Vögelfrei
Er verschlingt den ganzen Raum mit seinen großen, glänzenden Makakenaugen. Ich kann genau sehen, dass er überlegt, ob er wohl in einem Bordell gelandet ist. Vor allem Jannik irritiert ihn, obwohl der selbst keine Miene verzieht und wie ein schweigender, geschäftiger Pinguin hin und her läuft, ihm das Essen quittiert und mit seinen weißen Handschuhen eine einladende Geste in meine Richtung macht.
Was der Caterer nicht weiß: Er ist nicht nur der Auftakt für eine große Dinnerparty, er ist auch der letzte Unbekannte, den ich in diesem gerade vergangenen wilden Jahr ficken werde. Denn dies hier ist der krönende Abschluss meiner Vögelfreiheit. Ein Jahr lang hatte ich einen Freifahrtschein, mein Mann hat ihn selbst unterschrieben: Zwölf Monate lang darf ich ficken, vögeln, kohabitieren, lecken, lutschen und ganz allgemein tun und lassen, was ich will, mit wem ich will, wie oft ich will, wo ich will, wann ich will. Und ich hatte nicht nur die Erlaubnis. Ich hatte das Recht dazu.
So stehe ich jetzt an den Flügel gelehnt da in meinem engen schwarzen Kleid und lasse die nackten Arme ausgebreitet auf dem Instrument liegen. Die breite Narbe, die wie ein Stammeszeichen meinen rechten Oberarm vertikal durchschneidet, ist bei der schummrigen Beleuchtung mit den vielen flirrenden Farben und Spiegelungen
kaum zu sehen, und sie geht ihn auch nichts an. Und obwohl von den Dutzenden winzigen Knöpfen an der silbernen Borte, die das Kleid vom Hals bis zu den Knöcheln zusammenhalten, kein einziger geschlossen ist, er also freien Blick hat auf meine nackte Haut, meine Brüste, meine blitzblank rasierte Möse, versucht er immerhin, mir ins Gesicht zu sehen. Das ehrt ihn, ist aber zwecklos, denn das Kleid hat am Rücken eine große weite Kapuze, die ich bis in die Stirn gezogen habe, sodass ich wie eine augenlose Priesterin am Flügel stehe und die Beine aneinanderreibe.
Er weiß nicht, was er tun soll, zwirbelt an seiner Uniformjacke herum, schluckt hart, tritt von einem Fuß auf den anderen. Ich lege den Kopf leicht zurück, nehme das Glas mit dem Champagner, trinke erst, lasse dann aber die Hälfte über meinen Körper fließen bis zu meinen nackten Füßen.
Ich trage niemals hochhackige Schuhe, auch nicht zur Abendrobe. Hohe Hacken haben Männer erfunden, die es lustig finden, wenn Frauen im Film auf der Flucht vor Aliens stolpern, sich in den Matsch werfen und dabei ihre Bluse zerreißen. So eine bin ich nicht. Vor mir hätten eher die Aliens Angst. Einem halb narkotisierten Opfer kalte Instrumente in den Popo schieben, dabei den kleinen grünen Alienpimmel melken und das Ganze Wissenschaft nennen, also bitte, ist das pervers?
Ich winke den Caterer zu mir. Er trippelt wie ein Rennpferd hinter der Absperrung und macht dann einen langen Schritt auf mich zu. Ich nehme sein Gesicht zwischen meine Hände, sehe ihm tief in die Augen, die ein überraschendes katzenartiges Grau haben, lächle ihn an
und lecke ihm langsam und genüsslich übers Kinn: mal mit der breiten Zunge, mal nur mit der Spitze - manche Briefmarken schmecken besser -, bis ich an seinem Mund angekommen bin und zwischen seine Lippen züngele. Er steht stocksteif da und ist so erstarrt, dass er nicht auf meine Hand achtet, die vom Flügel gerutscht ist und ihm zwischen die Beine greift. Er atmet scharf ein und dreht seinen Blick wieder in Janniks Richtung, der ungerührt das Silber nachpoliert und Konfekt in eisgekühlte Schälchen verteilt. Ich stelle einen Fuß auf die Fensterbank neben dem Flügel, lasse den letzten Schluck Champagner über meinen Körper laufen und ziehe den Kopf des Caterers am Nacken zwischen meine Brüste.
Die Rötung der Laserbehandlung eine Handbreit über dem Herzen ignoriert er. Gehorsam fängt er an zu lecken, erst zwischen den Brüsten, dann lutscht er sehr schnell auch meine Nippel. Er schnappt danach, als wäre er in Sicherheit, wenn er erst richtig angedockt hätte. Hier haben Männer das gleiche Problem wie die Saugnäpfe im Bad. Die Wand ist immer stärker. Da liegen sie längst mit einem leisen Plopp abgefallen auf den Badezimmerfliesen, wo sie in einer klebrigen Schicht aus Katzenklokrümeln und Haarspray festpappen, aber die Wand steht. Und wenn sich der Mund auch noch so vakuumartig um die Brustwarze schließt: Die Frau, an der der Mann hängt, ist nicht seine Mama, und die Gefahr wird niemals vorbei sein.
Immerhin fühlt es sich angenehm an, wie er da saugt. Meine Zitzen werden hart und brennen. Er ist ein wirklich
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