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Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens

Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens

Titel: Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Kaiserlos
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bisschen plötzlich.“
    Oha, da hat also noch einer keine Manieren mehr. Mir fällt dann die Kinnlade herunter, als tatsächlich ein paar der Fahrgäste aufstehen und sich zu dem Kerl begeben. Zum Glück bemerke ich, dass ich aussteigen muss, und verlasse schnell das Abteil.
     
    Auf dem Bahnsteig beobachte ich die anderen Leute. Einige von ihnen, allerdings sehr wenige, wirken genauso nachdenklich wie ich. Die Mehrzahl jedoch trabt wie immer mit versteinerter Miene zu den Treppen. Habe ich mir alles nur eingebildet?
     
    Im Büro bin ich die Erste. Nachdem ich den Computer hochgefahren habe, laufe ich in die Küche und besorge mir einen Cappuccino, das erste Plus des Tages. Genüsslich schlürfend schlendere ich zurück zu meinem Zimmer und begegne dabei meinem Vorgesetzten.
    „Morgen, Frau S.“, sagt der Winzling mit einem süffisanten Grinsen. „Übrigens, für die Gehaltserhöhung müssen Sie schon auf die Knie und ein bisschen Einsatz zeigen.“
    Ich pruste ihm meinen Cappuccino entgegen vor Schreck. Das scheint den Kerl zur Besinnung zu bringen, denn sein Grinsen fällt in sich zusammen und so etwas wie Reue huscht über seine Miene.
    Nachdem ich wieder sprechen kann, kommt Folgendes aus mir raus: „Das ist eklig. Allerdings habe ich die Erhöhung auch nicht verdient, so faul wie ich bin.“
    Jetzt ist es an ihm, mich mit offenem Mund anzustarren. Oh Mann, was ist bloß los? Ich lass den Kerl stehen und eile in mein Büro, wo ich die Tür schließe und mich auf meinen Stuhl setze. Das Telefon klingelt.
    „Ja?“, belle ich in den Hörer.
    „Tagchen, hier ist Sabine“, flötet meine Lieblingskollegin. „Wir haben gleich ein total überflüssiges Meeting.“
    „Weiß ich doch, bin nicht blöd“, knurre ich.
    „Findest du? Also – ich finde dich schon ziemlich dumm“, kommt es zurück.
    Schweigen. Ich lege auf. Mein Cappuccino wird kalt, ich starre Löcher in die Luft. Es fehlt etwas, ich kann es aber nicht greifen. Seufzend schnappe ich schließlich Block und Stift, begebe mich zum Besprechungsraum und nicke den dort bereits Anwesenden zu.
    „Morgen“, murmele ich knapp, obwohl mir noch viel mehr auf der Zunge liegt.
    Die Frisur des Kollegen Schmidt sieht mal wieder scheiße aus und Sabine – nun, sie sollte endlich Unterwäsche tragen, wenigstens im Büro.
    „Moin“, ruft mein Vorgesetzter und eilt herein.
    Sein verlegener Blick streift mich kurz, bevor sich seine Augen an Sabines Schritt festsaugen.
    „Toller Ausblick“, sagt er und setzt sich hin.
    Meine Kollegin kichert und hat den Anstand, ihren Rock weiter runter zu ziehen.
    „Ich habe keine Ahnung, warum wir uns hier treffen. Eigentlich ist es Zeitverschwendung, aber ich habe sonst nichts zu tun“, sagt Chefilein mit einem niedlichen Lächeln.
    „Ich auch nicht“, sagt Kollege Schmidt.
    Bevor ich mich zu ähnlich peinlichen Äußerungen bemüßigt sehe, stehe ich auf und renne zurück zu meinem Büro. Für den Rest des Tages verbarrikadiere ich mich dort. Manchmal geht das Telefon, doch ich nehme nicht ab. In mir befinden sich nur böse Sätze und – Wahrheiten. Es ist so, als wäre die Lüge ausgelöscht. Es gibt sie einfach nicht mehr.
     
    Sehr vorsichtig verlasse ich nach Feierabend das Büro. Ich schaue mich nach allen Seiten um, meide meine Mitmenschen, die sich ähnlich misstrauisch verhalten. Die Lippen fest zusammengepresst ertrage ich die Bahnfahrt, muss mich im Supermarkt tierisch beherrschen, als sich eine fette Kundin vordrängelt, und erreiche schließlich ohne ernste Zwischenfälle mein Heim.
    Bürschi sitzt vor dem Fernseher, seine Augen sind glasig. Ich werfe meine Schuhe ab, hänge Tasche und Jacke an die Garderobe und mustere meinen Nachwuchs.
    „Na, schon wieder gekifft?“
    „Geht dich gar nix an“, brummt das Kind.
    Ich verbeiße mir eine Erwiderung und suche nach meinem Gatten, den ich in seinem Hobbykeller vorfinde. Er lächelt mich an.
    „Hallo Schatz. Ich habe mir einen Bauchweggürtel bestellt. Wie findest du das?“
    „Lange überfällig. Sag mal, waren bei dir heute auch alle so komisch?“, frage ich leise.
    „Nö.“ Mein Ehemann reißt die Augen auf. „Wieso?“
    „Alle sagen die Wahrheit. Es ist schrecklich und irgendwie – beängstigend“, murmele ich.
    „Ich sage immer die Wahrheit“, verkündet mein Mann im Brustton der Überzeugung.
    „Echt?“ Ich sehe ihn mir genauer an.
    Ja, es ist der Kerl, den ich vor zehn Jahren geheiratet habe, nur doppelt so viel davon. Soll ich ihn auf die

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