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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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aushalten und ob sie den Gegner nicht darin überbieten kann, welches beides von der Lage des Punktes, d. h. hauptsächlich von dem Verhältnis der gegenseitigen Verbindungslinien abhängt. Jede gute Stellung sollte darin der verteidigenden Armee die Überlegenheit sichern. In jedem Fall wird auch hierdurch die Stellung nicht unwirksam gemacht, sondern der Gegner, der sich auf diese Weise mit ihr beschäftigt, dadurch wenigstens neutralisiert.
    Wenn aber der Angreifende, ohne sich um das Dasein der in einer Verteidigungsstellung ihn erwartenden Streitkraft zu bekümmern, mit seiner Hauptmacht auf einem andern Wege vordringt und seinen Zweck verfolgt, so geht er der Stellung vorbei; und wenn er imstande ist, dies ungestraft zu tun, so wird er, indem er es wirklich tut, uns augenblicklich zwingen, die Stellung zu verlassen, diese also unwirksam werden.
    Es gibt fast keine Stellung in der Welt, der man nicht im bloßen Wortsinn vorbeigehen könnte; denn Fälle, wie die Landenge von Perekop verdienen ihrer Seltenheit wegen kaum eine Rücksicht. Die Unmöglichkeit des Vorbeigehens muß sich also auf die Nachteile beziehen, in welche der Angreifende durch das Vorbeigehen gerät. Worin diese Nachteile bestehen, werden wir im siebenundzwanzigsten Kapitel zu sagen bessere Gelegenheit haben; sie mögen groß oder klein sein, in jedem Falle sind sie das Äquivalent für die nicht erfolgte taktische Wirksamkeit der Stellung, und machen mit dieser gemeinschaftlich den Zweck der Stellung aus.
    Aus dem bisher Gesagten haben sich also zwei strategische Eigenschaften der Verteidigungsstellung ergeben:
    1. Daß ihr nicht vorbeigegangen werden könne.
    2. Daß sie in dem Kampf um die Verbindungslinien dem Verteidiger Vorteile gewähre.
    Jetzt haben wir noch zwei andere strategische Eigenschaften hinzuzufügen:
    3. Daß das Verhältnis der Verbindungslinien auch auf die Gestalt des Gefechts vorteilhaft einwirke.
    4. Daß der allgemeine Einfluß der Gegend vorteilhaft sei.
    Es hat nämlich das Verhältnis der Verbindungslinien nicht bloß Einfluß, auf die Möglichkeit einer Stellung vorbeizugehen, ihr die Lebensmittel abzuschneiden oder nicht, sondern auch auf den ganzen Gang der Schlacht. Eine schiefe Rückzugslinie erleichtert dem Angreifenden das taktische Umgehen und lähmt die eigenen taktischen Bewegungen in der Schlacht. Diese schiefe [394] Aufstellung ist aber nicht immer Schuld der Taktik, sondern oft eine Folge des fehlerhaften strategischen Punktes; sie ist z. B. gar nicht zu vermeiden, wenn die Straße in der Gegend der Stellung eine veränderte Richtung nimmt (Borodino 1812); alsdann ist der Angreifende in der Richtung uns zu umgehen, ohne selbst von seiner senkrechten Aufstellung abzuweichen.
    Ferner ist der Angreifende, wenn er viele Wege zu seinem Rückzug hat, während wir auf einen eingeschränkt sind, gleichfalls in dem Vorteil einer viel größeren taktischen Freiheit. In allen diesen Fällen kann die taktische Kunst des Verteidigers sich totquälen, es wird ihr nicht gelingen, des nachteiligen Einflusses mächtig zu werden, den der strategische Fehler ausübt.
    Was endlich den vierten Punkt betrifft, so kann auch in den übrigen Beziehungen der Gegend ein so nachteiliges allgemeines Verhältnis herrschen, daß die sorgfältigste Auswahl und die höchste Industrie der Taktik nichts dagegen vermögen. Hier wird das Hauptsächlichste folgendes sein.
    1. Der Verteidiger muß vorzugsweise die Vorteile suchen, seinen Gegner zu übersehen und sich innerhalb des Gebietes seiner Stellung schnell auf ihn werfen zu können. Nur da, wo sich die Zugangshindernisse des Bodens mit diesen beiden Bedingungen verbinden, ist dem Verteidiger die Gegend vorzugsweise günstig.
    Nachteilig sind ihm also alle Punkte, die unter dem Einfluß einer allgemein dominierenden Gegend stehen; alle oder die meisten Stellungen in Gebirgen, wovon in den Kapiteln vom Gebirgskrieg noch insbesondere die Rede sein wird; alle Stellungen, die sich an ein Gebirge seitwärts anlehnen, denn ein solches erschwert zwar dem Angreifenden das Vorbeigehen, erleichtert aber das Umgehen; ferner alle Stellungen, die ein Gebirge nahe vor sich haben, und überhaupt alle Fälle, die sich aus den oben genannten Bedürfnissen, in Beziehung gebracht mit den gewöhnlichen Gegenständen des Bodens, herleiten lassen.
    Von den Kehrseiten jener nachteiligen Verhältnisse wollen wir nun den Fall herausheben, wo die Stellung ein Gebirge im Rücken hat, woraus sich soviel Vorteile

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