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Vorstoß in die Schattenzone

Vorstoß in die Schattenzone

Titel: Vorstoß in die Schattenzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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betreten. Doch das war in Theran gewesen, als er das Orakel aufsuchte, um es über sich zu befragen.
    Was war seit damals alles geschehen! Er war um etliches klüger geworden, hatte viele Antworten bekommen, doch hatte jede Antwort neue Fragen aufgeworfen.
    »Je mehr man weiß, desto mehr Geheimnisse ergeben sich aus diesem Wissen«, sagte Mythor laut.
    »Als Weisen mag ich dich nicht so sehr«, sagte Luxon dazu. »Als Kampfgefährte bist du mir lieber. Was aber nicht heißen soll, dass ich es für Unsinn halte, was du eben gesagt hast. Mir ist nur ein wenig bange um dich. Ich habe Angst, dass ich dich verlieren könnte.«
    »Ich fürchte Albion nicht«, entgegnete Mythor. »Ich werde mich gegen ihn behaupten.«
    »So meinte ich es nicht«, erwiderte Luxon. »Ich fürchte nur, dass sich unsere Wege trennen werden, wenn du im siebten Lichtpunkt zum Sohn des Kometen geworden bist.«
    »Als Shallad wirst du den Sterblichen ferner sein als der Sohn des Kometen«, stellte Mythor fest. »Denn mein Leben wird immer der Kampf sein, deines aber das Regieren.«
    »Noch habe auch ich zu kämpfen«, sagte Luxon, verfiel dann aber in brütendes Schweigen.
    Vor ihnen tauchte das hohe Tor auf. Das bogenförmige Portal bestand aus weißem Stein. Sieben Bögen spannten sich über das Tor, und als sie noch näher kamen, schien es, als strahle die Lichtsäule geradewegs von der Spitze des Portals.
    Hier herrschten Ruhe und Frieden, die Kräfte des Bösen reichten nicht bis hierher. Links und rechts duckten sich uralte Häuser vor der Mauer, die das Grabmal des Lichtboten umgab. Die Mauer aus schneeweißem Stein bestand aus lauter Spitzbögen, die Reliefs umrahmten. Mythor hätte gute Lust gehabt, sich die Darstellungen anzusehen, denn er war sicher, dass sie vom Wirken des Lichtboten kündeten, doch fehlte ihm dafür die Zeit.
    Albion! Der Gedanke an den Rivalen beschleunigte seine Schritte.
    Die Krieger blieben vor dem Portal zum Grabmal des Lichtboten stehen. Mythor und Luxon schritten weiter auf das Tor zu, das nur durch einen Vorhang aus Licht geschützt war. Als Mythor es erreichte, streckte er eine Hand aus und ließ sie im Licht baden. Nichts geschah, der Vorhang rief in ihm keine wie immer geartete Empfindung hervor.
    Mythor setzte zum entscheidenden Schritt an und wandte sich dabei Luxon zu, der sich an seiner Seite befand. Luxon zitterte am ganzen Körper.
    »Was ist?« erkundigte sich Mythor.
    »Ich kann nicht…«, brachte Luxon hervor. »Das Licht… es stößt mich ab. Ich bringe nicht die Kraft auf, durch den Vorhang zu treten.«
    »Es wird dir noch gelingen«, sagte Mythor beruhigend. »Du musst es nur aus ganzem Herzen wollen.«
    »Es geht nicht!« Luxon stöhnte auf. Sein Gesicht war schweißnass. »Mythor, warte nicht auf mich. Geh voran.«
    Und Mythor trat durch den Vorhang aus Licht.
    *
    Mythor kam in eine große Halle, die ebenfalls ganz aus dem weißen Stein gebaut war. Die hohen, schlanken Säulen, die die kuppelförmige Decke trugen, waren völlig schmucklos, wie eigentlich alles hier. Die Wände waren kahl, keine Bilder zierten sie. Aber bei aller Strenge der Formen und der kargen Zweckmäßigkeit der Bauelemente vermittelte die Halle ein Gefühl der Erhabenheit, des Friedens und der Ruhe. Trotz der scheinbar kühlen Nüchternheit verspürte Mythor Ehrfurcht vor der stillen Bedeutsamkeit dieses Ortes.
    Links und rechts führten hinter den Säulen Treppen zu Gängen in verschiedenen Höhen hinauf. Mythor sah dort weißgekleidete Gestalten, Frauen wie Männer, ohne Hast und Eile auf und ab gehen. Sie gingen aneinander vorbei, als sähe einer den anderen nicht. Sie waren in tiefes Schweigen gehüllt, und ihre Schritte waren ebenso lautlos, als schwebten sie. Mythor stellte fest, dass sie barfuß waren.
    Keiner der Weißgekleideten beachtete ihn. Sie wunderten sich nicht über sein Erscheinen, trafen weder Anstalten, ihn dieses Ortes zu verweisen oder ihn zu führen. Er schien Luft für sie – vielleicht sahen sie ihn nicht einmal.
    Mythor entfernte sich vom Lichtvorhang und schritt leise zum anderen Ende der Halle. Er konnte nicht ewig hier stehen und gaffen – und darauf warten, dass jemand käme, der sich ihm als Führer anbot. Er musste weiter.
    Dem Eingang gegenüber lag eine breite Treppe, ebenfalls aus dem weißen Stein, wie hier überhaupt alles weiß und rein zu sein schien. Selbst die Haut der Weißgekleideten war so blass, als hätte noch nie ein Sonnenstrahl sie getroffen, als hätte noch keiner von

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