Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
Außenposten auf meiner Afghanistanreise gesehen und gesprochen. Die Nachricht vom Tod und den Verwundungen war ein fürchterlicher Moment.
Wie haben Sie da entschieden?
Ich habe mir erst einmal ein Bild über das Geschehen in Afghanistan gemacht. Und dann habe ich gesagt: Am |40| heutigen Tag müssen die Soldaten vorgehen; das ist, im Vergleich zur Doktorarbeit, einfach wichtiger. Aber draußen standen ja nun die ganzen Journalisten, die etwas zur Dissertation hören wollten. Deshalb habe ich gesagt, bringt sie rein, dann mache ich schnell die Stellungnahme, und dann können wir uns wieder um die Soldaten kümmern. Ich habe in diesem Moment wirklich nicht daran gedacht, dass zeitgleich auch die Bundespressekonferenz stattfinden würde.
In der Ihr Sprecher Steffen Moritz den versammelten Hauptstadtjournalisten erklärte, der Minister werde »in den nächsten Minuten vor einigen ausgewählten Medienvertretern, die vor dem Ministerium gewartet haben, eine Erklärung abgeben«. Können Sie verstehen, dass die Kollegen da verärgert waren?
Ja, die gesamte Situation war höchst unglücklich, weil sich die Journalisten in der Bundespressekonferenz, die den Hintergrund nicht kannten, veralbert vorkamen. Die haben dann den Saal verlassen; das habe ich gleich erfahren – und noch in derselben Stunde ein Entschuldigungsschreiben an den Vorsitzenden der Bundespressekonferenz geschrieben. Das wiederum ist auf wenig fruchtbaren Boden gefallen; aber das zu beurteilen steht mir nicht zu.
Die Erklärung, die Sie im Ministerium abgegeben haben, war recht forsch im Ton. Sie haben gesagt, Sie wollten auf die Führung des Doktortitels verzichten, aber nur »vorübergehend«, bis die Überprüfung der Universität Bayreuth abgeschlossen sei. Es folgte der selbstbewusste Nachsatz: »Anschließend werde ich ihn wieder führen.«
Ich habe zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht gewusst, wie fehlerhaft meine Doktorarbeit ist.
|41| Sie haben zu diesem Zeitpunkt noch gedacht, der politische Gegner instrumentalisiert die Enthüllungen über Ihre Doktorarbeit, um Ihren politischen Projekten zu schaden?
Ja, ich dachte, man sucht da einen persönlichen Vorwand. Deshalb habe ich später auch gesagt, und dazu stehe ich heute noch: Leute, das Persönliche darf nicht die politische Verantwortung überlagern, die Verantwortung für Menschenleben. Das hat mich an diesem Freitag getrieben.
Am Wochenende haben Sie dann endlich in Ihrer Arbeit lesen können?
Ja. Ich war in Berlin und hatte Zeit, mich damit zu befassen. Parallel dazu habe ich mir natürlich angeschaut, was im GuttenPlag Wiki zutage gefördert wurde.
Und?
Ich musste erst mal rekapitulieren, wann ich mich mit welchen Stellen in welcher Form befasst hatte und habe am Anfang noch geglaubt, dass das eine Sache ist, die sich auf ein paar Stellen beschränken wird. Aber dann gab es Stellen, die waren unerklärlich, und vor allem die Sache mit der Einleitung war katastrophal. An diesem Wochenende dämmerte mir, dass das Ausmaß sehr viel größer ist – und dass meine Stellungnahme vom Freitag höchst problematisch war.
Trotzdem hatten Sie am folgenden Montag, wir sind jetzt beim 21. Februar, auf dem Valentinstreffen der CDU in Kelkheim wieder einen sehr selbstbewussten Auftritt.
Dort bin ich selbstbewusst aufgetreten, weil es ein Wahlkampfauftritt war, auch für die hessische CDU. Ich habe die Veranstaltung aber zum Anlass genommen, |42| um mich öffentlich zu entschuldigen und habe gesagt, dass ich bereit bin, den Doktortitel komplett zurückzugeben, nicht nur vorübergehend.
Sie haben sich auch mit einer oberfränkischen Wettertanne verglichen, die so schnell nichts umhaut.
Ja, eine Tanne, die in den zwei, drei Jahren zuvor schon viele starke Stürme erleben durfte.
Hatten Sie da noch den Vorsatz, im Amt zu bleiben, oder haben Sie weiter über den Rücktritt nachgedacht?
Angesichts der Wucht der Debatte, die ja auch die Nachricht von den gefallenen Soldaten vollständig überlagerte, hatte ich nahezu täglich den Gedanken: Das ist nicht durchzuhalten.
Was haben denn die gefallenen Soldaten mit den Fehlern in Ihrer Doktorarbeit zu tun?
Diese Frage muss ich eher umgekehrt stellen: Wie kann es sein, dass ein privates Versäumnis eines Ministers die Meldung über mehrere gefallene Soldaten in Afghanistan komplett überlagert? Dass der Minister im Grunde nicht mehr in der Lage ist, die Aufmerksamkeit auf die wesentlichen Dinge seines Amtes zu lenken, weil die gesamte
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