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Violet (Erinnert) (German Edition)

Violet (Erinnert) (German Edition)

Titel: Violet (Erinnert) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Neff
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Lassen Abzweigungen links und rechts von uns liegen. Lassen uns in andere Schächte aus kaltem, glatten Metall hineingleiten, die uns weiter, tiefer in die Anlage hinein führen. Der Lüftungsschacht öffnet sich nach einer gefühlten Ewigkeit in einen Hohlraum. Wir befinden uns tief unter der Erde. Wenn ich meinem Raumgefühl noch trauen kann.
    „Das ist ein Heizungsraum. Gebäudeinstallation. Es gibt keine Ausgänge und warm ist es auch immer“, sagt Hope. Jetzt erst sehe ich, dass eine schmale Matratze auf dem Boden liegt und ein paar Decken und Klamotten daneben und eine Taschenlampe. Ich erkunde den Raum, der einmal Hopes Zufluchtsort war. Denke ich.
    Rohre kommen aus der Wand, treffen sich mit anderen dutzenden ihrer Artgenossen und verschwinden wieder im Boden, der Decke oder der gegenüberliegenden Wand. Hunderte Lämpchen leuchten hier und da auf dem Ofen auf.
    „Wann warst du zuletzt hier?“, frage ich Hope.
    „Vor ein paar Monaten.“
    „Und was hast du hier gemacht?“
    „Beobachtet“, sagt Hope.
    „Darf ich mich hier hin setzen?“
    „Nur zu. Fühle dich wie daheim.“
    Daheim? Wie fühlt man sich, wenn man daheim ist?
    Ich setze mich auf die Matratze und bemerke etwas Hartes unter meinem Hintern, unter der Decke. Ich sehe nach, um was es sich handelt und ersticke.
    Es ist ein Flex-Screen.
    Ich starre es an und innere Bilder steigen in mir auf. Das kann unmöglich sein. Es gibt bestimmt hunderte, tausende dieser Geräte auf der Welt, sage ich mir. Und dennoch denke ich nur an eins. An Jesse. Er ist Besitzer eines solchen Geräts, mit dem er immer in Kontakt zu Flavius stand, wenn wir in den Zonen auf Streife waren.
     
    „Jemand war hier. Erst kürzlich“, höre ich eine Stimme, die zu Hope gehört, während ich wie in Trance das Flex-Screen in meiner Hand halte.
    „Was war das?“, fragt Adam und kramt den mobilen Computer heraus. Ich habe das Piepsen auch gehört. „Hey er hat sich mit dem drahtlosen Netzwerk verbunden.“ Adam klingt begeistert. Ich schiebe mich weiter nach hinten auf die Matratze, sinke auf die Knie. Sie ist weich. Sie ist warm. Warm?
    Hope ist damit beschäftigt sich umzusehen. Immer wieder sagt sie, dass jemand hier war. Hier in ihrem geheimen Schlupfloch. In ihrem Versteck. Sollte ich ihr sagen, dass die Matratze noch warm ist?
    Adam hat den Computer auf eine Konsole gestellt und tippt auf der Tastatur herum. Sein Gesicht reflektiert die Spektralfarben, die von dem Monitor ausstrahlen. Seine Augen leuchten, strahlen Neugierde aus, während ich den Flex-Screen betrachte und von links nach rechts über den Bildschirm streiche.
    „Wir warten hier bis zur Nachtschicht, dann sehen wir uns um“, sagt Hope.
    Der Screen flammt auf.
    Passworteingabe erforderlich. Steht da.
    Ich gebe das einzige Passwort ein, das ich kenne. Und obwohl sich alle Vernunft in mir sträubt und mir immer wieder sagt, das kann nicht sein. Das kann nicht sein.
    Das ist unmöglich, dass er hier war, bestätige ich die Eingabe.
    Engel.
    Das einzige Passwort, das ich kenne ist Engel. So hat mich Jesse immer genannt. Seinen Engel. Dann öffnet sich das Kommunikationsmenü, ich bin drin und mein Herz hört auf zu schlagen. Jesse war hier. Das ist sein Flex-Screen.

Kapitel 15
     
    Offensichtlich hat Jesse Nachrichten verschickt. Sie liegen zwar Wochen zurück, aber die letzte wurde erst kürzlich, vor zwei Tagen versendet. Vor zwei Tagen? Himmel, könnte mir mal bitte jemand erklären, wie man atmet. Vor zwei Tagen versendet, an Flavius. Mein Herz setzt wieder ein. Wie lange habe ich jetzt nichts mehr von meinen Freunden gehört. Von Jesse. Diese Zeilen hat er geschrieben.
    Ich erinnere mich an Sektion 13.
    Jesse und ich standen oft mit Flavius in Kontakt, wenn wir in den Zonen auf Patrouille waren.
    Aber was hat Jesses Flex-Screen hier zu suchen. Bedeutet das wirklich, dass er nicht in Sektion 13 ist? Das er hier ist. Hier war? Vor zwei Tagen.
    Ich habe meine Beine ausgestreckt und halte das Flex-Screen in meiner zittrigen Hand. Ich falte es ganz auf, berühre die erste Nachricht mit zwei bebenden Fingern.
    Sie leuchtet auf.
    Öffnet sich. Ich erkenne sofort, dass es Jesses Worte sind, die ich lese.
    Dass er es ist, der berichtet wo er war, was er sah. Ich erinnere mich an seine Berührungen auf der Krankenstation. An den Wunsch in mir ihn zu küssen, damals im Skygate. Ich streiche unwillkürlich über das Papier, das keines ist.
     
    Gesendet: Di 100975 21:21
    An: FGS, Sek 13
    Wir haben gegen Mittag

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