Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
sich aus einer Gemeinschaft löst.
Was meinen Sie: Wie wird man in ein paar Jahren auf das Trio Bush-Cheney-Rumsfeld schauen?
Man sollte sich das nicht zu einfach machen. Die drei stehen nicht für eine einzige politische Schule. Die politische Szene in Amerika ist sehr viel heterogener, als wir das in Deutschland gelegentlich wahrnehmen. Das gilt auch mit Blick auf die sogenannten Konservativen. Ich würde Cheney nie in dieselbe Schublade stecken wollen wie Bush, und auch Rumsfeld ist mit den anderen beiden nur schwer vergleichbar.
|193| Alle drei haben gelogen, um den Irak-Krieg vor der Weltöffentlichkeit zu rechtfertigen. Saddam Hussein verfügte nicht über Massenvernichtungswaffen.
Der Blick der Geschichtsschreibung auf den Beginn des Irak-Krieges wird nicht sehr gnädig sein, das ist sicher richtig. Das sieht schon anders aus, wenn man Afghanistan betrachtet. Da wird man, zumindest was den Beginn des Einsatzes angeht, zu einem günstigeren Urteil kommen, gleichzeitig aber feststellen, dass einige nachgeschobenen Ziele nicht annähernd erreicht worden sind. Aber das ist nicht allein der Bush-Regierung anzulasten, dazu haben wir alle einen Beitrag geleistet.
War es für Sie ein Schock, als die Verbrechen in Guantanamo und Abu Ghraib ans Licht kamen? Hatten Sie das vorher für möglich gehalten?
Das Ausmaß hat mich überrascht. Manche halten sich ja für Propheten und behaupten, sie hätten die USA schon immer auf diesem Dampfer gesehen, aber das halte ich für eine Selbstüberschätzung. Man kann das natürlich nicht mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Vereinigten Staaten in Einklang bringen. Überraschend ist auch, wie wenig entschlossen an manchen Stellen Konsequenzen gezogen worden sind. Das Guantanamo-Problem zum Beispiel ist bis heute nicht gelöst – entgegen mancher Ankündigungen eines Präsidenten, in den hohe Erwartungen gesetzt worden sind. Es ist still geworden. Und trotzdem oder gerade deswegen müssen wir mit aller Kraft für ein gutes transatlantisches Verhältnis kämpfen. Andernfalls richtet sich der Blick Amerikas mehr und mehr über den Pazifik. Nicht zu unseren Gunsten.
|194| Kapitel 4
Gegenwart und Zukunft
»Das Wasser wird schnell kühler« – Nach dem Rücktritt
Die letzten beiden Nachrichten zu Ihrer Person vor diesem Gespräch waren diese: Der CS U-Parteitag hat kühl auf die Erwähnung Ihres Namens reagiert, und der Produzent Nico Hofmann will Aufstieg und Fall des Karl-Theodor zu Guttenberg als Komödie verfilmen. Fürchten Sie jetzt, dass Ihr Bild in der Öffentlichkeit allzu sehr verzerrt werden könnte, wenn Sie nicht bald intervenieren?
Ich habe ja nicht nur in diesem Jahr, sondern auch schon zuvor immer wieder mit dem Wechselspiel zwischen richtigen Beschreibungen meiner Person und Verzerrungen leben müssen. Das liegt in der Natur der Sache, wenn man zur öffentlichen Person wird. Nein, weder der Film noch der Parteitag waren Gründe für dieses Interview. Es ist doch völlig normal im politischen Geschäft, dass man auf Parteitagen, an denen man nicht teilnimmt, nicht die Reaktionen auslöst, die man vielleicht bei anderer Gelegenheit erfahren hat.
Aber war das nicht eine sehr plötzliche Abkühlung? Auch Horst Seehofer hat Ihren Namen nicht einmal erwähnt.
Er hat doch außerordentlich nette Worte beim politischen Aschermittwoch, relativ kurz nach meinem Rücktritt, für mich gefunden. Das hätte er nicht gemusst. Das hat mich damals sehr gefreut. Und wissen Sie, wenn man nicht mehr in der gleichen Badewanne planscht, wird das Wasser schnell kühler.
|195| Ist es nicht ein Indiz dafür, dass Sie inzwischen eher unerwünscht sind, wenn Sie nicht mehr erwähnt werden?
Es ist eher ein Indiz für die ungeschriebene Regel, dass das Geschäft weitergehen muss, unabhängig von ehemaligen Amtsträgern. Das ist nichts, was mich bedrückt. Ich habe das erwartet, sogar früher schon.
Die Kanzlerin hat Sie auf dem Parteitag freundlich erwähnt.
Das habe ich nur aus der Ferne wahrgenommen, und es hat mich überrascht, weil ich nicht damit gerechnet hatte. Ich bin auch immer wieder darüber erstaunt, in welcher Form so etwas dann von den Beobachtern rezipiert wird.
Haben Sie sich über die Worte von Frau Merkel gefreut?
Ja, weil ich es – wie gesagt – nicht erwartet habe.
Wie war das für Sie, als Sie von Nico Hofmanns Film erfuhren?
In meiner ersten Reaktion habe ich an meine Kinder gedacht und mich gefragt: »Muss das auch noch sein?« Ich habe beschlossen,
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