätte ich meinen Hopper doch nur mit einer Sprecheinheit ausgerüstet! Aber woher sollte ich auch ahnen, in der Masse auf Menschen zu stoßen? Am allerwenigsten auf dich, Kid.«
    »Tanglin«, sagte Anna.
    Der Alien kam ins Zimmer. Er trug ein schweres Tablett, auf dem etwas unter einer metallenen Glocke verborgen war. Dampf stieg von den Rändern der Glocke auf. »Wir wollen essen«, sagte der Alien. Er trug einen milchigweißen Schleier.
    Die beweglichen Sessel fuhren uns in der vorher festgelegten Ordnung an den Tisch. Annabella Scheinberg saß nun mit dem Rücken zum Bildschirm. Zu ihrer Linken befand sich der ältere Scheinberg, dann Cewaynie Feuchtlocke, Starkbein Nimrod, Allrot Dickicht, Armbrusters leerer Sessel, der Alien, Eisdame, Frostfaktor, Anna, ich und endlich der jüngere Scheinberg zu Annabellas Rechten.
    Rätseling kam, jetzt auf zwei gesunden Beinen, und brachte reich bemalte Teller, Eßstäbchen, Messer und Gabeln für alle Menschen.

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