Video-Kid
stieß Scheinberg die Mündung einer schweren Handfeuerwaffe in die fette Wange und drückte ab. Scheinbergs Kopf zerplatzte, und rote Fleischfetzen regneten herab.
»Sehr effektvoll, was?« sagte Scheinberg grimmig. »Angelhecht hat sich reiner Terrormethoden bedient. Eine recht traurige und geschmacklose Episode in unserer Geschichte, da sind wir uns wohl drüber einig. Soll ich euch die Szene noch einmal zeigen?«
»Großer Gott, nein!« riefen wir beide wie aus einem Munde.
»Prächtig«, sagte Scheinberg. Er drückte wieder auf seinen Armreif. »Du kannst jetzt hereinkommen. Ich habe die Exekution unseres Bruders gerade vorgeführt.«
Ein paar Sekunden verstrichen. Dann trat gemessenen Schritts ein zweiter Münz-Scheinberg in das Zimmer.
»Wir waren einmal zu dritt«, sagte der neue Scheinberg.
»Ja«, bestätigte der erste und strahlte über das ganze Gesicht, als er unsere grenzenlose Verblüffung sah. »Seit nunmehr achtzig Jahren sind wir zu dritt gewesen. Glücklicherweise war der Scheinberg, den man verhaftet und hingerichtet hat, der jüngste Klon. Hm, wahrscheinlich kann man in diesem Zusammenhang nur von Glück reden, wenn man selbst der älteste Klon ist. Du würdest dem sicher kaum zustimmen wollen, was, Bruder?«
»Waren wir jemals gegensätzlicher Meinung?« sagte der neue Münz-Scheinberg lächelnd.
Der erste nickte. »Nein. Wir beide haben uns in meinen Privatgemächern versteckt, als Soforttod kam und unseren armen Bruder verhaftete. Wir haben ohnehin den größten Teil unseres Lebens in den inneren Räumen verbracht, da wir nur schichtweise auftreten. Ihr habt doch sicher schon von dem sagenhaften Ruf gehört, den ich in punkto Vergeßlichkeit genieße. Im Grunde genommen bin ich mit meinem Gedächtnis sehr zufrieden, aber selbst unter Zuhilfenahme von Bändern war es uns nicht immer möglich, alles mitzubekommen, was die beiden anderen gesagt oder getan hatten. Hin und wieder sind wir allerdings auch alle drei aufgetreten. Auf der letzten Harlekinade zum Beispiel.«
»Wir waren überall zugleich«, sagte der zweite Scheinberg und kicherte vergnügt. »Ich bin übrigens der Überraschungsgast des heutigen Frühstücks. Zumindest war es für dich und Anna eine Überraschung. Die anderen dürften mittlerweile alle Bescheid wissen. Ich mußte meine Mehrfachidentität offenlegen, als ich meinen großen Coup in Szene setzte.«
»Meine liebenswerte Gattin wußte natürlich auch Bescheid«, sagte der erste Scheinberg, »aber sie ist eine der wenigen Frauen, die auch einmal etwas für sich behalten können.« Er zwinkerte uns zu. »Ich habe sie geheiratet, weil sie erfahren genug war, uns allen dreien gleichzeitig Befriedigung und Beglückung zu schenken.«
»Jetzt mach doch nicht so eine beschämte Miene, Kid«, sagte der zweite Scheinberg. »Es gab für einen Außenstehenden einfach keine Möglichkeit, unser kleines Geheimnis zu lüften. Wir haben alles Geschick, das wir aufbringen konnten, in die Perfektion unserer Tarnung gesteckt.«
»Und es hat sich ausgezahlt«, ergänzte der erste. »Ich habe hier das nächste Band. Es zeigt, wie die aufgebrachte Menge Angelhecht gestellt und in Stücke gerissen hat. Das geschah zwei Stunden nachdem es mir gelungen war, deine von Cewaynie Feuchtlocke bearbeiteten Bänder ausstrahlen zu lassen.«
»Halt«, sagte ich, »ich glaube nicht, daß einer von uns diese Szenen sehen möchte. Wir glauben dir auch so.«
Die beiden Scheinbergs rieben sich mit einer identischen Geste das Kinn. »Du hast dich ziemlich verändert, Kid. Es gab einmal eine Zeit, da hättest du freudig und lautstark darauf gedrungen, solche überaus gewalttätigen Bilder zu sehen.«
»Ja, ich habe mich erheblich verändert«, sagte ich.
»Also gut, dann seid versichert, daß dieser unerfreuliche Professor genau das bekommen hat, was er verdiente, und vielleicht sogar noch ein bißchen mehr. Die meisten Teile seines Körpers haben wir etwas später wiedergefunden. Vielleicht haben einige der zu Recht aufgebrachten Bürger sich ein Stück Angelhecht als Souvenir mitgenommen. Der Tod von zweihundert Menschen hat natürlich einige Rechnungen aufgemacht, die beglichen werden wollten. Wer will also die Bewohner von Telset für ihre Tat richten?« Beide Scheinbergs seufzten schwer. »Der Tod Angelhechts war die schmerzvolle und blutige Geburt eines neuen Zeitalters. Wo ich es die ganze Zeit vor den Augen habe, Kid, ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich dein Efeu bewundere. Es sieht
Weitere Kostenlose Bücher