Villapark - Koestlbachers zweiter Fall
Köstlbacher hat nur einen passenden
Anzug. Und der ist eher folkloristisch angehaucht. Außerdem steht gar
nicht fest, ob ihm dieser Anzug noch passen würde, weil seit dem letzten Tragen
vor etlichen Monaten Figur eventuell nicht mehr die selbe.
Der Köstlbacher natürlich, wie schon erwähnt, aus dienstlich
relevanten Gründen nie zum Kaffeetrinken in den ›Arcaden‹ . Und letztendlich der Köstlbacher
Dienststellenleiter, gleich unterm Dr. Huber. Und als solcher keine undercover
Einsätze.
Schade, weil ich bin mir sicher, dass der Köstlbacher im Mordfall ›Villapark‹ schneller voran gekommen
wäre, wenn ausnahmsweise doch ein Tässchen Kaffee in der ›Arcaden‹ .
Bestimmt wäre ihm dann das ungleiche Pärchen aufgefallen, das
streitend und wild gestikulierend aus dem Bahnhofsübergang heraus das
Obergeschoss der ›Arcaden‹ betrat und
seinen Disput fortsetzend direkt vor dem dort sich befindlichen Café
Stellung bezog. Nicht, dass sie sich hingesetzt hätten, um sich einen
Latte oder einen Espresso zu genehmigen, wie ich es mit dir beispielsweise
bevorzugt gemacht hätte.
Normalerweise starrst du beim Herumschlendern andere Personen in den ›Arcaden‹ ja nicht gerade an. Erstens
verbietet dir das deine gute Kinderstube und zweitens besteht in den
allermeisten Fällen ja auch kein Grund dazu. Wenn dich freilich so ein
knackiger Po überholt, der es offensichtlich eiliger hat als du, wirst du
deine Blicke nicht gerade bewusst mit aller Gewalt weglenken. Das wäre ja auch
schon fast wieder auffällig.
Die beiden vom Bahnhof zeichneten sich nicht durch einen spektakulären
Po aus. Der junge, vielleicht 20, höchstens 25jährige Mann war groß, größer als
die meisten der heutzutage ohnehin oft Großen jüngerer Generationen.
Vielleicht hat er aber auch bloß so groß ausgesehen wegen seinem fast
bodenlangen, schwarzen Ledermantel, der unten gerade noch einen Blick auf die
ebenso schwarzen Stiefel frei gab und aus dessen Ärmeln, zum Mantel passend,
schwarz behandschuhte Hände hervorschauten. Oben ragte ein weit
hinauf kahl geschorener, kantiger Kopf aus dem makaberen Kleidungsstück.
Die eine Handbreit vom Rasieren verschonten Haare waren platt nach hinten
gegelt.
Wenn dir jetzt nur noch Tätowierungen am Hals und am Hinterkopf fehlen,
damit du die richtige Schublade findest, aus der dieser Typ deiner Meinung nach
gekrochen sein muss, dann muss ich dich nicht enttäuschen. Solche Tätowierungen
gab es reichlich! Abgewandelte Nazisymbole, wie sie der Gesetzgeber nicht
verbietet, die aber dennoch eindeutig die Gesinnung des Trägers jedermann
sichtbar machen. Im Nacken, einem viel zu feisten Nacken für den ansonsten
schlank wirkenden Mann, eine Zahl. 4567. Ein Psychoarzt dafür vermutlich
als Begründung Symbolisierung der Zugehörigkeit zu einem großen Personenkreis.
Auf der Nase hatte der Neonazi eine runde Brille. So eine wie der Himmler
Heinrich eine getragen hat. Wenn du die Brille genauer angeschaut hast, dann
Verdacht, dass da nur normale Fenstergläser drin.
Altersmäßig unterschied sich das Mädchen kaum von dem bedrohlich wirkenden
Mann. Das war aber auch das Einzige, worin sich die beiden ähnlich sein durften.
Die junge Frau reichte dem Mann gerade mal bis zu dessen Brust. Zudem war sie
ein bisschen pummelig, was dem Auftritt der beiden eine gewisse Komik verlieh.
Auf der Bühne wären sie nach einer guten Maske locker als Karl Valentin und
Liesl Karlstadt durchgegangen. Die Bekleidung des Mädchens war ebenso ein
Hingucker wie die ihres wutentbrannten Begleiters. Sie schien eine Vorliebe für
Pink zu haben. Jedenfalls war alles an ihr in dieser Farbe gewählt, angefangen
bei ihren Pumps, der Strumpfhose, dem kniefreien Minirock, dem dazu passenden
T-Shirt und schließlich der offen getragenen Allwetterjacke. Nur der
kleine Rucksack auf ihrem Rücken wich von dieser Farbe ab, dagegen nicht das
Gestell der Sonnenbrille, die im schulterlangen, blonden Haar steckte.
Selbst Fingernägel und Lippenstift hatte das Mädchen passend zu den Klamotten
in Pink gehalten.
Die beiden haben sich gestritten. Aber ich denke, du wärest auch ohne
diesen Streit auf sie aufmerksam geworden, weil so ein Auftritt nicht alle Tage
in den ›Arcaden‹ .
»Ich mache dieses Affentheater einfach nicht mehr mit!«, kreischte die
Kleine mit schriller Stimme, ging dabei einen Schritt auf den Mann zu, als
wollte sie ihm an die Gurgel, drehte dann abrupt um und entfernte sich zurück
in Richtung
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