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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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Vorräte aufzuhäufen, denen er entgegengeht, während der Verfolgende alles nachfahren lassen muß, welches, solange er in Bewegung bleibt, auch bei der kürzesten Verbindungslinie schwierig ist und deshalb gleich von vornherein Mangel erzeugt.
    [464] Alles, was die Gegend selbst darbietet, wird von dem Zurückgehenden zuerst benutzt und meistens erschöpft. Es bleiben nur ausgezehrte Dörfer und Städte, abgemähte und zertretene Felder, ausgeschöpfte Brunnen, getrübte Bäche zurück.
    Das vorgehende Heer kämpft also nicht selten vom ersten Tag an mit den dringendsten Bedürfnissen. Auf feindliche Vorräte kann es dabei gar nicht rechnen, es wäre bloßer Zufall oder unverzeihlicher Fehler des Gegners, wenn ihm hin und wieder eines in die Hände fiele.
    So ist es denn nicht zweifelhaft, daß bei beträchtlichen Dimensionen und nicht zu ungleicher Macht der Kriegführenden auf diese Weise ein Verhältnis der Streitkräfte entstehen wird, welches dem Verteidiger unendlich mehr Wahrscheinlichkeit des Erfolgs verspricht, als er bei einer Entscheidung an der Grenze gehabt hätte. Aber nicht bloß die Wahrscheinlichkeit, zu siegen, wird wegen des veränderten Machtverhältnisses größer, sondern auch der Erfolg des Sieges wegen der veränderten Lage. Welch ein Unterschied besteht zwischen einer verlorenen Schlacht an der eigenen Grenze und einer mitten im feindlichen Lande! Ja, der Zustand des Angreifenden ist am Ende seiner Bahn oft von der Art, daß selbst eine gewonnene Schlacht ihn zum Rückzug bewegen kann, weil er weder Stoßkraft genug hat, seinen Sieg zu vervollständigen und zu benutzen, noch imstande ist, die verlorenen Kräfte zu ersetzen.
    Es ist also ein gewaltiger Unterschied, ob die Entscheidung am Anfang oder am Ende des Angriffs gegeben wird.
    Den großen Vorteilen dieser Verteidigungsart stehen zwei Gegengewichte zur Seite; das erste ist der Verlust, welchen das Land durch das Vordringen des Feindes macht, das andere der moralische Eindruck.
    Das Land vor Verlust zu bewahren, kann zwar niemals als ein Zweck der gesamten Verteidigung angesehen werden, sondern dieser Zweck ist ein vorteilhafter Friede. Diesen so sicher als möglich zu erhalten, ist das Bestreben, und dazu muß kein augenblickliches Opfer zu groß geachtet werden. Allein jener Verlust, wenn er auch nicht entscheiden soll, muß doch in die Waagschale gelegt werden, denn er ist immer ein Gegenstand unseres Interesses.
    Dieser Verlust trifft nicht unmittelbar unsere Streitkraft, sondern wirkt nur mit einem mehr oder weniger großen Umwege auf dieselbe, während der Rückzug selbst die Streitkraft unmittelbar verstärkt. Es ist also schwer, diesen Vorteil und jenen Nachteil aneinander abzumessen; es sind Dinge verschiedener Art, die keinen nahen gemeinschaftlichen Wirkungspunkt haben. Wir müssen also dabei stehenbleiben, zu sagen, daß dieser Verlust größer ist, wenn eine fruchtbare und bevölkerte Provinz und große Handelsstädte aufgeopfert werden sollen, daß er aber als am größten zu betrachten ist, wenn ganze oder halbfertige Streitmittel mit verloren gehen.
    Das zweite Gegengewicht ist der moralische Eindruck. Es gibt Fälle, wo sich der Feldherr über ihn hinwegsetzen, seinen Plan ruhig verfolgen und sich den Nachteilen aussetzen muß, welche ein kurzsichtiger Kleinmut hervorbringt; [465] aber darum ist dieser Eindruck doch kein Phantom, welches Geringschätzung verdient. Er ist nicht einer Kraft zu vergleichen, die auf einen Punkt wirkt, sondern einer, die mit Blitzesschnelle alle Fibern durchläuft und alle Tätigkeiten lähmt, die im Volk und Heer wirksam sein sollen. Es gibt wohl Fälle, wo der Rückzug in das Innere des Landes vom Volk und Heer schnell verstanden wird, und wo er das Vertrauen und die Erwartungen sogar steigern könnte, aber sie sind sehr selten. Gewöhnlich wird Volk und Heer nicht einmal unterscheiden, ob es eine freie Bewegung oder ein Zurückstolpern ist, und noch weniger, ob der Plan aus Klugheit in Aussicht sicherer Vorteile oder aus Furcht vor dem feindlichen Schwert folgt wird. Das Volk wird Mitleiden und Unwillen fühlen, wenn es das Schicksal der aufgeopferten Provinzen sieht, das Heer wird leicht sein Vertrauen zu seinem Führer oder gar zu sich selbst verlieren, und die beständigen Gefechte der Nachhut während des Rückzugs werden ihm eine immer erneuerte Bekräftigung seiner Befürchtungen werden. Über diese Folgen des Rückzugs darf man sich nicht täuschen. Und allerdings ist es an und

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