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Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Titel: Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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versuchte er, sich von dem riesigen Bildwerk zurückzuziehen und schrak zusammen, als er plötzlich mit einem Fuß ins Leere trat. Taumelnd bewegte er sich wieder zur Mitte und blickte wie betäubt hinauf in die gleißende Sonne.
    Das Gesicht nach Osten gewandt, hob er die Hände.
    »Wolfsträumer? Sprich mit mir!«
    Unbarmherzig brannte die Sonne auf ihn herab und trocknete seinen Körper aus. Seine Seele flehte, er versuchte, mit ausgestreckten Händen den Himmel zu greifen, einen Blick hinter die Kulissen der Unendlichkeit zu werfen. Als er einen Schritt vortrat, löste sich das Gestrüpp unter seinen Füßen und zerkratzte seine Knöchel.
    »Wolfsträumer?«
    In seiner seelischen Verzweiflung nahm er das leichte Brennen an seinem Bein zunächst gar nicht wahr. Erst als der Schmerz stärker wurde, sich immer tiefer in seine Muskeln brannte und ihn aufs Äußerste zu peinigen begann, blickte Kleiner Tänzer hinunter.
    Entsetzt entdeckte er den dreieckigen Kopf, der sich in sein Bein verbissen hatte und das Gift des Zornes in ihn spritzte. Schwarze, geschlitzte Pupillen starrten feindselig zu ihm herauf, das rautenförmige Muster der Schuppen fing das Sonnenlicht in einem graubraunen Schimmer ein.
    Er schrie, stampfte mit dem Fuß auf, riß das Reptil weg und schleuderte es in einen Winkel des Felsens, wo es sich zusammenrollte. Der Schwanz, auf den er getreten war, klapperte wütend.
    »Nein!« krächzte er, beugte sich hinunter und starrte entsetzt auf die kleinen Punkte in seiner dunklen Haut. »Nein!«
    Er geriet in Panik, griff nach seinem Knöchel und stürzte zu Boden. Sein Körper schlug auf harten Fels. Eine lähmende Benommenheit ergriff von ihm Besitz, sein Magen verkrampfte sich.
    Er kämpfte gegen den würgenden Brechreiz an.
    »Nein!«
    Trotz seiner Angst fühlte er, wie die Welt ins Wanken geriet.
    Er blinzelte mit glasigen Augen, spürte, wie sich das Gift in ihm ausbreitete und brennend durch seine Adern rann. Hektisch blickte er sich nach etwas um, womit er die Wunden hätte öffnen können, aber er entdeckte nichts - und er konnte sich auch nicht so weit vorbeugen, um das Gift auszusaugen.
    Zähneklappernd wischte er sich die Tränen aus den Augen und sah dabei blinzelnd auf die in den Fels gemeißelten Rillen. Er war genau auf die Mitte der Spirale gestürzt. Anfang und Ende - Geburt und Tod.
    Er wartete. Die Sonne schien endlos langsam über den Himmel zu wandern. Krank, von Übelkeit gequält, fühlte er, wie sich der Tod unaufhaltsam seinen Weg durch sein hämmerndes, immer weiter anschwellendes Bein hinaufarbeitete. Je weiter sich die Sonne dem Westen zuneigte, desto mehr brannte das Gift in seinen Adern.
    Worte bildeten sich in der klaren Luft. Kleiner Tänzer starrte in das gleißende Gewölbe des Himmels hinauf und hörte die Stimme der alten Frau so deutlich, als würde sie direkt neben ihm stehen.
    Monster kriechen auf den Bäuchen.
    Beißen einen Mann in den Fuß und sehen ihn stürzen.
    Beinlos, armlos, Haare aus Schuppen.
    Schütteln eine Rassel an ihrem Schwanz.
    Zähne aus Gift, Leere schlägt wild,
    Macht das Blut schwarz und schwach.
    »Wer… wer bist du?«
    Der Himmel? Aye, der Himmel.
    Bläst heiß und weiß über das Land,
    versengend mit brennenden Zeichen.
    Träume die Tiere zu den Sternen, hinweg.
    Ihre Körper bleichen auf staubigem Lehm.
    Verändere das Land, das das Volk betritt.
    Finde einen neuen Weg… oder sie alle sterben.
    Erlebe das Gras, die Wurzel, die Beere.
    Die Zeit ist knapp, das Leben nicht heiter.
    Zermalme und zerstampfe, zerstampfe und zermalme,
    während der heiße Wind weht.
    »Was willst du?«
    Doch nur das Stöhnen des auffrischenden Windes antwortete ihm. Wie ein Rasender streckte sich Kleiner Tänzer nach oben, immer weiter nach oben, hinauf in die blaue Unendlichkeit des Himmels.
    Seit Jahren hatte Schwerer Biber keinen so heißen und trockenen Sommer mehr auf sich zukommen sehen wie diesen. Nach dem Höhepunkt der Kälte war kein Schnee mehr gefallen, höchstens ein pulvriger Hauch, der bereits am nächsten Tag wieder geschmolzen war. Nach allen Informationen, die ihm seine Späher zugetragen hatten, hatte es nur oben in den Buffalo Mountains geringfügige Niederschläge gegeben. Als ob sie das wüßten, hatten sich die Büffel zu den höhergelegenen Wiesen aufgemacht und beschenkten nun das Land der Anit'ah mit ihrem Reichtum. Andere Herden hatten sich so weit zerstreut, daß die Jäger häufig nur noch einzelne einsame Tiere aufspürten.

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