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Voodoo Holmes Stories

Voodoo Holmes Stories

Titel: Voodoo Holmes Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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Ich soll der mal gehörig die Ohren lang ziehen, damit das aufhört. Man hat ja schließlich einen Ruf zu verlieren. Ihr meinen Macker schicken oder so. Ich glaube, das wäre eine gute Idee! Der spannt sie noch vor den Karren, die Oma!“
    Sie meckerte laut.
    „Also bist du hingegangen?“
    „Ja, ich war selber da. Die Wohnung war leer, es war wohl ein Penner, der da gelebt hat. Ein Zimmer war ja noch wie neu. Von einer alten Frau keine Spur.“
    Sie war sichtlich nervös geworden, denn sie steckte sich nun schon die dritte Zigarette in Folge an, und es dauerte eine Weile, bis sie sie angezündet hatte.
    „Was ist dort passiert?“ fragte ich.
    „Böse Scheiße, sage ich dir. Ich meine, wer denkt an so was?“
    „Lass dir Zeit.“
    „Es gibt dort also einen Raum, der noch bewohnt wird. Ich höre da ein Geräusch, nein Geräusche, und im nächsten Augenblick denkt man, die stechen ein Schwein ab.“
    „Was hast du gesehen?“
    „Ich komme in den Raum, und zuerst sehe ich eigentlich nur, naja …“
    Sie machte eine Pause.
    „Was?“
    „Es liegt da eine Kleine in ihrem Blut. Ich denke, die ist tot, aber dann sehe ich, der Brustkorb bewegt sich. Aber das war es nicht.“
    „Du warst wie gelähmt, nicht wahr?“
    „Das kannst du laut sagen.“
    „Es war da etwas. Was war es?“
    „Ich merke, die ist noch jung. Mein Gott, die karren diese jungen Dinger von ich weiß woher in diese verdammte Stadt und sie brauchen sie auf und werfen sie weg wie eine faulige Wurst.“
    „Aber das war es nicht, nicht wahr?“
    „Nein, Klugscheißer. Das war es nicht.“
    „Was war es dann?“
    Wir warteten und hörten ihrem Atem zu, der stoßweise ging. Als sie wieder zu sprechen begann, klang ihre Stimme wie die eines Kindes. „Ich drehe sie um“, sagte sie, „ganz langsam …“
    „Was war es?“
    „Ich schaue ihr ins Gesicht, und es ist wie ein Spiegel. Es ist mein Gesicht, meine Hände, meine Füße, mein Bauch, alles. Haare, Augen, Nase, Mund. Wie ein Puppe, aber ich. Ich bin es nicht mehr. Aber ich bin es doch. Ich habe nicht mehr gewusst, ob ich da stehe oder da liege. Und dann sieht es mich an. Ich kann nur sagen: Es. Es war kein lebendiges Wesen. Ich kann es gar nicht gewesen sein, weil es schön war. Und das ist mir schnell klar geworden. Und wie!“
    Sie stieß einen Fluch aus, und ich wusste nicht, ob es damit zu tun hatte, dass sie unwillkürlich die Zigarette zwischen ihren Händen zerdrückt hatte.
    „Was war weiter?“
    „Im nächsten Moment geht mir das Ding an die Gurgel. Mit aller Kraft. Ich habe nicht einmal japsen können, ich merke nur eine Bleiplatte und weiß, jetzt gehen die Lichter aus. Und dann merke ich, und ich kann dir nicht sagen, wie: Das ding ist ein Mann. Und wenn ich Mann denke, dann denke ich Eier. Und deshalb war da der Gedanke, und im nächsten Moment krallt sich meine Hand da fest, wo ich sein edelstes Stück vermute, und siehe da, das ding sieht vielleicht so aus wie ich, aber es hat. Eier. Und alles, was ich noch denken kann, ist: Suppe. Das war alles.“
    „Wie?“ fragte ich konsterniert.
    „Es hat funktioniert. Ich merke, der Druck lässt nach. Er reißt sich los. Ich sehe Sterne. Ich japse nach Luft. Ich rolle über den Boden, wie blind. Stoße gegen etwas. Helle Panik. Die Schleier klären sich. Als ich aufsehe, bin ich allein da. Meine Kleider sind versaut, das Blut ist noch da. Aber sonst nichts, niemand. Also, was sagst du dazu?“
    „Wie?“
    „Spinne ich jetzt, ist das Einbildung, was ist es?“
    „Mrs. Gurney, warum haben Sie Mr. Neeling in der Gegenüberstellung identifziert?“ fragte Maddox dazwischen. Die Frage ernüchterte sie. Gerade noch war ihr Gesicht ganz nahe an meinem gewesen, und ihr Mund hatte offen gestanden, und es war da nichts als kindliche Neugier gewesen. Jetzt lehnte sie sich zurück, ihr Gesichtsausdruck wurde wieder undurchdringlich und sie kehrte zu ihrem üblichen Selbst zurück, als sie sagte: „Ist es schade um den Kerl? Ihr könnt ihm das Fleisch in kleinen Streifen herabschneiden, wenn es nach mir geht. Ich habe ihn genommen, weil er ein Schwein ist. Mehr als die anderen. Also, was willst du?“
     
    *
     
    Als Nächstes kam Miss Huntington dran, eine hochgewachsene Frau mit dunklen Haaren. Wenn man ihre verstorbene Kollegin, den Engel von St. Mary’s, als Maßstab nahm, dann war es offensichtlich, dass man nicht geneigt sein würde, ihr einen ähnlichen Beinamen zu geben. Es war etwas Düsteres in ihrem Gesicht, etwas im Ausdruck

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