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Voodoo Holmes Stories

Voodoo Holmes Stories

Titel: Voodoo Holmes Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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konnte. Uns interessiert eigentlich, was es war, Mrs. Simms.“
    Sie überlegte sich die Sache kurz und fasste dann einen Entschluss: „Ich habe zu keiner Zeit die Nachbarn ausspioniert, nie. Wenn ich das Fernglas auf die Erdgeschosswohnung von Nr. 17 gerichtet habe, dann deshalb, weil sie eigentlich unbewohnt ist, und weil ich kriminelle Machenschaften befürchten musste. Aus keinem anderen Grund.“
    „Wir haben das verstanden, Madam“, mischte sich Maddox ins Gespräch, „und die Polizei ist Ihnen dafür ausdrücklich verbunden.“
    Als Mrs. Simms nun weiter sprach, klang ihre Stimme etwas anders. Sie redete, ohne uns anzusehen, als würde sie von einem Traum erzählen. „Und wenn ich darüber etwas sage, dann deshalb, weil es etwas ist, worüber man nicht spricht, weil es unglaubwürdig ist, weil Menschen es ablehnen, davon zu hören. Sie können mir glauben, ich habe um mein Seelenheil gefürchtet deswegen, oder um meinen Verstand.“
    „Weil Sie nicht glauben konnten, was Sie da sehen, nicht wahr?“
    Sie schüttelte den Kopf, und hatte den Mund wieder geschlossen.
    „Erzählen Sie uns davon“, forderte ich sie auf.
    „Es war … es ist mir peinlich, davon zu sprechen, eine Frau in meinem Alter.“
    „Weiter. Glauben Sie mir, ich weiß davon“, behauptete ich, “aber wir brauchen Ihr Zeugnis, und das völlig unverfälscht.“
    „Manchmal war sie da, manchmal eben nicht.“
    „Wund wenn sie da war, was tat sie dann?“
    „Sie war einfach da. Manchmal trat sie ans Fenster, dann konnte ich sie sehen.“
    „Beschreiben Sie sie.“
    „Wie gesagt, sie ähnelte mir, und es war da etwas Unerhörtes in ihrem Benehmen, bitte fragen Sie nicht weiter.“
    Mrs. Simms war wieder verstummt und schüttelte den Kopf.
    „Erzählen Sie weiter“, bat ich.
    „Ich dachte mir: Was passiert, wenn das andere mitbekommen, die Nachbarn zum Beispiel? Sie wissen doch, wie die Menschen sind. Sie können uns verwechseln. Wie gesagt, sie sah mir sehr ähnlich.“
    „Was meinen Sie da?“
    „Die Verwechslungsgefahr eben. Man könnte denken, ich sei das. Ich selbst habe es ja gedacht. Es war mein erster Gedanke. Wie gesagt, es bestand eine gewisse Ähnlichkeit, bis auf die Tatsache, dass ich mich nie so verhalten hätte.“
    „Wenn man es präzisieren wollte“, fuhr ich fort, „dann ähnelte die Damen Ihnen nicht nur, sondern sie war tatsächlich ihr vollkommenes Ebenbild, nicht wahr?“
    Sie starrte mich an. „Woher wissen Sie das? Haben Sie damit etwas zu tun?“
    „Sie sah Ihnen so ähnlich, dass sie spürten, dass nicht nur eine Ähnlichkeit bestand, sondern dass sie es selbst waren, die sich da unten aufhielt, nicht wahr?“
    „Ja“, stieß sie hervor und starrte mich unverwandt an.
    „Sie lauerten jeden Abend am Fenster und warteten darauf, dass sie – nein, Sie selbst – dort unten auftauchten. Sie suchten mit Ihrem Fernohr ihre Haut ab. Sie war nackt, nicht wahr?“
    Sie schaute nur, und ihr Mund war leicht geöffnet.
    „Ich kann Ihnen nicht erklären, woher ich das weiß“, sagte ich einfach. „Aber ich habe damit nichts zu tun, dass kann ich Ihnen versichern.“
    „Sie hatte einen Leberleck unter der rechten Achsel“, sagte sie verträumt, „ich habe den gleichen Leberfleck. Ich dache mir, vielleicht ist es meine Schwester, meine Zwillingsschwester, von der ich nichts wusste.“
    „Und eines Tages hielten Sie es nicht länger aus und gingen nach nebenan und klingelten im Erdgeschoss.“
    Sie nickte. „Ich trug mein bestes Kleid. Ich hatte mich herausgeputzt, ich kann Ihnen nicht sagen, warum. Es war wie ein runder Geburtstag. Die Tür war offen. Zuerst dachte ich, es sei niemand da. Die Räume waren leer, der Putz von den Wänden geschlagen, und dann hörte ich ein Geräusch. Nein, es sang jemand. Es war meine Stimme, verstehen Sie? Man erkennt es nicht gleich, zuerst denk man, das klingt so ähnlich wie man selbst, aber man hört es ja sonst im eigenen Körper, und das ist etwas unendlich Schweres, Bedrücktes im Vergleich. Die Stimme aber war ganz leicht. Und dann sah ich sie, oder mich, ganz kurz nur, in einem Spiegel, und im nächsten Augenblick spürte ich, wie es mir die Kehle zuschnürte. Es war so, wie es wahrscheinlich ist, wenn man stirbt. Man stößt auf eine Wahrheit, die tötet. Ich kann es anders nicht sagen.“
    Während sie sprach, hatte sie zu keuchen begonnen, und die letzten Worte waren fast unverständlich.
    „Sie verloren das Bewusstsein?“
    „Nein. Nein.“
    „Was

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