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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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schimmernde, verschwommene Umgebung. Als wir den ausgebrannten Bodenleuchtkörper erreichten, raschelte es vor uns. Wir hielten inne und lauschten. Nichts geschah. Mein Atem war das Einzige, was die Stille durchbrach, und ich schloss kurz die Augen, um besser hören zu können. Als ich sie wieder öffnete, bewegte sich ein Schatten langsam auf uns zu. Auch Muli schien ihn bemerkt zu haben, denn er hob vorsichtig seine Waffe und zielte. Ich wagte nicht, mich zu bewegen, blickte nur gebannt in das Unterholz. Mein Herz pochte, meine Hände schwitzten. Der Schatten näherte sich vorsichtig. Auf einmal machte er einen Satz. Er sprang auf uns zu, und ich wäre fast gestolpert. Dann hörte ich ein lautes Knurren und er war verschwunden.
    Erleichtert blickten Muli und ich uns an.
    Scheiß Köter, entfuhr es ihm.
    Als der nächste Morgen anbrach, blieben alle, die keine Wache hatten, erschöpft in ihren Schlafsäcken liegen. Müde und angespannt quälte ich mich aus dem Schlafsack. Ein Blick in den Himmel verriet, dass sich das Wetter wohl bald ändern würde. Er wirkte blass und die Sonne verschwand hinter einem grauen Dunstschleier. Ich zog den Schlafsack über den Kopf und versuchte, weiterzuschlafen. Als mich Mica schließlich durch einen Tritt weckte, war es halb elf.
    Gleich geht’s wieder los, bemerkte er zynisch.
    Es war der vierte Tag in Quatliam und der dritte Tag im November.
    Meine Kleidung stank fürchterlich. Und als ich das gleiche Shirt wie vorgestern anzog, musste ich mich kurz dazu überwinden, es über den Kopf zu streifen. Meine Füße waren weiß und schrumpelig vom Schweiß. Die Stiefel trockneten kaum noch, der Sand war inzwischen in jeder Tasche, in jedem Kleidungsstück, innen und außen und im Rucksack. Die Socken, die am schlimmsten stanken, vergrub ich in einer Ecke. Die übrigen lagen über dem Rucksack, um zu trocknen. Den Kameraden erging es nicht besser. Wir wirkten wie ein verschmutzter, lehmiger Klumpen mit strähnigen Haaren und dunklen Rändern unter den Augen.
    Der erste Angriff erfolgte tatsächlich wieder um die gleiche Zeit. Es war verrückt und beängstigend zugleich. Auch heute schossen sie sehr präzise. Als die Erde oben auf dem Wall wieder zu spritzen begann, rutschte ich in eines der Löcher, die ich gegraben hatte. Es fühlte sich an wie in einem Kokon. Rechts von mir kämpfte Simbo mit einer Störung an seinem Maschinengewehr. Hardy wollte gerade eine Gewehrgranate abfeuern, als er zu Simbo stürzte und mir sein Gewehr in die Hand drückte.
    Hier, schieß du für mich!, brüllte er.
    Zögerlich griff ich nach der Waffe und schob meinen Kopf vorsichtig über den Rand des Walls.
    Joe, du schießt in Bereich zwei, Mica in Bereich eins, Feuer, befahl Muli lautstark.
    Ich hob den Kopf noch etwas weiter, und mein Herz begann wieder in der Brust zu hämmern.
    Scheiße, dachte ich und drückte die Waffe eilig in die Schulter. Obwohl ich Schritt für Schritt entschlossener wurde, wollte ich es einfach nur hinter mich bringen. Ich zielte auf den Graben und drückte ab. Dann schoss ich noch einige Male mit dem Gewehr, bis es klickte. Eine Störung an der Waffe. Im gleichen Augenblick erfüllte wieder das bekannte Pfeifen die Luft. Die Geschosse schwirrten an unseren Köpfen vorbei, und ich hastete in das Loch zurück.
    Kopf runter, schrie ich Simbo und Hardy an.
    Schließlich lagen wir wieder unten auf dem Boden, während über uns die Geschosse einschlugen. Doch da hörten wir plötzlich auch ein anderes Geräusch. Ein dumpfer Knall. Dann noch einer.
    Da schießt ein Schützenpanzer!, brüllte Muli erfreut.
    Wir hatten schon wieder Grund zum Jubeln. Über Funk hörten wir die entspannte Stimme von Freddy, einem der Schützenpanzerkommandanten des India Zuges.
    Ich dachte, ihr könnt hier hinten ein wenig Unterstützung gebrauchen, sagte er entschlossen.
    Er war vor Nossis Stellung herumgefahren und stand jetzt irgendwo zwischen den Stellungen vom Foxtrott Zug und Brandy. Von dort schoss er auf den Graben und die Baumreihe. Das dumpfe Hämmern der Bordkanone erfüllte mich mit einem Glücksgefühl. Er war wie ein rettender Schutzengel zu uns gekommen. Aber nach einigen weiteren Schüssen knallte es laut.
    Hier Freddy, die schießen mit Panzerabwehrraketen auf mich.
    Es folgte ein Einschlag, dann noch einer. Banges Warten. Hatten sie ihn erwischt? Der Kampf war wieder in aller Heftigkeit entbrannt. Freddy musste sich ein Stück zurückziehen, und der Beschuss auf unsere Stellung ging

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