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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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Kampf hier war anders als unsere gesamten Erfahrungen in den letzten Monaten.
    Wir wurden den ganzen Tag über immer wieder angegriffen. Das ganze Dorf lag unter ständigem Beschuss. So etwas hatte noch keiner hier erlebt. Die Aufständischen setzten ihre ganze Kraft ein, um uns wieder von hier zu vertreiben. Kämpften verbissen und mit aller Härte, und wir konnten ihnen nur auf die gleiche Weise antworten. Hockten Tag für Tag in unseren Stellungen und erwarteten den Feind, der immer wieder angriff. Bekämpften sie mit Artillerie und Flugzeugen, Panzern und Scharfschützen und schließlich auch mit Kampfhubschraubern, die uns von den Amerikanern geschickt wurden.
    Mulis Vorschlag, Tarnfächer anzulegen, gefiel mir besonders gut. Die handwerklichen Aufgaben vertrieben mir über den Tag die Zeit und sorgten dafür, dass ich von meinen Sorgen abgelenkt war.
    Material fand ich zwischen den Bäumen in Hülle und Fülle. Allerdings musste ich in der Schonung langsam aufpassen, wo ich hintrat. Ein ganzer Zug hinterließ dort sichtbare Spuren, und in den kleinen Gräben zwischen den dünnen Bäumen lagen überall kleine Stapel aus Toilettenpapier.
    Die Tarnfächer waren Gebilde aus Ästen und Blättern, Zweigen und Gräsern. Wir stellten sie auf die Spitze des Walles und hofften so, das Vorfeld beobachten zu können und dabei den Blicken der Angreifer zu entgehen. Wir fügten die selbstgebastelten Gebilde so gut es ging in die Struktur des Walles ein und verbesserten unsere Stellung immer mehr. Da wir auch ein paar leere Sandsäcke dabei hatten, konnten wir den zur Seite hin offenen Wall sogar noch stärker befestigen.
    Gegen Abend erreichte uns noch ein Funkspruch. Es gab Informationen, die darauf hindeuteten, dass ein Selbstmordattentäter in Quatliam eingesetzt werden sollte. Während ich etwas zynisch überlegte, ob wir ab sofort jeden Zivilisten erschießen müssten, der auf uns zugerannt kam, stieß ich Mica an, der sich schon hingelegt hatte.
    Wir ham ’ne Attentäterwarnung, berichtete ich.
    Er brummte nur, drehte sich um und schlief weiter.
    Als der Tag sich schließlich dem Ende neigte und ich unser Werk betrachtete, war ich heilfroh, dass die Dunkelheit hereinbrach. Sie versprach Ruhe und wenigstens etwas Entspannung.
    Ein Funkspruch ließ uns noch einmal aufhorchen.
    Hier Mü, wir können jetzt unsere Fahrzeuge in die Dorfmitte holen. Schickt jemanden rüber, Ende.
    Endlich eine gute Nachricht! TJ und Hardy gingen zügig los und verschwanden bald hinter den Bäumen. Zusammen mit den vier anderen von Nossis Trupp und Brandys Gruppe mussten sie den ganzen Weg zur Höhe 432 zurücklaufen. Und weil die Baustelle trotz der einbrechenden Dunkelheit immer noch unter Beschuss stand, waren sie aufgehalten worden. Als die beiden nach Stunden schwer beladen in die Stellung zurückkehrten, weitere Rucksäcke, Schlafsäcke und Verpflegung schleppend, war TJ mit Mica auch noch mit der Nachtwache dran. Er schimpfte noch eine ganze Weile vor sich hin.
    Ich hatte mich schon fast damit abgefunden, noch lange hier bleiben zu müssen. Eine seltsame Mischung aus Angst und Gleichgültigkeit gegenüber der Situation machte sich in mir breit. Erst ein heftiger Knall riss mich aus meinen Gedanken. Ein greller Lichtblitz beleuchtete das große Loch neben unseren Stellungen. Zur Absicherung hatten Mica und Muli dort einen Bodenleuchtkörper aufgestellt. Dabei handelte es sich um eine Phosphorflamme, die durch einen Stolperdraht ausgelöst werden konnte. So wollten wir verhindern, dass uns nachts jemand in den Rücken fiel. Schließlich hatten ein paar Männer aus dem Dorf schon einmal versucht, unsere Stellung auszukundschaften.
    Nun erhellte die ausgelöste Flamme die Dunkelheit und machte ein kleines Stück der Schonung fast taghell. Wir griffen nach unseren Waffen und stürzten an den Rand des breiten Loches. Dann krochen wir vorsichtig weiter und versuchten, in dem grellen Licht einen Überblick zu bekommen. Nichts war zu sehen. Kein Geräusch zu hören. Auch als die Flamme langsam ausbrannte, erkannten wir nichts. Wir spähten angestrengt in die sich wieder ausbreitende Dunkelheit. Dann glitten wir über die Böschung in das Loch hinab und lauschten angestrengt. Nichts. Wir tasteten uns zwischen den Bäumen durch. Jeder Schritt war unendlich langsam, jede Bewegung sehr vorsichtig. Wir mussten höllisch aufpassen, nicht zwischen den Ästen zu stolpern. Ich schaltete mein Nachtsichtgerät ein und bewegte mich achtsam durch die grün

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