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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einem müden Lächeln legte er seine Hände in den Schoß.
    Es war im Dezember, dachte er plötzlich. Juan war fast geheilt, aber noch sehr schwach. Da erschütterte eines Mittags ein greller Schrei die Zimmer auf dem unteren Flur, und er war herausgestürzt und gegen die Stationsschwester geprallt, die blaß und verwirrt zu ihm rennen wollte.
    »Juan«, stotterte sie. »Mein Gott, Herr Professor …«
    Moratalla stürzte über den Flur und riß die Tür zu Juans Zimmer auf. Er glaubte, einen Rückfall zu sehen, eine Stockung des Herzens, und ein eisiger Hauch durchwehte ihn, als er ins Zimmer trat. Aber dann stand er plötzlich still und starrte auf Juan, der am Fenster lehnte, blaß, mit weit aufgerissenen Augen, den Mund noch nach dem Schrei geöffnet. In der Hand hielt er eine alte Schürze … ein Stück schmutziges Tuch, alt, fleckig, farblos fast … und doch erkannte es Moratalla sofort, und er fühlte, wie eine heiße Röte in sein Gesicht stieg.
    Juan hielt ihm den Fetzen weit entgegen. Seine Augen flimmerten, als breche der Irrsinn aus ihnen.
    »Was … was … ist das?« stammelte er tonlos.
    Moratalla faßte sich schnell und antwortete mit einer Frage.
    »Woher haben Sie das, Juan?«
    »Ich fand es unten im Garten auf dem Abfallhaufen! Ich ging spazieren … und da sah ich es liegen, unter Asche und Küchenabfällen … Diesen Stoff … ich kenne ihn … ich kenne ihn …« Und plötzlich schnellte er, mit einem Satz wie ein Raubtier, vor und hielt Moratalla den Stoff unter die Augen. »Eine Schürze!« schrie er grell. »Die Schürze meiner Mutter! Meiner Mutter! Wo ist meine Mutter?!« Seine Stimme wurde schrill und grell. »Wie kommt diese Schürze hierher? Was habt ihr mit meiner Mutter getan?! Wo ist meine Mutter?!!«
    Moratalla nahm ihm den Fetzen Stoff aus der Hand und drückte Juan auf das Bett. Willenlos ließ er es geschehen und schlug die Hände vor die Augen. Schluchzen durchschüttelte seinen Körper, der schmal und eingefallen hin und her schwankte.
    »Mutter!« stammelte er. »O Mutter … Mutter …« Moratalla setzte sich neben ihn, legte den Arm um ihn und drückte ihn an sich, als wäre es sein Sohn, der Trost bei ihm sucht. Seine Stimme war leise und traurig als er sprach, und was er sprach, wußte er nicht mehr, als er das Zimmer später verließ. Er erzählte alles … seine tödliche Krankheit, die letzte Rettung, das Opfer der Mutter, die mißglückte Operation … alles erzählte er, und Juan hörte ihm zu, stumm, nur geschüttelt von seinem Schluchzen. Aber als er geendet hatte, klammerte er sich an Moratalla fest und verbarg seinen Kopf an seiner breiten Brust.
    »Und ich habe sie nicht mehr gesehen«, weinte er. »Ich habe sie nicht mehr gesprochen. Ich hätte es nie, nie zugelassen! Warum hat Pedro es getan? O Pedro, Pedro …«
    »Ihre Mutter wollte es. Ihr Bruder bot sich auch an, sein Herz herzugeben. Aber Ihre Mutter wollte es nicht. Sie wollte keinen Widerspruch. Und – sie war glücklich, ihrem Juanito ihr Herz zu geben.« Moratalla griff in die Tasche, zog die Brieftasche hervor und entnahm ihr ein großes Papier. »Jetzt, wo Sie alles wissen, Juan, können Sie auch die letzten Worte Ihrer Mutter lesen. Doktor Manilva hat sie aufgenommen. Diese letzten Worte werden Sie trösten …«, er stockte, »… wenn es dafür überhaupt einen Trost geben kann …«
    Er gab Juan das Testament Anitas und verließ das Zimmer.
    Als er die Tür hinter sich schloß, sah er, wie Juan ans Fenster ging und das Blatt entfaltete.
    Die Schwester auf dem Gang war bleich und ratlos.
    »Stören Sie ihn nicht«, sagte Moratalla ernst. »Er weiß jetzt alles. Und er wird mit dem plötzlichen Wissen auch fertigwerden. Sein Herz ist gesund … es hat den ersten Schreck überlebt … und das ist wichtig. Wenn er schellt, treten Sie ruhig ein und tun so, als sei es so wie immer. Ich glaube nicht, daß er noch zusammenbrechen wird …«
    Und Moratalla behielt recht. Juan ließ sich nicht sprechen. Seinen Nachmittagskaffee rührte er nicht an, aber als Concha am Abend zu ihm kam, sank er weinend in ihre Arme und umklammerte sie.
    Sie tröstete ihn mit ihren Küssen, und er schwieg auch darüber, daß sie ihn bis heute belogen hatte. Den schmutzigen Fetzen, den er aus dem Abfall zog, dieses letzte Stück, das er von seiner Mutter behalten hatte, breitete er auf seinem Bett aus, und Concha wagte nicht, zur Seite zu blicken und es anzusehen. Juan saß neben Concha und hielt ihre Hand fest. Sein Kopf

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