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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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um 4 Uhr 55 höre ich nicht mehr, so müde bin ich. Um neun Uhr wache ich neben meinem Fenster und meiner Passantenliste auf. Traumlos. Ich räkle mich und überlege, ob ich nicht noch einmal ins Bett gehen soll. Wenn ich in der kommenden Nacht um Punkt fünf Uhr weiterzählen würde, dann könnte man die Hochrechnung immer noch gut gebrauchen. Sicher gibt es keinen großen Unterschied zwischen dem Passantenaufkommen am Mittwoch- und am Donnerstagmorgen. Ich lege mich ins Bett und schlafe sofort wieder ein.
    Ich träume von einer Gerichtsverhandlung auf Sombrero, bei der ich wegen Falschsägerei zu drei Jahren Haft ohne Klodeckel verurteilt werde. Es gibt Geschworene wie in den USA, allesamt Thunfische in Anzügen. Der Richter ist Flik. Er verkündet das Urteil und klopft mit seinem blauen Schalke-Hammer. Tock, tock, tock. Immer und immer wieder. Ich schreie noch, dass ich unschuldig bin, da wache ich zitternd auf. Ich ziehe die Bettdecke über meinen Kopf, aber das Klopfen bleibt. Seltsam. Ich spitze kurz unter der Decke hervor. Alles ist wie immer in meinem Zimmer, keine Geschworenen, kein Richter, kein Fernsehteam. Ganz bestimmt höre ich noch die Tonspur aus meinem Thunfisch-Traum, sehe aber schon die Bilder aus der Realität. Tock, tock, tock macht Richter Flik. Das Klopfen kommt von der Tür, kein Zweifel. Ich schaue auf die Uhr. Der kleine Zeiger sitzt auf der Zehn. Um die Zeit sind Gerichtsverhandlungen durchaus denkbar, das hab ich schon im Fernsehen gesehen. So leise es geht, krabble ich aus meinem Bett und schleiche mich zur Tür.
    Tock, tock, tock.
    Vorsichtig schaue ich durch den Spion. Vor der Tür steht Flik und schaut auf den Boden. Seltsamerweise hat er keine Richterklamotten an, sondern sieht aus wie immer. In der Hand hält er einen bunten Karton. Ob er mich gehört hat? Ich schiele noch einmal durch den Spion. Flik schaut immer noch stumpf auf den Boden. Vorsichtig schleiche ich zurück ins Schlafzimmer und rolle mich unter der Decke zusammen.
    »Simon! Bist du da?«, ruft Flik, ohne zu klopfen. Ich nicke kurz. Gruselig, wenn man nichts sagen darf. Der arme Kerl! Kommt zu mir, und dann mache ich nicht auf. Sicher macht er sich Sorgen. Ich werde ihn irgendwann die nächsten Monate anrufen und alles erklären.
    »Siiiiiimmon, verdammt noch mal!«
    Das Klopfen verstummt. Dann höre ich, wie die Aufzugtüre auf- und wieder zugeht. Gott sei Dank! Ich entrolle mich und atme tief durch. Nach einer Weile schlafe ich sogar noch mal ein und verschlummere glühwürmchenfreie zwei Stunden.
    Es ist schon fast Schlemmerfilet-Zeit, als ich wieder aufwache und mich in die Dusche schleppe. Eine gute Minute stehe ich ratlos in der Kabine und rätsele, warum das Duschen heute so komisch ist. Dann erst weiß ich, woran es liegt, und drehe das Wasser an. Ich muss laut lachen, denn ich habe eine Idee, wie ich der internationalen Kosmetik-Mafia ein Schnippchen schlage, und das ganz dreist um die Mittagszeit! Ich nehme nämlich das Duschgel für meine Haare! Und mit dem Shampoo reibe ich meinen Körper ein. Schon nach Sekunden merke ich: absolut kein Unterschied. Ha! Wer hat's erfunden? Der Simon! Wenn das alle machen würden, also Duschgel und Shampoo einfach so vertauschen, dann gäbe es ein ganz schönes Durcheinander bei L'Oreal und Co. Dann säßen die schön blöd da, in ihren riesigen Konferenzräumen, und ein Krisengespräch würde das nächste jagen. Auf der anderen Seite: Das wäre denen bestimmt eine schöne Stange Geld wert, wenn ich auf diese Revolution verzichten würde. Ich muss mir das dringend aufschreiben, nicht, dass ich es vergesse. Als meine Haut schrumpelig wird, drehe ich das Wasser aus und steige auf meinen gelben Duschteppich. Dann drehe ich mich noch einmal um und starre auf den Hahn. Wer sagt eigentlich, dass das Wasser aus sein muss, wenn man aus der Dusche steigt? Sollte Wasser nicht fließen, so wie es überall in der Natur geschieht? Ist Wasser nicht Leben? Und ist Leben nicht Bewegung? Ich drehe die Dusche wieder an, trockne mich ab und schlüpfe in einen kackbraunen Adidas-Retro-Trainingsanzug. Als mir einfällt, dass ich es bin, der das ganze Wasser irgendwann zahlen muss, drehe ich die Dusche wieder aus.
    Ich gehe in die Küche und bereite einen Kaffee vor. In meinem Obstkorb liegt noch immer die Sorge-dich-nicht-lebe-Zitrone. Ich überlege, ob ich mir nicht doch eine Limonade machen soll. Immerhin ist das Buch ein Bestseller, und womöglich hilft es mir ja. Also drücke ich die Zitrone

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