Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
begangen. Das bedauere und bereue ich von Herzen.
»Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang« – kennen Sie diesen Vers aus Schillers »Glocke«?
Ja. Da ist viel Wahres und Richtiges dran. Reue kann man nicht eben mal so abschütteln, das geht nicht. Und das sollte man auch nicht tun. Aber man kann damit beginnen, die Dinge innerlich abzuarbeiten. Dass ich die härtesten persönlichen Konsequenzen gezogen habe, war ein erster Schritt in diese Richtung.
Sie meinen Ihren Rücktritt von allen Ämtern?
Ja, aber auch den Entschluss, mit meiner Familie zunächst einmal woanders einen neuen Lebensabschnitt |34| zu beginnen. Das ist ja nichts, was wir nur jubelnden Herzens machen, gerade wenn man so fest mit seiner Heimat verwurzelt ist wie wir.
Würden Sie sagen, Sie haben jetzt einen angemessenen Preis für das bezahlt, was Sie getan haben?
Ich glaube, ich werde noch eine ganze Weile zu bezahlen haben. Aber ich habe schon einen Preis bezahlt, ja. Der Rücktritt von allen Ämtern ist schon eine sehr, sehr weitgehende und harte Konsequenz. Zumal das Ausführen der Ämter ja wirklich nichts mit dem Verfassen der Doktorarbeit zu tun hatte.
Sie sehen da keinen Zusammenhang?
Es sind zwei unterschiedliche Lebens- und Arbeitsbereiche. Aber ich kann durchaus verstehen, dass jetzt Rückschlüsse gezogen werden vom Verhalten in dem einen Feld auf das Verhalten in dem anderen. Es ist allerdings nicht fair, beides so zu vermengen.
Warum können Sie, acht Monate danach, nicht einfach sagen: Ich habe abgeschrieben?
Ich sage es doch. Es ist nur eine Frage,
wie
man das sagt. Weil es ein Unterschied ist, ob man das absichtlich macht, oder ob das Abschreiben das fatale Ergebnis einer chaotischen und ungeordneten Arbeitsweise ist. Das ist für mich ganz wichtig, weil es auch etwas mit der eigenen Ehre zu tun hat.
Wenn Sie sich eingestehen müssten, dass Vorsatz bestanden hat …
… dann würde ich es sagen!
|35| Wäre das für Sie nicht das Ende jeder öffentlichen Ambition?
Ein solcher Fall kann immer das Ende öffentlicher Ambitionen sein, Vorsatz hin oder her. Aber wenn ich wüsste, dass ich das absichtlich gemacht hätte, würde ich dazu stehen. So bin ich auch erzogen worden.
Fehler immer zuzugeben?
Ja. Ich habe auch immer versucht, das in meiner politischen Laufbahn zu tun.
Haben Sie sich in diesen Monaten irgendwann mal unter der Bettdecke die Frage gestellt, ob Sie nicht auch einer Selbsttäuschung unterliegen könnten?
Selbstverständlich ist das eine Frage, die man sich stellt, wenn man flächendeckend als Lügner und Betrüger bezeichnet wird. Und umso genauer muss man sich überprüfen. Ich komme aber zu dem Ergebnis, das ich Ihnen gerade erläutert habe. Auch das ist wahrlich kein Ruhmesblatt. Ganz nüchtern betrachtet, glaube ich auch, das ich es mir leichter machen würde, wenn ich mich hinstellte und sagte: Ich habe das absichtlich gemacht. Dann würde nämlich, nach allen Regeln dieses Geschäfts, irgendwann der Vorhang fallen und die Sache als abgeschlossen gelten. Mit der Erklärung, die ich abgegeben habe und die für viele holprig klingen mag, mache ich es mir sicherlich schwerer.
Ist es Ihnen wichtig, in Zukunft als ein aufrichtiger Mensch zu gelten?
Ja natürlich, ich glaube, das ist jedem Menschen wichtig. Das ist auch der Grund dafür, dass ich Absicht auch zugegeben hätte, wenn ich sie denn gehabt hätte.
|36| Kann jemand, der Aufrichtigkeit und Geradlinigkeit zu seinen Markenzeichen gemacht hat, überhaupt zugeben, dass er nicht aufrichtig und geradlinig gehandelt hat?
Gerade dann muss er es zugeben.
Ist das kein Dilemma?
Nein, das ist der Anspruch an mich selbst, einen Fehler, den ich gemacht habe, auch offen zu benennen.
»Plötzlich bekam ich die volle Breitseite ab« – Der »Fall« und die Medien
Konnten Sie gut schlafen, nachdem Sie Ihre Dissertation abgegeben hatten? Oder hatten Sie das Gefühl, da lauert etwas?
Nein, dieses Gefühl hatte ich nicht. Sonst hätte ich an dem Tag, an dem ich mit den Plagiats-Vorwürfen konfrontiert wurde, auch nicht so dumm und töricht reagiert.
Sie haben die Vorwürfe zunächst als »abstrus« bezeichnet.
Ja, das war sicherlich eine unglaublich blöde Äußerung, die aber gleichzeitig zeigt, dass ich mir der Tragweite der Fehlerhaftigkeit meiner Arbeit einfach nicht bewusst war. Sonst hätte ich anders reagiert.
Wie beurteilen Sie heute Ihre Äußerungen in jenen Tagen im Februar 2011?
Das Krisenmanagement dieser Tage war verheerend.
Wie kam
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