Vollidiot
einen Plastikkorb und freue mich, dass die Rotweinflecken tatsächlich rausgegangen sind. Dann verteile ich die Handtücher zum Trocknen in der Wohnung. Meine Stimmung steigt noch weiter, als ich sehe, dass es schon fünf Uhr durch ist. In einer Stunde kann ich schon den Ofen vorheizen, für meine Pizza!
Ein guter Tag. Ich bin zufrieden. Die Pizza schmeckt nicht ganz so gut wie am Vorabend. Dafür beruhigt es mich, im Vorfeld zu wissen, wie sie schmeckt. Diesmal schaffe ich meine Flasche Wein. Ich trinke sie ganz langsam auf meinem Sessel. Ich würde mich schrecklich gerne entspannen, kriege aber keinen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Alles kreist und flattert um mich herum: Daniela, Flik, die Eule und mein verlorener Job, der kleine Mann, die Betonpullover, die Cornflakes ohne Überraschung und keifende Trümmerfrauen, die aus einer Marketingsitzung bei Maggi gejagt werden. Ich trinke ein wenig schneller, um die seltsamen Gedanken zu verjagen. Es klappt, und eine Weile später schlafe ich auf meinem Sessel ein. Gegen drei wache ich auf und gehe ins Bett. Vielleicht kann ich meine steinalte Maggi-Fix-Packung ja bei ebay versteigern? Drei, zwei, eins — deins! Ätsch. Dann hätte ich wieder Geld. Es gibt immer ein paar verrückte Texaner, die Millionen für so was zahlen. Ich bin froh, dass mein Rückzug schon die ersten Früchte trägt. Wenn man nur ein wenig nachdenkt, dann lösen sich die Probleme von alleine. Auch ohne Zitronenlimonade. Während ich mir ausmale, was ich mit dem ganzen ebay-Geld mache, kippt mir ein finster blickendes Sandmännchen eine LKW-Ladung Kies in die Augen.
Ich träume ein zweites Mal von der Glühwürmchenseilbahn und der Sombrero-Insel. Behutsam senkt sich meine Gondel auf die winzige Insel. Ein warmer, feuchter Wind fegt durch meine durchlöcherte Kabine, von der ich die meisten Seitenteile aufgegessen habe. Als ich in der Station ankomme, wiegt ein Thunfisch im Anzug meine Gondel und stellt mir 92 Euro für den aufgegessenen Knusperteig in Rechnung. Ich protestiere, weil ich das viel zu teuer finde im Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Thunfisch weist darauf hin, dass der Teig mit einem speziellen Aromabackverfahren gefertigt wurde und seinen Preis wert sei. Ich bekomme einen kleinen Tretroller mit dem Kennzeichen 30 C und folge einem kleineren Thunfisch zu meinem Arbeitsplatz, einer riesigen Maggitüte, in etwa so groß wie eine Doppelgarage. Wir stellen die Roller ab und gehen in die Tüte hinein. Der Thunfisch hat einen Oberlippenbart und riecht nach billigem Sportparfüm. Er deutet auf eine Vielzahl von Werkzeugen, reicht mir eine Säge und legt sie auf einen Baumstamm. »Mach mal halb lang!«, sagt er. Ich nicke und säge den Stamm in der Mitte durch. Der Thunfisch wirkt zufrieden und braust mit seinem Roller davon. Kurz danach werden noch viele weitere Baumstämme angeliefert, die ich alle halb so lang sägen muss, wie sie sind. Ich bin froh, dass ich so eine leichte Aufgabe bekommen habe, und arbeite fleißig und konzentriert. Am Abend kommt der Thunfisch wieder, um meine Arbeit zu begutachten. Kopfschüttelnd betrachtet er die Baumstämme. Auch ich erkenne jetzt, dass ich eigentlich nie die Mitte getroffen habe, sondern immer entweder zu viel oder zu wenig abgesägt habe.
»Ach Simon«, seufzt der Thunfisch, »was machst du denn immer so einen Mist?« Dann knattert er mit seinem Roller in Richtung Glühwürmchenseilbahn davon. Ich säge mir einen Single-Sessel, setze mich hinein und träume, dass ich aufwache.
Es ist wieder exakt sechs Uhr. Ich bin ein bisschen sauer auf mich, weil ich nicht länger schlafe. So werde ich mich nicht sonderlich erholen. Ich fühle mich schlaff und abgespannt. Ob es von meinem Traum kommt? Immerhin habe ich sehr viel gesägt. Ich wundere mich, dass ich mich so genau an alles erinnern kann, und setze einen Kaffee auf.
Während die Maschine vor sich hin röchelt, gehe ich auf den Balkon und betrachte den Hinterhof. In meinen Shorts und meinem Al-Bundy-Shirt ist mir eiskalt. Ich gehe trotzdem erst rein, als ich meine Zigarette zu Ende geraucht habe. Und wieder habe ich keine Ahnung, was ich machen soll bis zum Frühstück. Ich könnte das Frühstück vorziehen, aber dann wäre die Zeit so lang bis zum Mittagessen. Also greife ich nach meinem Buch, in dem steht, wie man sich keine Sorgen macht. Das mit der Zitrone ist mir ein echtes Rätsel. Wenn Sie eine Zitrone haben, machen Sie Zitronenlimonade draus. Ja, und dann? Ich lege das anstrengende
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