Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes
bereits gründliche Arbeit geleistet und etliche Erdschichten abgetragen. An einem kegelförmig aufgeschichteten Erdhaufen lehnte ein Sieb zum vorsichtigen Untersuchen der Erde.
»Dr. Cogs?« Eine junge Frau mit sonnengebräunter Haut hob den Kopf.
»Hi, Anne. Haben Sie etwas gefunden?« Der Fahrer sprang in den Graben hinunter.
Die junge Frau warf den Bauarbeitern einen triumphierenden Blick zu und deutete auf eine schwarze Plastikfolie.
»Nur ein Einzelgrab, Dr. Cogs.« Sie wischte sich mit der Hand über das Dreckverschmierte Gesicht.
»Ich habe die Baggerarbeiten überwacht. Erst dachte ich, das würde wohl ziemlich langweilig werden, aber dann erwischte der Bagger den Arm. Ich weiß natürlich, daß der Ellenknochen recht weit von der Körpermitte entfernt liegt. Damit keine weiteren Skeletteile beschädigt werden, befahl ich, die Arbeiten sofort einzustellen.«
»Intrusivgestein ?«
»Hm, es sind gewisse Kiesablagerungen in der Schicht, in der sie liegt. Ich vermute, sie wurde vom Hochwasser überrascht und ist ertrunken.«
»Auf einer PleistozänTerrasse?« fragte er ungläubig und griff nach der Plastikfolie.
Der ernste Ton in Annes Stimme hielt ihn zurück. »Genau. Aber sehen Sie sie sich doch selbst an.«
Mit Annes Hilfe hob Cogs die schützende Plastikfolie hoch. Verblüfft starrte er auf das Skelett. Die Beckenknochen verrieten, daß es sich um eine Frau gehandelt haben mußte. Ein Arm war halbiert. An der Stelle, an der die Baggerschaufel ihn durchtrennt hatte, leuchtete der Knochen grell gelblichweiß.
Cogs beugte sich über den Schädel. »Alt. Nur noch ein paar Zähne die Schneidezähne. Entdecke keine außergewöhnlichen Nahtstellen in diesem Schädel. Vermutlich war sie Ende Sechzig, vielleicht sogar älter. Sehen Sie sich die von der Arthritis verkrüppelte Wirbelsäule an! Sie muß wahnsinnige Schmerzen ausgestanden haben.«
Der Munitionskiste entnahm er eine Kelle und untersuchte damit die kiesige Sandschicht des Grabes.
Nachdenklich kaute er auf der Unterlippe. Zögernd nickte er. »Ja, ich stimme Ihnen zu.« Er sah die junge Archäologin an. »Von einem Hochwasser überrascht und eingeschlossen? Nun ja, warum nicht? Würde den Zustand des Skeletts erklären.«
»Bis jetzt wurden erst wenige paläoindianische Gräber entdeckt«, erinnerte ihn Anne.
»Jedenfalls nicht in so alten Schichten. Ich wüßte zu gern …« Vorsichtig grub er um den Brustkorb herum. Die Kelle verursachte klirrende Geräusche im kiesigen Sand.
»Ich wollte nicht tiefer gehen«, meinte Anne. »In Anbetracht des Alters des Sediments, dachte ich …
Was ist das denn?«
Mit Hilfe der Kellenspitze schälte Cogs den hartgewordenen Sand aus und legte etwas Rotes oder Orangefarbenes frei. »Haben Sie andere Artefakte herausgeholt?«
»Nur eine Versteinerung, ein Schneckenhaus oder so etwas Ähnliches. Könnte auch eine Sandmuschel gewesen sein. Ich kann allerdings noch nicht sagen, ob die Versteinerung irgend etwas mit dem Skelett zu tun hat.« Der Archäologe nahm einen Pinsel und fegte die lockere Erde weg. Dabei legte er eine lange, blutrote Speerspitze aus Jaspis frei.
»Großer Gott!« keuchte er. »Sehen Sie sich das an!«
»Was ist das?« Der Vorarbeiter und einige Männer seines Bautrupps drängten nun ebenfalls in den Graben.
»Clovis!« Anne holte tief Luft. »Tatsächlich! Eine Clovisspitze.« Sie nahm nun ebenfalls eine Kelle zur Hand und förderte eine weitere Spitze zutage. »Ein Meisterstück der Handwerkskunst. Sehen Sie sich diese an. Gelbes Kieselsäuregestein mit roten Adern. Herrlich!«
»Typisch für die Cloviskultur.« Prüfend betrachtete er die Spitze, die ihm ihre geschickten Hände zeigten. »Eine unglaubliche Steinarbeit.«
Sie nickte begeistert und voller Stolz. »Das ist die schönste Clovisspitze, die ich je gesehen habe.«
Nachdenklich runzelte Cogs die Stirn. »Und die soll einer alten Frau gehört haben? Das sagt einiges aus über die soziale Struktur. Sie muß eine Art Leitfigur gewesen sein. Natürlich, wenn man die Funde in Oregon in Betracht zieht…«
»He, guter Mann! Wir müssen endlich unsere Leitung verlegen!« Der Vorarbeiter warf dem Archäologen einen mißbilligendem Blick zu. »Was zum Teufel sind Clovis?«
»Die ersten Amerikaner. Die Ureinwohner Nordamerikas«, antwortete Cogs und rieb sich die Stirn. Er wandte die Augen nicht von dem Skelett. »Noch niemand hat bis heute einen solchen Clovisfund gemacht.«
»Dieser verdammte Haufen alter Knochen kostet
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