Vier zauberhafte Schwestern und die fremde Magie
bin völlig erledigt, dachte sie.
Nachdem sie leise nach oben gehumpelt und ins Bett zurückgekehrt war, musste sie jedoch feststellen, dass sie nicht einschlafen konnte. Im Mondlicht, das zum Fenster hereinschien, lag sie auf ihrem Kissen und in ihrem Kopf drehte sich alles vor Aufregung.
Wie viele Menschen, überlegte sie, werden in eine Familie geboren, in der magische Kräfte zur Grundausstattung gehören? Sie kannte keinen.
Wir Cantrips sind eine sehr besondere Familie, dachte sie. Magie liegt uns seit Generationen im Blut, das haben zumindest Grandma und Mrs Duggery immer gesagt. Nicht alle Cantrips erbten die magischen Kräfte, und diejenigen, die sie besaßen, schwiegen darüber, so dass niemand genau wusste, wer sie hatte und wer nicht. Manche der Cantrips, die selbst magische Kräfte besaßen, wussten von anderen, bei denen es ebenso war – aber nicht von allen.
Sky dachte an ihre Großmutter, Marilyn, die in ihrer Jugend magische Kräfte besessen hatte. Sie hatte ihre Magie zwischenzeitlich verloren, weil sie sie missbraucht hatte, sie aber später wiedergefunden. Grandma hat uns beigebracht, keine Spielchen mit unserer Magie zu treiben und sie nur für das Gute einzusetzen. Sie und meine Schwestern wären außer sich, wenn sie wüssten, dass ich meine Kräfte angezapft habe, um zu fliegen. Ich werde ständig ermahnt, dass ich zu neugierig bin.
Sky kuschelte sich in ihr Bett, während sie über ihren Ururgroßvater nachdachte. Sidney Cantrip war ein berühmter Süßwarenfabrikant gewesen, und er hatte vor über hundert Jahren Cantrip Towers erbaut. Er war ein Mann der Magie gewesen und hatte diese Magie mit den Grundfesten des Hauses verwoben. Sidneys Porträt hatte einen Ehrenplatz am Fuße der Treppe, und es war eine Familientradition, dass jeder ihm eine gute Nacht wünschte, der auf dem Weg ins Bett an ihm vorbeikam. Mit Sky jedoch redete der Geist des Ururgroßvaters sogar, worüber sich ihre Schwestern lange Zeit lustig gemacht hatten.
Während Sky allmählich in den Schlaf hinüberglitt, dachte sie an Violet Duggery, Sidney Cantrips Nichte. Von allen Cantrips hatte Mrs Duggery über die größten Kräfte verfügt. Als sie im vergangenen Jahr mit über einhundert Jahren gestorben war, waren sie alle sehr traurig gewesen. Gähnend erinnerte sich Sky daran, wie die winzige alte Dame mit dem lila Strickhut und den klobigen braunen Stiefeln in ihr Leben gestapft war. Die Cantrip-Schwestern hatten ihr durchdringender Blick und ihre scharfe Zunge zuerst in Angst und Schrecken versetzt, bis sie erkannt hatten, dass die alte Dame sie beschützte. Sie hat uns gelehrt, erfinderisch zu sein und auf uns selbst zu vertrauen, dachte Sky.
Als sie tiefer in den Schlaf glitt, fiel Sky ein, wie Mrs Duggery eines Tages den Dachfirst mit einem Stapel Dachziegeln im Arm entlanggestapft war, um das kaputte Dach zu reparieren. Ich bin nicht die einzige Cantrip, die gelernt hat zu fliegen, dachte Sky.
Ihr letzter Gedanke galt Zak. Was sage ich bloß, wenn er mich wieder auf das Fliegen anspricht?
Samstag: Der Junge mit dem Raubvogelblick
Als sie am nächsten Morgen erwachte, stellte Sky fest, dass sie noch immer ihre Jeans trug. Nach dem nächtlichen Flug war sie so müde gewesen, dass sie vergessen hatte, ihre Kleider aus- und den Schlafanzug anzuziehen. Eine Weile lag sie einfach da, dachte an ihren nächtlichen Ausflug und daran, wie sie die Konzentration verloren und sich auf der anderen Seite der Mauer wiedergefunden hatte. Ihr linker Knöchel schmerzte noch immer. Sie richtete sich auf, setzte sich auf die Bettkante und stellte die Füße auf den Teppich. Ihr Knöchel war blau und tat weh, aber sie konnte aufstehen. Nachdem sie geduscht und frische Sachen angezogen hatte, schritt sie vorsichtig die Treppe hinunter.
Im Haus war es vollkommen still, aber das würde nicht mehr lange so sein. Sky nahm an, dass ihre Mutter gerade ihre Schwestern abholte. In der Küche machte sie sich etwas zum Frühstück. Durch das offene Fenster drang der Krach des Rasenmähers. Ihr Vater stutzte den Rasen. Eine Weile saß Sky am Küchentisch, trank Apfelsaft und verdrückte eine große Schüssel Müsli, in das sie eine Banane geschnitten hatte.
Während sie aß, dachte sie über ihre magischen Kräfte nach. War sie wirklich über das Haus geflogen? Oder war das alles nur ein Traum gewesen? Nein, es war tatsächlich passiert. Sie hatte einen verstauchten Knöchel als Beweis. Aber davon einmal abgesehen, war es einfach
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