Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens
Grundschülerin und wusste nun noch nicht einmal, was sie verabredet hatten. Hoffnungsvoll steuerte sie trotzdem gegen Mittag die Kantine an. Vielleicht war es ja das, was Tim gemeint hatte.
Als Sinja mit ihrem vollen Tablett durch die Tischreihen ging, kam sie sich vor wie bei einem Spießrutenlauf.
Alle sahen sie an und dachten bestimmt, sie würde niemanden finden, zu dem sie sich setzen konnte.
Als sie Tim erblickte, der ihr hoffnungsvoll entgegenschaute, hätte sie sich am liebsten triumphierend umgeblickt und allen Kollegen entgegengerufen:
Seht her, ich bin verabredet
.
Erstaunlicherweise beachtete sie niemand, als sie sich Tim gegenüber niederließ.
„Hallo“, sagte Tim und lächelte geheimnisvoll.
„Selber hallo“, erwiderte Sinja mit rauer Stimme.
Mist!
Jetzt hatte
sie
einen Frosch im Hals.
Ob der wohl auch rausspringen würde, wenn Tim ihr auf den Rücken schlug?
„Du…“, Tim trank schnell einen Schluck Wasser. „Du hast etwas von einem Haustier erzählt. Heute Morgen. Im Bus. Was ist es denn?“
Als hätte jemand ihre Kehle mit Margarine eingeschmiert, konnte Sinja tatsächlich antworten.
„Es ist – eine Echsenart. Genau. Eine sehr große – Echse. Mit einem langen Schwanz. Und sehr – süß.“
„Süß?“
Sinja nickte heftig. Sie starrte auf ihr Tablett und spürte plötzlich unbändigen Appetit. Obwohl ihr Magen in Tims Gegenwart normalerweise rebellierte, begann sie, die Nudeln in sich hineinzuschaufeln.
Tim tat es ihr gleich und stopfte sich sein Wiener Schnitzel in Rekordzeit in den Mund, ehe er schließlich nach dem Wasserglas griff. Dann lehnte er sich zurück und lächelte Sinja an.
„Dann erzähl doch mal von der süßen Echse.“
Sinja wischte sich den Mund ab und grinste. „Glaubst du mir, wenn ich dir sage, dass ich sie in meinem Kühlschrank gefunden habe?“
Gut gelaunt kam Sinja an diesem Tag nach Hause. Sie hatte ihre ganze Mittagspause mit Tim verbracht, entspannt plaudernd. Sie hatten sogar überzogen, weil es so schön gewesen war. Zum Schluss hatte Tim sie für den nächsten Tag wieder in die Kantine eingeladen.
Oh Mann, das Leben konnte so schön sein.
Wolfgang war nicht in der Küche. Auch nicht im Wohnzimmer, wo ihre ganze DVD Sammlung wild verstreut auf dem Fußboden lag. Im Schlafzimmer war er auch nicht, zum Glück. Aber in der Badewanne und – nicht allein.
„Hallo Füffe“, sagte Wolfgang und rieb seine Füße – äh, Hinterpfoten – behaglich in einem Batzen Margarine. „War ein langer Tag ohne dif.“
Sinjas Blick glitt über die Salatblätter und die Käsewürfel. Da klebten – Ketchup und Senf auf der Schnauze, Brotscheiben lagen unter Wolfgangs Kopf. Die Krönung waren allerdings die Salamischeiben, die seinen Bauch zierten.
„Waf – äh, was ist das?“, fragte Sinja vorsichtig.
Der Drache kicherte und rieb mit den Krallen über die Salami.
„Naf waf fieht ef denn auf?“, fragte er verschmitzt lächelnd.
Dabei können Drachen eigentlich nicht verschmitzt lächeln, weil alles, was sie mit ihrem Mund an Grimassen anstellen, eher nach einem Zähnefletschen aussieht. Aber das sei nur der Ordnung halber erwähnt.
„Das sieht aus wie – ein Lebensmittelbad“, riet Sinja.
„Huah-huah“, amüsierte sich Wolfgang, griff nach einer Brotscheibe und rieb sich damit über das Haupt.
„Daf ift…“, raunte der Drache und grub die Krallen erneut in die Margarine, „…eine Föhnheitfmafke. Für Drafen, natürlif.“
Oha! Da hätte sie ja auch gleich drauf kommen können
. Sinja verzog den Mund zu einem gezwungenen Lächeln und verließ rückwärts das Bad.
„Dann – lass dich nicht stören“, sagte sie und tastete sich in ihr Schlafzimmer.
Mein Gott!
War doch nichts dabei, dass ein Drache in ihren Lebensmitteln mal kurz eine Schönheitskur durchführte.
Es gab – Schlimmeres. Nämlich – äh
… Sinja ließ sich auf das Bett fallen und sah an die Decke. Ein dümmliches Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht, als sie an Tim dachte. Sie war verabredet. Zum Mittagessen. Mit Tim. In der Kantine. Morgen.
„Autf.“
Es polterte im Flur. Erschrocken sprang Sinja auf und fand Wolfgang auf dem Rücken liegend vor. An seinen Füssen klebte Margarine, wie auch auf dem Fußboden vom Bad bis zu ihrem Schlafzimmer.
„Ganf fön rutfig hier“, stöhnte der Drache und stemmte sich auf seine Ellbogen. „Du muft hier mal fauber mafen, daf ift eft gefährlif.“
Sinja nickte ernst. Da hatte Wolfgang wirklich recht. Das ging gar
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