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Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
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man doch normalerweise, wenn man irgendwo anruft. Guten Tag, mein Name ist So-und-so, ich rufe Sie an wegen Diesem-und-Jenem. Gerade wenn man von den Stadtwerken ist!“
    „Er hat nur gesagt, dass er dich sprechen will. Mehr nicht.“ Omi streckte mir ihre gefalteten Finger samt Telefonhörer entgegen.
    „Aber … aber die kennen mich doch gar nicht“, zweifelte ich weiterhin die Notwendigkeit des Gesprächs an. „Warum wollen die denn gerade mit mir sprechen?“
    „Dodo, das weiß ich doch auch nicht!“ Omi stieß den Hörer in die Höhe, als handle es sich um den heiligen Gral und traf dabei versehentlich, aber mit erstaunlicher Wucht meine Nasenspitze. Ein dumpfer Schmerz breitete sich spinnennetzförmig auf meinem Gesicht aus. „Nun lass den Herrn doch nicht so lange warten!“, sagte Omi und plötzlich klebte der Hörer zwischen Ohr und Schlüsselbein meiner rechten Körperhälfte. Er roch nach Omis Erdbeer-Handcreme.
    Ich räusperte mich umständlich und sagte: „Ja, hallo?“
    Niemand antwortete. Das Ticken der Standuhr am anderen Ende des großen Flures war das Einzige, was zu hören war.
    „Hallo?“, fragte ich noch einmal.
    Omi starrte erwartungsvoll zu mir hinauf. Ich zog Augenbrauen und Schultern gleichzeitig nach oben, um meine Ratlosigkeit zu signalisieren.
    „Hallo Dodo“, sagte eine Stimme am anderen Ende der Leitung.
    Erschrocken sog ich Luft durch meine Nasenlöcher ein. „Ja?“
    „Wie geht es dir?“, fragte die Stimme. Sie war alt und dunkel.
    „Gut“, presste ich hervor und stellte mir einen großen, alten Mann in einem noch viel größeren und älteren Ohrensessel vor.
    „Hört deine Omi mit?“, fragte der Mann in dem Sessel.
    „Nein“, antwortete ich atemlos. „Wieso?“
    „Gut.“ Der Mann ächzte, als würde er sich anders hinsetzen. „Dann hör mir jetzt genau zu.“ Er legte eine bedeutungsvolle Pause ein. „Willst du einen Job, bei dem du mehr als fünf Euro pro Tag verdienst?“
    Mein angehaltener Atem entwich geräuschvoll aus meinem Mund. Ich nutzte ihn für ein klägliches „Puh“.
    „Ich hätte da nämlich einen für dich“, sagte der Mann. „Einen ganz besonderen Job. Nur für dich. Also, wie sieht‘s aus?“
    „Ähm … tja …“, sagte ich. Und: „Na ja … hm …“ Und versuchte derweil, meine Gedanken zu ordnen, die Fürs und Widers gegeneinander abzuwiegen, bis ich erkannte, dass es bislang gar keine Widers gab und – abgesehen von einer Bezahlung von mehr als fünf Euro pro Tag – auch keine Fürs. Also fragte ich stattdessen: „Was denn für einen Job? Bei den Stadtwerken?“
    „Das erkläre ich dir noch. Kennst du die Telefonzelle bei den Eisenbahnschienen?“
    Ich nickte. „Ja. Klar.“
    „Gut“, sagte der Mann. „Dann sei da. An genau dieser Telefonzelle. Und zwar am Montag, Punkt elf Uhr elf.“
    „Tut mir leid, am Montag kann ich nicht. Da ist Wäschewaschen-Tag.“
    „Nein, Dodo“, sagte der Mann bestimmt, „diesen Montag nicht. Diesen Montag ist Neuer-Job-für-Dodo-Tag. Verstanden? Elf Uhr elf, Telefonzelle bei den Eisenbahnschienen. Schreib‘s dir lieber auf, bevor du‘s vergisst. So, und jetzt gib mir noch mal deine Omi!“
    Ich legte meine Hand auf die Sprechmuschel und sah Omi an: „Er will noch mal mit dir sprechen.“
    Omi nahm den Hörer. „Ja?“ Sie sah irgendwie besorgt aus. Der Mann redete, das gleichmäßige Brummen drang aus der Plastikschale des Telefons, und Omi nickte. Etwas in ihrem Gesicht veränderte sich. Es schien zu erschlaffen.
    „Bitte nicht“, sagte Omi, als das Brummen verstummt war. „Dafür … dafür ist noch nicht der richtige Zeitpunkt.“ Sie senkte den Blick und starrte auf die Fliesen in der angrenzenden Küche. „Wer … sind Sie? Hallo?“
    Die Standuhr tickte dreimal, dann legte Omi auf.
    „Wer war das?“, fragte ich jetzt ebenfalls.
    „Keine Ahnung, Dodo.“ Omi fixierte immer noch den Punkt auf dem Küchenboden. „Auf jeden Fall bist du am Montag pünktlich an dieser Telefonzelle.“
    Ich dachte nach. Es war so vieles in so kurzer Zeit passiert, dass es mir schwer viel, meine Gedanken zu ordnen. „Omi, was meintest du denn damit? Wofür ist noch nicht der richtige Zeitpunkt?“
    Wieder glaubte ich, kurz das Knistern von Hochspannungsleitungen zu hören.
    Omi senkte den Kopf und stützte sich an der Kommode ab. „Jetzt nicht, Dodo. … Jetzt nicht …“
    Telefonzelle, 11 Uhr 11

    Als Omi mich am Montagmorgen mit wedelnden Handbewegungen durch den kleinen Flur Richtung

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