Vögelfrei
Benjamins Tröte - Blümchensex war gestern .« Ich antworte: »Und du? Leo Lolli, unvergessen in Captain Futloch - Schwarze Löcher im All und Dr. Schnackels und der Leckomat !« Ich muss so lachen, dass ich einen Schluckauf bekomme und Leo mir zeigt, wie man am besten mit Champagner gurgelt.
Wir giggeln noch, als Jannik Samir hereinführt, der als Maharadscha gekleidet ist. Er küsst mir die Hand, und ich knickse sogar. Sein Bild in den deckenhohen Spiegeln gefällt ihm offenbar, und er betrachtet sich ausführlich selbst, den großen, breitschultrigen dunkelhäutigen Mann mit samtschwarzem Haar. Sein violettes Seidenhemd mit der aufwendig bestickten Brokatweste knistert bei der kleinsten Bewegung. Er steht einfach nur da, nippt gelegentlich an seinem Aperitif und beäugt uns.
Niemand spricht. Zwischen Hildes Augenbrauen steht eine steile Falte. Natürlich hat sie Samir wiedererkannt, und sie ahnt, dass das heute Abend nicht einfach eine gewöhnliche Party werden wird, die Arme. Hilde ist immer so schnell mit allem überfordert, sie hält sich selbst für ein ganz zartes Pflänzchen, mit dem man vorsichtig
und behutsam umgehen muss, weil sie sich sonst auflöst wie eine Pusteblume. Und dabei vergisst sie, dass der Löwenzahn ein ziemlich gewalttätiger Stängel ist, der sich sogar durch Asphalt bricht.
Der nächste Gast kommt herein.
Malte, der es wie üblich nicht für nötig gehalten hat, sein Designerhemd zu bügeln oder seinen grauen Sechstagebart zu rasieren. Schlunzig kommt er auf mich zu, sieht sich um, entdeckt die surrenden Dildos überall im Raum und grinst.
Ich hauche ihm einen Luftkuss entgegen und flüstere ihm beruhigend zu, dass das wirklich nur ein Dinner ist und es sicher nicht zum Austausch von Körperflüssigkeiten kommen wird. Er sieht zu der üppig gedeckten Tafel, reibt sich den Bauch und grummelt etwas Zustimmendes. Ich stelle ihn mit seinem Glas neben Leo, der offensichtlich rätselt, woran Malte ihn erinnert, aber er kann nicht darauf kommen. Weil keiner etwas sagt, zeigt Malte auf die halb verkohlte Geisha-Maske, die an der Wand hängt, und sagt mit seiner rauchigen Stimme: »Hast du die also retten können.«
Ich nicke.
Er schlägt sich mit der Hand gegen die Stirn, als hätte er jetzt alles verstanden, und ruft anerkennend: »Na klar, das hier wird ein Phönixfest! Heißer Abriss! Und die Versicherung war üppig, ja?«
Er macht eine weite Bewegung, die den ganzen Raum einschließt. »Da musst du aber unglaublich geschickt gewesen sein, wenn das keiner bemerkt hat! Normalerweise recherchieren die bei Bränden mehr als bei Mordfällen. Wegen des Geldes.«
Ich schüttle den Kopf und sage: »Kein Phönixfest« und proste allen noch einmal zu.
Wir sind fast komplett. Unauffällig und still hat sich Leander an meine Seite gesellt. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie er hereingekommen ist. Er trägt zwei Gläser in den Händen - meines scheint schon wieder leer zu sein - und stößt mit mir an. In seiner Gegenwart fühle ich mich immer noch, als wäre ich eine schüchterne, aber plötzlich erhitzte Jungfer, die zum ersten Mal ahnt, welche Freuden noch auf sie warten. Er ist der Mangaprinz aus dem japanischen Comic, mit langem schwarzen Haar und geschminkten Augen, dünn und trotz seiner hochhackigen Stiefel kaum größer als ich. Ich küsse ihn lange, und mein Herz schlägt schnell, während sich unsere Zungen berühren. Ich würde gern meine Stirn an seine legen und meine Hand auf sein Herz, ihn fragen, wie es ihm geht, und mir dabei wie immer, wenn er mich umarmt, vorstellen, dass sich aus seinem Rücken zwei große nachtschwarze Flügel auffalten. Ich würde jetzt gerne seinen mädchenhaften, leichten Körper auf mir spüren und fühlen, wie er in mich eindringt und mich dabei ununterbrochen ansieht und mir zuflüstert, wie schön ich bin, um darauf zu erwidern: »Nein, du bist schön.«
Während wir ineinander versunken dastehen und uns die Gesichter streicheln, schlägt die große Tür zu, und Gemma steht im Raum. Natürlich ist sie die Letzte. Gemma braucht den ganz großen Auftritt, und sie macht ihn gut. Ich sehe sofort, dass Hilde sich an sie erinnert. Sie wird sie aus dem kleinen Lokal in ihrem Viertel kennen. Auch Leander zuckt zusammen bei ihrem Anblick, fängt sich aber schnell wieder.
Gemma ist die Gundel Gaukele der städtischen Erotikszene. Ihr Privatclub, in dem es von Latextango-Partys bis zu ausgefeilten S/M-Inszenierungen alles zu erleben gibt, was man sich nur
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