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Von der Erde zum Mond

Von der Erde zum Mond

Titel: Von der Erde zum Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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mitnehmen wollte, mußten in vierundzwanzig Stunden zweitausendvierhundert Liter Sauerstoff, d.h. ungefähr sieben Pfund verzehren. Es mußte also die Luft im Projectil erneuert werden. Wie das? Durch ein sehr einfaches Verfahren, nach Reiset und Regnault, wie Michel Ardan während der Discussion beim Meeting angegeben hatte.
    Bekanntlich besteht die Luft hauptsächlich aus einundzwanzig Theilen Sauerstoff und neunundsiebenzig Theilen Stickstoff. Beim Athmen nun verzehrt der Mensch den Sauerstoff der eingeathmeten Luft, und stößt den Stickstoff wieder aus. Die ausgeathmete Luft hat etwa fünf Procent ihres Sauerstoffs verloren, und enthält dann fast ebensoviel Kohlensäure, welche durch Verbrennen von Elementen des Bluts durch den eingeathmeten Sauerstoff entsteht. Daraus ergiebt sich, daß in einem umschlossenen Raum nach einer gewissen Zeit aller Sauerstoff der Luft durch Kohlensäure ersetzt wird, ein wesentlich schädlicher Stoff.
    Die Aufgabe bestand also damals darin: 1) Den verzehrten Sauerstoff zu ersetzen; 2) die ausgeathmete Kohlensäure zu vernichten. Dies war sehr leicht durch chlorsaures Kali und kaustisches Kali.
    Chlorsaures Kali ist ein Salz, das in Form von weißen Flitterblättchen vorkommt; wenn man es einer Temperatur von mehr als hundert Grad aussetzt, verwandelt es sich in salzsaures Kali, und der Sauerstoff, welchen es enthält, entbindet sich völlig. Nun geben achtzehn Pfund chlorsaures Kali sieben Pfund Sauerstoff, also soviel, als die Reisenden binnen vierundzwanzig Stunden brauchen. So also läßt sich der Sauerstoff ergänzen.
    Kaustisches Kali verschlingt den in der Luft enthaltenen Kohlenstoff sehr gierig, und man braucht es nur zu schütteln, damit es denselben an sich ziehe, und doppeltkohlensaures Kali bilde. So kann man also die Kohlensäure vernichten.
    Durch Verbindung dieser beiden Mittel konnte man sicher sein, der verdorbenen Luft alle belebenden Eigenschaften wieder zu geben. Dieses hatten die beiden Chemiker Reiset und Regnault durch glückliche Experimente festgestellt.
    Aber, nicht zu verhehlen ist, die Experimente wurden bis jetzt nur mit Thieren –
in anima vili
– gemacht. Bei aller wissenschaftlichen Genauigkeit, womit dieselben veranstaltet wurden, wußte man durchaus nicht, wie sich Menschen dazu verhielten.
    Diese Bemerkung war in der Sitzung, wo diese wichtige Frage behandelt wurde, gemacht worden. Michel Ardan wollte die Möglichkeit, mittels dieser künstlich erzeugten Luft zu leben, nicht im Zweifel lassen, und erbot sich, vor der Abreise den Versuch zu machen.
    Aber J.T. Maston nahm die Ehre, diesen Versuch zu machen, energisch in Anspruch.
    »Da ich nicht mitreise«, sagte der brave Artillerist, »so darf ich doch wenigstens das Projectil acht Tage lang bewohnen.«
    Es wäre undankbar gewesen, ihm seine Bitte abzuschlagen. Man willfahrte ihm und stellte ihm die hinreichende Quantität von chlorsaurem und kaustischem Kali sammt Lebensmitteln für acht Tage zur Verfügung; darauf, am 12. November um sechs Uhr Morgens frühe, drückte er seinen Freunden die Hand, und schlüpfte, nachdem er ausdrücklich anempfohlen, vor dem 20. um sechs Uhr Abends sein Gefängniß nicht zu öffnen, in das Projectil, und man schloß die Oeffnung hermetisch.
    Was ging während dieser acht Tage vor? Man konnte darüber durchaus nichts vernehmen, da die Dicke der Wände hinderte, daß irgend welches Geräusch im Inneren außerhalb gehört wurde.
    Am 20. November präcis sechs Uhr wurde geöffnet; Maston’s Freunde waren doch etwas unruhig geworden. Aber sie wurden sogleich beruhigt, als sie mit freudiger Stimme ein fürchterliches Hurrah rufen hörten.
    Alsbald kam auch der Secretär des Gun-Clubs an der Spitze des Kegels in triumphirender Haltung zum Vorschein.
    Er war fetter geworden!
Vierundzwanzigstes Capitel.
Das Teleskop des Felsengebirgs.
    Am 20. October des verflossenen Jahres, nachdem die Subscription beendigt war, hatte der Präsident des Gun-Clubs dem Observatorium zu Cambridge die nöthige Summe angewiesen, um ein ungeheures optisches Instrument zu verfertigen. Dasselbe sollte stark genug sein, um auf der Oberfläche des Mondes einen nur neun Fuß breiten Gegenstand sichtbar zu machen.
    Zwischen Fernrohr und Teleskop ist ein bedeutender Unterschied, woran hier zu erinnern nicht überflüssig ist. Das Fernrohr besteht aus einer Röhre, welche an ihrem oberen Ende mit einer convexen Linse versehen ist, Objectiv genannt, am unteren mit einer zweiten, genannt Ocularglas,

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