Vor der Flagge des Vaterlands
einigen Stunden – dessen Zweck ich übrigens nicht begreife – ihre Fahrt nach Osten wieder aufnehmen wird.
Jedenfalls sehe ich nichts, was auf eine Verankerung des Schiffes hindeutete. Im Gegentheil, die Anker ruhen noch auf ihren Krahnbalken, die Ketten sind nicht zurecht gelegt und die Mannschaft macht sich nicht fertig, die Boote aufs Meer hinabzulassen.
Da begeben sich der Graf d’Artigas, der Ingenieur Serkö und der Kapitän Spade nach dem Vorderdeck, und hier entwickelt sich ein Vorgang, der mir unerklärlich ist. Ich folge ebenfalls der Schanzkleidung des Backbords bis zur Höhe des Fockmastes und bemerke von hier aus eine kleine Bake, die einer der Matrosen auf das Vordertheil zu hissen beschäftigt ist.
Fast gleichzeitig wird das an dieser Stelle sonst recht klare Wasser dunkler, und mir scheint es, als ob eine große, schwarze Masse vom Grund aufstiege. Sollte es ein mächtiger Pottfisch sein, der über dem Wasser einmal Athem schöpfen wollte, und wäre die »Ebba« vielleicht von einem furchtbaren Schlage seines Schwanzes bedroht?
Doch halt… jetzt begreife ich… jetzt weiß ich, woher die Kraft kommt, die der Goelette auch ohne Segel oder Schraube ihre große Geschwindigkeit verleiht. Eben taucht der unermüdliche Schlepper empor, nachdem er jene von der amerikanischen Küste bis zu den Bermudas-Inseln befördert hat… Da schwimmt er schon an ihrer Seite!… Es ist ein versenkbares Fahrzeug, ein unterseeischer Remorqueur, ein »Tug«, der durch einen elektrischen Strom, entweder aus einer Accumulatorenbatterie oder einer mächtigen Elementensäule, wie sie zur Zeit im Gebrauch waren, mittelst einer Schraube bewegt wurde.
Auf dem obern Theile dieses Tug – einer langen Spindel aus Eisenblech – befindet sich eine schmale Plattform, in deren Mitte eine Luke den Zugang nach dem Innern bildet. Vorn auf der Plattform springt ein Periskop, ein »Look-out« (Ausguck), ein Behälter hervor, dessen mit Linsengläsern geschlossne Seiten die elektrische Durchleuchtung des umgebenden Wassers gestatten.
Die Luke ist geöffnet worden… (S. 106.)
Jetzt ist der um seinen Wasserballast erleichterte Tug nach der Oberfläche gekommen. Die Luke wird sich öffnen und frische Luft in das Innre eindringen. Vielleicht bleibt er auch nur am Tage unter Wasser und schleppt die »Ebba« in der Nacht, während er selbst an der Oberfläche hingleitet.
Leute im Boote schleppen die Goelette langsam dahin. (S. 106.)
Doch… eine Frage! Wenn es die Elektricität ist, die dem Tug seine mechanische Kraft verleiht, so muß ihm doch von irgendwo her die Energie geliefert werden, aus welcher Quelle diese auch stammen möge. Wo befindet sich nun diese Erzeugungsstelle? Doch wohl nicht auf dem Back-Cup-Eilande…?
Und warum bedient sich die Goelette überhaupt dieses unterseeischen Schleppers? Warum birgt sie nicht selbst die eigne Antriebsmaschinerie, wie so viele andre Lustjachten?
Ich habe in diesem Augenblick aber keine Muße, darüber nachzudenken oder vielmehr nach der Erklärung so vieler unerklärlichen Dinge zu grübeln.
Der Tug liegt nun längsschiffs der »Ebba«. Die Luke ist geöffnet worden und mehrere Leute sind auf der Plattform erschienen, die Mannschaft des unterseeischen Fahrzeugs, mit dem der Kapitän Spade durch den Signalapparat auf dem Vorderdeck der Goelette in Verbindung treten kann, die mittelst Drahtseils mit dem Tug verbunden ist. Offenbar geht die Bestimmung des einzuhaltenden Curses von der »Ebba« aus.
Jetzt tritt der Ingenieur Serkö an mich heran mit dem einzigen Worte:
»Einsteigen!
– Einsteigen?… wiederhole ich verwundert.
– Ja… in den Tug… nur schnell!«
Wie gewöhnlich, hab’ ich solchem befehlerischen Ansinnen nur zu gehorchen und klettre schon über die Schanzkleidung.
In diesem Augenblick betritt Thomas Roch in Begleitung eines der Leute das Verdeck. Er erscheint mir sehr ruhig, auch höchst gleichgiltig und setzt seiner Ueberführung nach dem Schlepper keinerlei Widerstand entgegen. Als er sich nahe der Lukenöffnung bei mir befindet, kommen auch der Graf d’Artigas und der Ingenieur Serkö hinzu.
Der Kapitän Spade und die Mannschaft verbleiben auf der Goelette, bis auf vier Mann, die ins kleine Boot hinunter steigen, das aufs Meer gesetzt worden ist. Diese Leute ziehen eine lange Trosse nach, die vielleicht bestimmt ist, die »Ebba« durch die Risse hin zu ziehen. Es giebt also zwischen den Felsen doch wohl eine Bucht, wo die Jacht des
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