Vom Kriege
werden, ein Fehler von trostlosen Folgen sein würde. Silberberg in Schlesien, welches Friedrich II. auf einem der Kämme der Sudeten erbaute, hat unter ganz veränderten Umständen fast seine ganze Bedeutung und Bestimmung verloren, während Breslau, wäre es eine tüchtige Festung gewesen und geblieben, sie unter allen Umständen behalten haben würde, gegen Franzosen wie gegen Russen, Polen und Österreicher.
Unser Leser wird nicht vergessen, daß diese Betrachtungen nicht sowohl für den Fall aufgestellt worden, daß ein Staat sich ganz neu mit Festungen waffnete, dann wären sie ebenfalls unnütz, weil das selten oder nie vorkommt, sondern daß sie alle bei der Anlage jeder einzelnen Festung vorkommen können.
Zwölftes Kapitel: Defensivstellung
Jede Stellung, in welcher wir eine Schlacht annehmen, indem wir uns dabei der Gegend als eines Schutzmittels bedienen, ist eine Defensivstellung, und wir machen keinen Unterschied, ob wir uns dabei mehr leidend oder mehr angriffsweise verhalten. Es folgt dies schon aus unserer allgemeinen Ansicht von der Verteidigung.
[392] Nun könnte man ferner eine jede Stellung so benennen, in welcher ein Heer, indem es seinem Gegner entgegenzieht, allenfalls eine Schlacht annehmen würde, wenn dieser es darin aufsuchte. So tragen sich im Grunde die meisten Schlachten zu, und im ganzen Mittelalter war von etwas anderem nicht die Rede. Dies ist aber nicht der Gegenstand, von welchem wir hier sprechen; von der Art ist die große Mehrzahl aller Stellungen, und der Begriff der Stellung im Gegensatz eines Marschlagers würde hier schon genügen. Eine Stellung, die als eine Verteidigungsstellung ganz eigens bezeichnet wird, muß also noch etwas anderes sein.
Offenbar herrscht bei den Entscheidungen, welche in einer gewöhnlichen Stellung gegeben werden, der Begriff der Zeit vor; die Heere gehen einander entgegen, um sich zu treffen; der Ort ist eine untergeordnete Sache, von der man nur verlangt, daß sie nicht unangemessen sei. Bei der eigentlichen Verteidigungsstellung aber herrscht der Begriff des Ortes vor; die Entscheidung soll an diesem Ort oder vielmehr hauptsächlich durch diesen Ort gegeben werden. Nur von dieser Stellung ist hier die Rede.
Die Beziehung des Ortes wird nun eine doppelte sein, nämlich einmal, indem eine auf diesen Punkt gestellte Streitkraft eine gewisse Wirksamkeit auf das Ganze übt, und dann, indem die Örtlichkeit dieser Streitkraft zum Schutz und Verstärkungsmittel dient; mit einem Wort: die strategische und die taktische Beziehung.
Nur aus dieser taktischen Beziehung entspringt, wenn wir genau sein wollen, der Ausdruck Verteidigungsstellung, denn die strategische Beziehung, daß nämlich die an diesem Ort aufgestellte Streitkraft durch ihr Dasein die Verteidigung des Landes bewirkt, wird auch auf eine angriffsweis verfahrende passen.
Die erste jener Beziehungen, die strategische Wirksamkeit einer Stellung, wird sich erst später bei der Verteidigung eines Kriegstheaters in ihrem vollkommenen Lichte zeigen lassen, wir wollen ihrer hier nur soweit gedenken, als es jetzt schon geschehen kann, und dazu müssen wir zwei Vorstellungen genauer kennen, die Ähnlichkeit miteinander haben und oft verwechselt werden, nämlich das Umgehen einer Stellung und das Vorbeigehen derselben.
Das Umgehen einer Stellung bezieht sich auf die Front derselben und geschieht entweder, um sie von der Seite oder gar von hinten anzugreifen, oder um ihre Rückzugs- und Verbindungslinie zu unterbrechen.
Das erstere, nämlich der Seiten- und Rückenangriff, ist taktischer Natur. In unsern Tagen, wo die Beweglichkeit der Truppen so groß ist, und alle Gefechtspläne mehr oder weniger auf das Umgehen und umfassende Schlagen gerichtet sind, muß jede Stellung darauf gefaßt sein, und eine, die den Namen einer starken verdienen soll, muß bei einer starken Front für Seiten und Rücken, insofern sie bedroht sind, wenigstens gute Gefechtskombinationen zulassen. Durch das Umgehen, in der Absicht, sie von der Seite oder im Rücken anzufallen, wird eine Stellung also nicht unwirksam gemacht, sondern [393] die Schlacht, welche in ihr stattfindet, liegt in ihrer Bedeutung und muß dem Verteidiger die Vorteile gewähren, die er sich überhaupt von dieser Stellung versprechen konnte.
Wird die Stellung vom Angreifenden umgangen in der Absicht, auf ihre Rückzugs- und Verbindungslinie zu wirken, so ist dies eine strategische Beziehung, und es kommt darauf an, wie lange die Stellung dies
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