Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Virtuelles Licht

Virtuelles Licht

Titel: Virtuelles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
kleinste Mikroleicht-Modell. Wie Schüsseln geformt.
    Französische Aérospatiale-Geschützplattformen, wie man sie in den Nachrichten aus Mexico City sah, und er vermutete, daß sie der Aufsicht des ECCCS
    unterstanden, des Emergency Command Control
    Communications System, das den Todesstern betrieb.
    Einer der Hubschrauber flog in ungefähr sechs Meter Höhe über ihn hinweg, und er sah die Rohrbündel eines Geschützes oder Raketenwerfers.
    »Verdammt«, entfuhr es Rydell, während er zur
    Zukunft des bewaffneten Streifendienstes hinaufschaute.
    »LAPD. AUFSTANDSBEKÄMPFUNG.
    NOTFALL. BLEIBEN SIE, WO SIE SIND.«
    Frauen begannen zu schreien.
    Rydell begann zu laufen.
    459
    Er lief an Swobodow und Orlowsky vorbei, die zu
    drei Helikoptern hinaufschauten, die eindeutig auf sie zukamen. Die Münder der Russen standen offen, und die Halbgläser von Orlowskys Brille sahen aus, als ob sie ihm gleich rausfallen würden.
    »AUF DEN BODEN, MIT DEM GESICHT
    NACH UNTEN, ODER WIR SCHIESSEN.«
    Er rannte an Freddie vorbei, der flach auf den
    Granitplatten lag und tat, was die Helikopter sagten, die Hände samt Laptop über dem Kopf.
    Dann sah er Warbaby, der zurückgelehnt auf einer
    schmiedeeisernen Bank hing, als ob er schon ewig dort gesessen und das Leben einfach an sich hätte vorüberziehen lassen. Warbaby sah ihn ebenfalls. Sein Stock lag neben ihm auf der Bank. Er nahm ihn zur Hand, träge und bedächtig, und Rydell war sicher, daß er gleich weggeblasen werden würde. Aber Warbaby, der so traurig dreinschaute wie immer, hob den Stock nur wie zum Gruß an den Rand seines Stetson.
    »WEG MIT DEM STOCK.« Die verstärkte Stimme eines Cops vom Einsatzkommando, der im Bunker in den gehärteten Kellergeschossen der City Hall East saß und seinen kleinen Aerospatiale über ein Telepräsenzgerät steuerte. Warbaby zuckte die Achseln und warf den Stock weg.
    Rydell rannte weiter, durch die offenen Tore und zu Karen Mendelsohns Tür. Die stand halb offen; Karen und Chevette Washington hatten beide die Köpfe 460
    rausgestreckt, und die Augen drohten ihnen aus den Höhlen zu springen.
    »Rein!« brüllte er.
    Sie glotzten ihn nur mit offenen Münden an.
    »Rein mit euch!«
    Neben der Tür war ein Haufen großer Pflanzen in
    einem Terracottatopf, der ihm ungefähr bis zur Taille ging. Er sah, wie Loveless um das Gewächs herumkam und seine kleine Pistole hob; er hatte ein silbriges Sakko an und trug den linken Arm in einer Schlinge; sein Gesicht war mit Mikropore-Pflastern übersät, die nicht ganz die richtige Farbe hatten, so daß er aussah, als ob er Lepra hätte oder so. Er hatte sein Lächeln aufgesetzt.
    »Nein!« schrie Chevette Washington. »Du
    mörderischer kleiner Scheißkerl!«
    Loveless schwenkte die Pistole herum, so daß sie
    ungefähr dreißig Zentimeter von ihrem Kopf entfernt war.
    Und Rydell zog Wallys Taschenlampe heraus.
    Er hatte noch nie gesehen, was eine Dosis
    Peperonigas aus dieser Nähe, und größtenteils ins Gesicht gefeuert, anrichten konnte. Es war so ähnlich wie bei Sublett, wenn der einen allergischen Schock bekam, nur viel schlimmer, und die Wirkung trat praktisch sofort ein.
    Loveless schaffte es nicht mal mehr, auf den Abzug zu drücken, was zugegebenermaßen recht eindrucksvoll war.
    461
    »Du total ausgenipptes Arschloch«, sagte Karen
    Mendelsohn immer wieder. Ihre Augen waren
    geschwollen, als ob sie durch einen Hornissenschwarm marschiert wäre. Sie und Chevette hatten beide den äußeren Rand des Pfeffersprays abbekommen, und Sublett hatte so viel Angst vor den Rückständen, daß er in einen Schrank in Karens Schlafzimmer verschwunden war und nicht herauskommen wollte. »Du ausgeflipptes, unglaubliches Arschloch. Weißt du eigentlich, was du getan hast?«
    Rydell saß einfach da, in einem ihrer weißen,
    aggressiv-nostalgischen Sessel, und horchte auf die Hubschrauber, die draußen rumbrüllten.
     
    Später, als alles ans Licht kam, fanden sie heraus, daß die Republik der Sehnsucht Warbaby und die anderen als Bombenbastler im Sold der
    Separatistenfront von Sonora ausgegeben hatten, die genug hochexplosive Stoffe in Karens Wohnung gehortet hatten, um die Brustwarze von der Titte zu sprengen und bis nach Malibu zu schießen. Und sie hatten auch ein Geiselnehmer-Szenario eingebaut, um sicherzustellen, daß die Jungs vom Einsatzkommando vorsichtig eindrangen, wenn es denn sein mußte. Aber als die echte, leibhaftige Aufstandsbekämpfungstruppe dann reinging, hätte es ziemlich haarig

Weitere Kostenlose Bücher