Die Traumvektor Tetralogie - II.Aufstieg (German Edition)
Pyramide
»verdammter mist. die kriegen was zu hören.«
ich war auf dem glitschigen waldboden ausgerutscht und einen steilen abhang hinuntergekollert. unten angekommen war mir nichts besseres eingefallen, als meinen schädel gegen einen felsen zu knallen, sodass ich nur noch sterne sah, und mir ein schlammloch als rastplatz auszusuchen. nun lag ich belämmert im morast und fluchte vor mich hin.
»jahrelang brav die steuern zahlen und sich dann mit solchen straßen zufriedengeben müssen. womöglich sollte ich jetzt noch dankbar sein, dass ich den absturz überlebt habe und nicht tot im dreck liege.«
»nicht mit mir. wartet nur, wenn ich wieder zurück bin ...«
ich zählte meine knochen und kam zum schluss, es mussten sich noch alle an ihren angestammten plätzen befinden. auf jeden fall hatte ich den eindruck, als fühlte ich jeden einzelnen, es konnte also unmöglich einer fehlen.
ich kroch aus dem schlamm und lehnte mich an einen baum. missmutig betrachtete ich meine lädierte kleidung und schenkte dem sumpfgebiet einen zornigen blick.
»auf einen ball oder ins theater kann ich jetzt wohl nicht mehr gehen. andererseits hab’ ich mir sagen lassen, so ein schlammbad wirkt oft wunder, möglich, dass es mich um zehn jahre jünger macht.«
ungefähr zwei wochen waren vergangen, seit ich mich völlig überraschend in diesem dschungel wiedergefunden hatte, zumindest behauptete das meine über-drüber-super-funk-digitaluhr. meine biologische uhr zweifelte aber sehr stark an der richtigkeit dieser zeitangabe.
nicht nur, weil für mich gefühlsmäßig die sekunden zu stunden wurden. ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass an diesem entlegenen ort, fern jeder zivilisation, jemand heimlich meine strichliste der sonnenauf- und untergänge manipulierte; außer einer meiner schutzengel erlaubte sich einen scherz mit mir.
und diese strichliste sagte mir, ich irrte seit über einem monat durch diese ansammlung nicht enden wollender baumgruppen. einen langen monat nichts als bäume. große, kleine, dicke, dünne. noch vor kurzer zeit war ich der meinung gewesen, nichts wäre schöner, als irgendwo ein kleines fleckchen urwald zu besitzen, zehntausend km² würden reichen, und dort in völliger abgeschiedenheit zu leben.
im augenblick konnte ich aber keinen baum mehr sehen. ich hatte sehnsucht nach einer großstadt mit tausendstöckigen hochhäusern, nach stickiger luft, hupenden, stinkenden autos, schreienden menschenmassen, nach lauter, gehörgänge reinigender musik, nach sinnlosen, neuronen tötenden, durchzechten nächten.
»ein königreich für ein saftiges, blutiges steak und eine flasche mit bestem wässerchen.«
»jedes mal dasselbe mit dir, kaum ist dein hirn mal zehn sekunden in betrieb, schon denkst du nur ans trinken.«
»darf ich doch wohl, nach einem monat bei wasser und fisch. du gönnst mir wohl gar nichts. dir wäre es wohl am liebsten, ich würde auf ewig in diesem dschungel herumirren, damit ich ja keinen tropfen alkohol mehr zu gesicht bekomme. kranker asket.«
»alkohol trägt überhaupt nichts zu deinem wohlbefinden bei, genauso wenig, wie ein stück halbrohes fleisch. mir ekelt vor diesen dingen, wenn ich nur an sie denke. abscheulich.«
»sag mal, bist du unter die müslifreaks gegangen? so kenne ich dich noch gar nicht.«
»müsli ist gesund.«
»hab’ ja auch nichts gegenteiliges behauptet. ab und zu vogelfutter ist ja nichts schlechtes, doch sich nur vegetarisch ernähren, ich weiß nicht. ich lebe nach dem motto, allzu viel ist ungesund, abwechslung braucht der mensch, ich bin daher überzeugt, dann und wann ein fettiges, dickes stück fleisch und eine flasche wodka können nicht schädlich sein.«
»es ist aber trotzdem ungesund.«
»wer sagt das? sogenannte wissenschaftliche untersuchungen von selbst ernannten ernährungspäpsten?«
»nein, zahlreiche gesunde menschen, die danach leben und die richtigkeit dieser aufgestellten ernährungsregeln bestätigen.«
»mag ja sein, für sie ist es richtig, was aber noch lange nicht heißt, es ist auch richtig für mich.«
»warum sollte eine regel für dich keine gültigkeit besitzen, dessen wahrheitsgehalt von millionen menschen tagtäglich bestätigt wird?«
»verdammt, du weißt ganz genau, dass etwas nicht automatisch richtig ist, nur weil es millionen menschen als richtig empfinden. außerdem bin ich nicht ›millionen menschen‹. mag sein, diese millionen können ohne ballaststoffe und fette existieren, würde gerne mal
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