Rolf Torring 120 - Der grüne Käfer
1 . Kapitel
Professor Kennt
«Es bleibt also dabei, daß wir doch mit unserer Jacht weiterfahren, Hans," sagte mein Freund zu mir. „Hoffentlich hat Kapitän Hoffmann noch nicht mit Fahrgästen abgeschlossen! Unser nächstes Ziel ist Schanghai, von dort geht es den Jangtsekiang hinauf, soweit wir kommen."
„Ich freue mich auf die Fahrt, Rolf. Hoffentlich liegt unsere Jacht noch im Hafen!"
Ursprünglich hatten wir die Absicht gehabt, mit den Pferden, die uns der Polizeichef von Fu Tschou gern leihen wollte, nach Hankou zu reiten (siehe Band 119: „Doktor Tjus Karawane"), aber Rolf hatte den Plan dann doch umgestoßen.
Nun hatte er aber mit Hoffmann, unserm Kapitän, verabredet, daß er für eigene Rechnung Vergnügungsfahrten durchführen sollte, da wir die Jacht längere Zeit nicht brauchen würden. Wir hatten gleich nach der Landung in Fu Tschou das kleine Fahrzeug verlassen und uns nicht mehr um die Jacht und um Kapitän Hoffmann bekümmert. Jetzt hatten wir Pongo vom Hotel aus, in dem wir Quartier genommen hatten, losgeschickt, um Kapitän Hoffmann zu uns bitten zu lassen, wenn er mit der Jacht noch im Hafen liegen sollte. Da unser schwarzer Begleiter schon eine ganze Weile unterwegs war, rechneten wir bald mit seiner Rückkehr.
Wir brauchten nicht mehr lange zu warten. Nach einigen Minuten klopfte es, und Kapitän Hoffmann betrat das Zimmer. Pongo hatte ihm bereits erzählt, daß wir noch eine Reise mit ihm unternehmen wollten, anscheinend freute er sich darüber sehr. Als aber Rolf ihn fragte, ob er bereits Passagiere hätte, machte er ein verlegenes Gesicht und antwortete:
„Ja, das allerdings, Herr Torring! Aber ich schicke gleich einen Boten an den Professor, daß ich den Vertrag nicht erfüllen kann."
„Welchen Vertrag, Kapitän?" fragte Rolf. „Sie brauchten doch mit einem Passagier keinen Vertrag abzuschließen!"
„Die Sache liegt etwas anders. Ich hatte sofort ein Inserat in die hier erscheinende Zeitung eingerückt, und daraufhin meldete sich ein Amerikaner, Professor Kennt. Er fragte, ob er die Jacht für sich allein mieten könnte, da er eine Fahrt den Jangtsekiang stromauf zu unternehmen beabsichtige, um den Strom so weit wie möglich zu erforschen. Da mir Professor Kennt ein recht günstiges Angebot machte, sagte ich zu. Heute Nachmittag schon sollte die Fahrt beginnen."
„Und nun?" schaltete ich ein.
„Da Sie, meine Herren, als Eigentümer der Jacht das Fahrzeug brauchen, werde ich Professor Kennt absagen."
„Das ist gar nicht nötig, Kapitän Hoffmann, denn auch wir wollen den Jangtsekiang hinauf. Vielleicht ist es Professor Kennt sogar angenehm, wenn wir mitfahren. Mit wieviel Leuten reist er?"
„Er hat nur seinen schwarzen Diener Sam bei sich, der im Gegensatz zu Pongo sehr klein ist."
„Durch den kleinen Mann wird die Jacht bestimmt nicht überlastet," lachte Rolf. „Wo wohnt der Professor? Ich werde gleich selber zu ihm gehen."
Kapitän Hoffmann nannte uns das Hotel, in dem Professor Kennt wohnte. Er selber verabschiedete sich bald, da er noch mehr Lebensmittel einkaufen wollte, weil wir nun mitfahren wollten. Als er gegangen war, sagte ich:
„Sehr angenehm ist es mir nicht, Rolf, mit einem ollen Professor zu reisen. Die Leute haben so ihre Schrullen und fixen Ideen und wollen immer alles besser wissen. Meist brummen sie etwas in ihren Bart hinein."
„Urteile nicht vorschnell, Hans! Nicht jeder Professor ist ein alter Mann mit halb komischen Marotten. Wenn der Mann uns ausgesprochen unsympathisch ist, können wir ihm immer noch absagen. Erst wollen wir ihn uns einmal ansehen. Komm mit!"
Da Pongo noch Einkäufe in der Stadt machen wollte, sperrten wir unsern Jagdgeparden Maha in das Zimmer des schwarzen Riesen ein und verließen zusammen das Hotel. Pongo trennte sich nach wenigen Minuten von uns. Der Professor sollte ganz in der Nähe unseres Hotels wohnen; wir hatten also nicht weit zu laufen. Als wir den Portier des kleinen Hotels nach Professor Kennt fragten, stellte sich heraus, daß der Professor nicht in dem Hotel wohnte, das er angegeben hatte. Zur Besprechung mit Kapitän Hoffmann war er auf die Jacht gekommen.
„Eigenartig, Rolf!" meinte ich. „Aus welchem Grunde hat der Professor eine Anschrift angegeben, die nicht stimmt?"
Rolf antwortete erst nach einer Weile:
„Er mag seine Gründe dafür haben,
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