Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht
und einige Sekunden lang rang ich um Worte. „Selbstachtung?“, brachte ich schließlich hervor. „Was bildest du dir eigentlich ein, so selbstgerecht darüber zu urteilen?“
„Ich kann einfach nicht glauben, dass du dieses Ding gevögelt hast!“, entgegnete er mit rauer Stimme, die pure Verachtung ausdrückte. „Wie … wie konntest du das nur tun?“
Ich starrte ihn an und versuchte, meine Wut, meinen Schmerz und meine tiefe Enttäuschung über ihn unter Kontrolle zu bekommen. Wie konnte er nur so voreingenommen sein? Ich hatte das dumme Gefühl, dass er mich für jemanden hielt, der so schwach und bedürftig war, dass er Trost bei einem dämonischen Liebhaber suchen musste .
„Weil ich einsam bin!“, platzte ich heraus und sprang so heftig auf, dass ich beinah den Barhocker umgeworfen hätte. „Weil ich nur zwei Freunde gehabt habe, die im Bett beide Flaschen waren. Und da stand dann dieser unglaublich gut aussehende Typ vor mir und wollte mich küssen und mit mir schlafen, und ich hab es gewollt . Ich habe nicht viele Freunde. Ich meine … Scheiße! Ich wusste, dass er etwas von mir haben wollte, aber weißt du was? Ich wollte auch etwas von ihm. Ich wollte berührt werden und begehrt und – für ein paar verdammte Minuten – das Gefühl haben, sexy und attraktiv zu sein. Und mich für ein paar verdammte Minuten so fühlen, wie ich mich noch nie zuvor gefühlt hatte und mich wahrscheinlich auch nie wieder fühlen werde!“ Bebend stand ich vor ihm. Scheiße! Scheiße! Wie konnte ich nur all das sagen? Wie konnte er mich nur so verurteilen?
Sein Gesicht verzog sich, als wollte er ein Knurren ausstoßen, und seine Fingerknöchel traten weiß hervor, als er die Fäuste ballte. Er stand abrupt auf und war mit zwei Schritten bei mir. Erschrocken wich ich zurück, als er nach mir griff. Mein Herz hämmerte in meiner Brust, als ich gegen die Spüle stieß. War er wirklich so wütend, dass er mich schlagen würde? Ich konnte es nicht glauben, aber warum sollte er sonst derart auf mich zustürzen?
Doch er erstarrte, als ich zurückwich. Sein Blick wirkte gehetzt, die Hand immer noch nach mir ausgestreckt. Ich sah ihn mit großen Augen an und wartete, was er wohl tun würde.
Einen Moment standen wir uns so gegenüber, dann ließ er die Hand sinken und wirkte plötzlich müde und niederschlagen. Er schwieg eine Weile, ohne mich aus den Augen zu lassen, als suchte er verzweifelt nach irgendetwas. Dann senkte er den Blick. „Ich … gehe jetzt wohl besser“, sagte er leise.
Ich schluckte, dann nickte ich knapp. „Ja, ich denke, das ist eine gute Idee.“ Zumindest gelang es mir zu verhindern, dass meine Stimme zitterte.
Er wandte sich zum Gehen, doch in der Küchentür blieb er noch einmal stehen, ohne sich umzudrehen, die Hand am Türrahmen. „Danke, dass du mir am Tatort geholfen hast“, sagte er mit so leiser und rauer Stimme, dass ich ihn kaum verstehen konnte.
Dann ging er hinaus. Ich hörte, wie die Eingangstür geöffnet und wieder geschlossen wurde. „Gern geschehen“, flüsterte ich. Dann verließ mich die Kraft. Ich sank zu Boden und heulte mir die Seele aus dem Leib.
23
Die Kreide zerbröselte zwischen meinen Fingern, während ich die letzte Sigille in dem Kreis auf dem Kellerboden vollendete. Ich hockte mich auf die Fersen und wischte die letzten Krümel fort, wobei ich aufpasste, dass ich das Diagramm selbst nicht beschädigte. Ich fühlte mich unglaublich ruhig und ausgeglichen. Oder unsagbar leer. Jedenfalls zitterten meine Hände nicht, und meine Konzentration war noch nie so fokussiert gewesen, seit ich von den Toten auferstanden war.
Nachdem Ryan gegangen war, hatte ich mich mehr als eine Stunde in meinem Unglück gesuhlt, dann war ich mit einem Gefühl nach Hause gefahren, als hätte mich irgendetwas losgelassen. Ich brauche seine Anerkennung nicht , hatte ich in einer Mischung aus Wut und Trauer gedacht. Außerdem, wer war er denn, dass er es wagen konnte, mir eine Predigt über die Gefahren des Umgangs mit Dämonen zu halten? Ich krabbelte ins Bett und schlief fast vier Stunden wie eine Tote, dann erwachte ich, als die Sonne gerade hinter den Bäumen versank. Ich hatte mehr als genug Zeit, eine Beschwörung vorzubereiten. Es herrschte zwar kein Vollmond, aber das war auch das einzige Problem.
Sorgfältig ging ich noch einmal den Ablauf der Beschwörung durch, aber ich tat es mit einer fließenden Leichtigkeit, die sehr befriedigend war. Und als die Zeit kam, da ich
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